Flughafen:Billigflieger Transavia verlässt München

Alexandre de Juniac l r CEO Air France KLM Mattijs ten Brink Chairman der Transavia und Dr Mi

Vor einem Jahr erst haben Transavia-Chef Mattijs ten Brink und Flughafen-Chef Michael Kerkloh (r.) den Start der Airline verkündet.

(Foto: Imago)
  • Transavia verlässt den Flughafen München wieder. Das Unternehmen hatte erst vor knapp einem Jahr mehrere Maschinen in München fest angesiedelt.
  • Im kommenden Monat startet Eurowings, die Billiglinie der Lufthansa, erstmals von München aus mit 32 Europastrecken.
  • Während Flughafenchef Kerkloh für den Bau einer dritten Start- und Landebahn wirbt, sehen sich Ausbaugegner mit dem Abzug von Transavia in ihrer Argumentation bestätigt.

Von Dominik Hutter

Wer auf Flugtickets quasi zum Nulltarif gehofft hatte, wird nun enttäuscht: Der Wettbewerb der Billigflieger am Münchner Flughafen endet, bevor er so richtig begonnen hat. Transavia, eine Tochter der Fluglinie Air France-KLM, streckt die Waffen. Erst vor knapp einem Jahr hat sie die Basis mit vier fest stationierten Maschinen eröffnet, Ende Oktober soll sie wieder geschlossen werden. Erhalten bleiben lediglich Verbindungen nach Amsterdam und Eindhoven.

Das Unternehmen spricht offiziell von einer "strategischen Neuausrichtung" und veränderten "Profitabilitätsaussichten". Im Erdinger Moos gibt es keine Zweifel, was dies im Klartext heißt: Transavia sieht keine Chance, dauerhaft gegen den Konkurrenten Eurowings zu bestehen, die Billigtochter des Platzhirschen Lufthansa. Sie startet im März erstmals von München aus und bietet auf einen Schlag 32 Europastrecken an.

Noch im Dezember hatte Transavia angekündigt, seine Flüge um 13 Prozent auszuweiten. Man fühle sich "wirklich zu Hause im schönen München", hatte Managing Director Mattijs ten Brink damals verkündet, und man freue sich schon auf den Sommer 2017. Der wird nun der zweite und letzte für die einzige Basis, die Transavia außerhalb der Niederlande und Frankreichs hat. Bis Ende Oktober bietet die Linie noch das komplette Sortiment, dann fallen die meisten Ziele weg.

Für Flughafen-Chef Michael Kerkloh ist der Rückzug des einst so selbstbewussten Low-Cost-Carriers ein herber Schlag. Etwa 8500 Starts und Landungen sollte Transavia in diesem Jahr im Erdinger Moos absolvieren. Davon bleiben, da die Basis erst im Herbst abgewickelt wird, rund 6800 erhalten. Im kommenden Jahr aber muss Kerkloh dann auf das Gros der Flüge verzichten. Zwar machen die Transavia-Verbindungen nur etwa zwei Prozent aller Starts und Landungen im Erdinger Moos aus. Das aber entspricht rund der Hälfte des für 2017 prognostizierten Wachstums, mit dem Kerkloh unermüdlich für den Bau einer dritten Start- und Landebahn wirbt.

Der Rückzug ist daher Wasser auf die Mühlen der Ausbaugegner. Das "komplette prognostizierte Wachstum des Flughafens" breche zusammen, sagte der grüne Landtagsabgeordnete Christian Magerl. Das Strohfeuer, das Kerkloh durch die Subventionierung neuer Flugbewegungen entzündet habe, sei schon nach einem Jahr wieder erloschen. Diese Zuschüsse, mit denen der Flughafen die Einführung neuer Flugverbindungen unterstützt, entsprechen zwar internationalen Gepflogenheiten, werden von den Startbahn-Gegnern aber als "gekauftes Wachstum" gebrandmarkt. Laut dem Landtagsabgeordneten Benno Zierer (Freie Wähler), der eine entsprechende Anfrage ans Finanzministerium gestellt hat, zahlte der Flughafenbetreiber FMG im Jahr 2016 insgesamt 21 Millionen Euro an Zuschüssen aus.

Menge der Eurowings-Flüge überrascht sogar Kerkloh

Allerdings stützen sich die Planungen für den Flughafen-Ausbau vor allem auf langfristige Prognosen. Zudem kommen durch die Pläne von Eurowings, die im Dezember bekannt wurden, mehr Starts und Landungen hinzu, als Transavia-Bewegungen entfallen. Dass Eurowings so schnell und in dieser Intensität das Drehkreuz München erobern möchte, hat selbst Kerkloh überrascht. Maßgeblich dafür dürfte die Expansion eben der Fluglinie gewesen sein, die nun wieder abzieht: Transavia. Etwa zwei Drittel des gesamten Münchner Flugverkehrs gehen ohnehin auf die Lufthansa und ihre Partnergesellschaften zurück. Für die Startbahn-Debatte ist daher viel bedeutsamer, was in diesem Segment passiert.

Bei der im Frühjahr anstehenden Gesellschafterversammlung des Flughafens wollen Freistaat, Stadt und Bund erneut die aktuellen Zahlen und Vorhersagen bewerten. Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter jetzt schon grünes Licht für ein Ratsbegehren gibt; ohne ein Ja bei einem neuerlichen Bürgerentscheid bliebe die Ausbau-Blockade der Stadt vorerst bestehen. Der SPD-Politiker hatte stets gesagt, erst bei einer markant und nachhaltig steigenden Zahl von Flugbewegungen einen solchen Schritt zu erwägen.

Teile der CSU machen bereits Druck, den als notwendig erachteten Flughafen-Ausbau baldmöglichst einzuleiten. Ein überhastetes Ratsbegehren wäre allerdings nicht ohne Risiko: Ein neuerliches Nein der Münchner zur dritten Startbahn dürfte das endgültige Aus für das Projekt bedeuten.

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