US-Fernsehen:Oben ohne

Trump-Satire in US-Late Night Show
(Foto: Will Heath/NBC/AP/dpa)

Die Show "Saturday Night Live" hat sich wieder mit großer Hingabe Donald Trump gewidmet - und dabei demonstriert, dass den Kritikern schon dreieinhalb Wochen nach der Amtseinführung der Witz ausgeht.

Von Willi Winkler

Am Freitag brachte El National, eine spanischsprachige Zeitung in Honduras, ein Bild des Schauspielers Alec Baldwin mit goldener Perücke, roter Krawatte und dem bekannten ausdrucksvollen Mund und schrieb darunter: "Donald Trump, presidente de EEUU", Präsident der Vereinigten Staaten. Baldwin tritt seit Monaten als Trump-Platzhalter auf, parodierte erst den großmäuligen Kandidaten, dann den noch großmäuligeren Sieger der Wahlen im vergangenen November, der inzwischen wider alle Erwartung tatsächlich Präsident der Estados Unidos geworden ist.

Natürlich entschuldigte sich die Zeitung eilfertig, schließlich will sich niemand ohne Not den Vorwurf zuziehen, man verbreite die berüchtigten Fake News. Das Versehen war vielleicht eine Verfälschung, aber bestimmt kein Zufall, denn noch kein Präsident hat sich so gut für Parodien geeignet wie Trump. Manchmal ist er von seinen Imitatoren gar nicht mehr zu unterscheiden. Baldwin ist gut, aber trotz allem Einsatz kein Trump. Schlimmer noch: Der echte Donald Trump, der unter dem Tarnnamen @realDonaldTrump leidenschaftlich gern twittert, ist seit langem sein eigener bester Parodist.

Der Mann ist einfach unfassbar. Die Kritiker verzweifeln an ihm und retten sich in schiefe Vergleiche mit Hitler, mit Mussolini, mit Putin. Die Zeitungen rechnen dem Präsidenten seine ganzen Übertreibungen vor, seine Halbwahrheiten, seine unverschämten Lügen, aber es hilft doch nichts. Trump lügt weiter, er höhnt über Senatoren, die nicht in Proskynesis vor ihm verharren, und beschimpft Richter, die nicht willfährig sind, und er wird für dieses großmannssüchtige Durchregierenwollen von seinen Anhängern auch noch gefeiert. Die traurige Wahrheit aber ist, dass es den Comedians bei all dem Beifall, den sie mit ihren Trump-Travestien von den aufrechten Trump-Gegnern einheimsen, am wenigsten gelingt, Trump ernsthaft zuzusetzen. Sie verstärken nur die Marke Trump.

Es ist keine Kunst, Trump zu doof zu finden. Soll das im Ernst noch vier Jahre so weitergehen?

Am Samstagabend erschien Donald Trump vor dem People's Court, einer Art Barbara-Salesch-Fernsehgericht, um seinerseits gegen die Richter zu klagen, die ihm den Vollzug seines Einreiseverbots für Menschen aus mehrheitlich islamischen Staaten untersagt hatten. In aller Offenheit bezeichnete er sich als das, was er ist, ein "Fernseh-Präsident". Dabei konnte er sich wieder der Brüller aus dem Publikum sicher sein, als er als "Leumundszeugen" einen gewissen Wladimir Putin (amerikanisch: "Put'n") aufrief, der dann, wie frisch von der Säbelzahntigerjagd, mit bloßer Brust erschien (Haha!), an die sich Trump auch sofort heranschmuste (Hihi!).

Natürlich war es nicht Trump, sondern wieder Baldwin, der Trump parodierte. Der Sketch war Teil der Show Saturday Night Live, die sich wie schon eine Woche zuvor mit großer Hingabe dem unfassbaren Mr. Trump gewidmet hatte. Die Sendung, über viele Jahre Brutstätte eines in Hollywood heute nicht mehr tragbaren Berserker-Humors, ist inzwischen ein Bespiel für die durchschlagende Wirkungslosigkeit von Satire. Melissa McCarthy trieb ihren Sean Spicer, Trumps eigentümlichen Pressesprecher, zu weiterem Irrsinn, Kate McKinnon überbot ein weiteres Mal Trumps Öffentlichkeitsarbeiterin Kellyanne Conway, aber der ganze Aufwand demonstrierte nur, dass den Kritikern schon jetzt, dreieinhalb Wochen nach der Amtseinführung, der Witz ausgeht.

Dass es keine Kunst ist, dieses autoritäre Mediengeschöpf, diese Erfindung schlimmster amerikanischer Fernsehunterhaltung, doof zu finden, demonstrieren berufsmäßige Witzemacher in gekonnter Doofheit seit Jahr und Tag. Soll das im Ernst noch vier Jahre so weitergehen?

Die Schauspielerin Meryl Streep mochte sich begreiflicherweise nicht damit abfinden, von Donald Trump als "meistüberschätzte Schauspielerin" abgekanzelt zu werden. Am vergangenen Wochenende, vier Wochen nach Trumps Tirade wegen Streeps Trump-kritischer Rede bei den Golden Globes, schimpfte sie also zurück und sah bereits "Braunhemden" marschieren, Männer in der Farbe der nationalsozialistischen SA. Das Gegenteil ist richtig: Trump schafft bei seinen Gegnern - mindestens die Hälfte der US-Bürger und gefühlte Dreiviertel der übrigen Menschheit - eine ungeheure Mobilisierung. Hunderttausende Frauen sind mit pinkfarbener Mütze auf die Straße gegangen, um mit Pussy Power gegen die Frauenverachtung zu demonstrieren, die Trump ins Weiße Haus getragen hat. Im Fernblitzstudium haben nicht wenige Talkshow-Bewohner die Zusatzqualifikation Trump-Erklärer erworben, mit der sie sonn- und werktäglich apokalypsieren können. Sogar der Bundestagspräsident Norbert Lammert fasste sich am Sonntag bei der Ansprache zur Wahl des Bundespräsidenten ein Herz und schimpfte ein kleines bisschen unparlamentarisch auf den fernen Trump, der ihm aber überraschenderweise bisher nicht die Ehre eines seiner beliebten Hass-Tweets machte. Letzte Meldung aus der Branche: Lena Dunham, die Erfinderin und Hauptdarstellerin der Serie Girls, hat vor Kummer über das Trump-Regime abgenommen. Trump ist also doch zu was gut und vielleicht kümmert er sich ja tatsächlich noch um die maroden amerikanischen Highways.

Vor seinem durchschlagenden Erfolg verblasst leider jede Satire. Der echte Trump empfing am Samstag den japanischen Ministerpräsidenten, twitterte albumtaugliche Fotos vom gemeinsamen Essen und gemeinsamen Golfspielen auf dem trumpeigenen Golfplatz und präsentierte sich ein weiteres Mal als Trump-Marketender-in-Chief. Trump ist und bleibt der beste Trump.

Bereits vor mehr als sechzehn Jahren, in der Folge "Bart to the Future", wurde Lisa Simpson zur Präsidentin der Vereinigten Staaten gewählt. Die Simpsons haben das Grauen kommen sehen, sie brauchten den Horror nur anzudeuten. Lisas Vorgänger sollte niemand anderer als ein Trump sein, der dem Land eine riesige (was sonst?) Haushaltskrise hinterlassen würde. Eine Philosophin als nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten? Warum nicht, schlimmer kann's nicht werden.

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