Lokaltermin:Obauer

Alles, was im Restaurant in der Nähe von Salzburg auf den Tisch kommt, schmeckt. Das trifft selbst in der Hochküche selten zu. Ein Grund mehr, hinzufahren.

Wer sich auf den Weg zu den Gebrüdern Obauer macht, wird den Besuch nicht so schnell vergessen. Alles, was der Gast im Restaurant in der Nähe von Salzburg auf den Tisch bekommt, schmeckt, findet Katharina Seiser. Es gibt einen berühmten Forellenstrudel mit Veltlinersoße, und wo andere zwischendrin ein süßes Sorbet auftragen, wird hier Gamsbouillon mit einem Schuss Gin serviert.

Woher der Wind in Werfen, eine gute halbe Stunde südlich von Salzburg, weht, merken Gäste schon beim Betreten des Restaurants. Auf den Fenstersimsen stehen Bügelgläser mit getrockneten Kräutern, "Gebirgswermut Kleines Fieberhorn 7. Sept. 2011" oder "Gebirgswermut Muraalm 2016" steht darauf geschrieben, neben dem seit Jahrzehnten unveränderten Logo der Gebrüder Obauer: Rücken an Rücken, Rudi, der Große, und Karl, der Ältere, mit hohen Kochmützen, nur die Umrisse skizziert. Wer bei ihnen essen war, schwärmt davon wie ein Kind vom ersten Christbaum.

Aber warum ist das so? Die Auszeichnungen der Brüder lassen ahnen, dass es um Kontinuität und perfektes Handwerk ebenso geht wie um Selbstbewusstsein und Disziplin. Seit mehr als 20 Jahren wird ihre Küche durchgehend mit vier Hauben vom (in Österreich wichtigsten) Gourmetführer Gault Millau ausgezeichnet. Köche des Jahrzehnts waren sie, zugleich sind sie Jahr für Jahr wieder Anwärter auf einen Stockerlplatz beim heuer zum 20. Mal stattfindenden "Sterne-Cup der Köche" in Ischgl.

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Was Skifahren mit hoher Kochkunst zu tun hat? Die Obauers haben nie verhehlt, dass ihnen Sport im Freien genauso wichtig ist wie der persönliche Kontakt zu ihrem Lammbauern und perfekte Gastgeberschaft. Dass sie im Sommer jenen Gebirgswermut selbst sammeln, der ihre Küche schon lang vor der neuen Regionalküche zu solch einer vorbildlichen machte, versteht sich von selbst. Konsequent geben sie ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre, ja, Genialität in Sachen Geschmackskombinationen weiter, an Gäste, an Leser ihrer empfehlenswerten Kochbücher. Ansonsten gelten die Gebrüder Obauer als hart, aber herzlich.

Alles, was aus dieser Küche kommt, schmeckt. Mehr müsste man nicht schreiben, so selten trifft das zu. Hier ist es schon der Steinkleetopfen oder die Sauerkraut-Preiselbeer-Butter zum hausgemachten Brot, es ist das Wachtelei mit der für die Obauers so typischen unbeschwerten Säure der Kernöl-Mayonnaise dazu und der Weizenpolster mit Chili - was für eine konzentrierte Weltreise in einem Bissen! Dass nach den Begrüßungshappen für Männer und Frauen unterschiedliche Amuse-Gueules serviert werden, darf als sture Schrulligkeit interpretiert werden. Denn die Dame bekommt Kohlsprossencreme mit Haselnuss, der Herr das Fleisch, Kalbsbrust mit Karotten-Ingwer-Creme. Aber keine Sorge: dass Rudi Obauer und sein Team in der Küche stets auf der Höhe der Zeit sind, beweist sein selbstverständlicher Umgang mit Gemüse. In welchem Restaurant dieser Liga gibt es ohne Vorbestellung ein vegetarisches und sogar ein veganes Menü?

In einem Satz

Hier wird seit 20 Jahren inneralpine Hochküche gereicht, in der nichts modisch ist, aber alles zeitgemäß.

Qualität: ●●●●●

Ambiente: ●●●●○

Service: ●●●●●

Preis/Leistung: ●●●●●

Vier Gänge kosten 85 Euro, egal, ob mit Gemüse, Fleisch oder Fisch. Als Vorspeise kommen Gamscarpaccio mit rosa Rehfilet und getrocknetem Gamsrücken, Schwarzbeersenf und Safranapfel, bei denen die wilde, erdige Würze alle Komponenten eint. Oder man wählt vorweg perfekte Fasan-Gänseleber-Sulz mit Granatapfelkompott und Forcherspeck, den der offenbar frisch eingestellte Kellner zwar als "Laudonspeck" ankündigt, aber Lardo damit meint.

Der gedämpfte Alpenlachs sitzt auf Radicchio Tardivo mit Apfelbalsamessig in einer dieser Soßen, nach denen man bereit ist, in Frieden mit allem abzuschließen. Den Forellenstrudel mit Veltlinersoße und Champignonpüree kennen alle Obauer-Fans - oder haben ihn sogar schon (fluchend) aus deren erstem Kochbuch nachgekocht. Schön, dass er immer noch auf der Karte stehen darf. Anderswo würde jetzt picksüßes Sorbet aufgetragen, hier serviert die charmante Restaurantleiterin Gamsbouillon mit einem Schuss Gin. So schmecken die Alpen!

In der verblüffend leichten, überhaupt nicht gelatinösen und trotzdem geschmacklich dichten Soße zum Werfener Lamm hat dann der Gebirgswermut seinen Auftritt, dazu würzige Bröselkäsenockerl und erfrischender Salat aus schwarzem Rettich. Die Wachtel mit Kaki und Kohlblatt zeugt vom perfekten Umgang mit Geflügel und als schwierig geltenden Aromen gleichermaßen. Als Dessert dann zum Glück nichtflüssiger Schokokuchen mit Haselnusscreme, -krokant und -pesto, Mandarinen und Zimteis. Zur Blutorangenmousse gibt es gebratene Ananas und Meisterwurz-Ganache. Die Obauers springen auf ihren Tellern trittsicher wie eine Gams durch die kulinarischen Welten, stets saisonal und so verblüffend neu wie unangestrengt harmonisch. Und während anderswo die Friandises zur Dekadenz verkommen, mag man hier alles kosten: Jeder einzelne Bissen ist eine Freude, kein einziger Fassade.

Dazu kommt dann noch Sommelière Difan Xus Begeisterung für und Kenntnis von Wein. Ihre Lust, das Beste zum Gericht und zum persönlichen Geschmack zu finden, ist so ansteckend, dass man sich nach dem ersten Glas wünscht, sie möge einen immer und überall bei der Getränkeauswahl an der Hand nehmen. Auf das Stichwort "je wilder, desto lieber" springt sie freudig an und hat sichtlich Spaß beim Experimentieren mit den Gästen. Also mit dem Wein, ob maischevergoren oder ganz klassisch, ob aus Österreich oder Neuseeland. So geht Weinberatung, meine Herren! Zum Schluss zaubert sie noch Gebirgsbitter 2010 aus dem Talon: Was für eine schöne Klammer zu den Vorräten auf den Fenstersimsen.

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