Geldanlage:Sparverträge: Erst die Kündigung, dann der Rückzieher

EZB-Zinssenkung

Anders als etwa ein Sparbuch seien die Sparverträge keine klassischen Einlagen und hätten deshalb nicht gekündigt werden dürfen, argumentierten die Verbraucherschützer - mit Erfolg.

(Foto: dpa)
  • Die VR Bank Nürnberg zieht die Kündigung mehrerer Hundert lang laufender und hoch verzinster Sparverträge zurück.
  • Zuvor hatten Verbraucherschützer mit Klagen gedroht, weil sie das Vorgehen der Bank für rechtswidrig halten.
  • Der Fall hat Symbolkraft: Vielerorts versuchen Banken, Sparer aus lukrativen Altverträgen zu drängen.

Von Harald Freiberger

Es ist ein Erfolg für die Verbraucherschützer: Die VR Bank Nürnberg zieht die Kündigung hoch verzinster Sparverträge mit langer Laufzeit zurück. Die Verbraucherzentralen halten sie für unzulässig und hatten mit Klage gedroht. Der Fall betrifft zwar nur 400 Kunden, hat aber hohen Symbolgehalt: Auch andere Banken und Bausparkassen versuchen, Kunden aus gut dotierten Verträgen zu drängen.

Das waren noch paradiesische Zeiten für Sparer: jedes Jahr vier beziehungsweise drei Prozent Zinsen, festgeschrieben auf die extrem lange Laufzeit von 25 Jahren. Solche Verträge bot die VR Bank Nürnberg ihren Kunden Ende der Neunziger und Anfang der 2000er-Jahre an; die letzten von ihnen enden erst 2028.

Vor wenigen Monaten stellte die Nürnberger Bank jedoch fest, dass ihr diese Verträge in Zeiten des Negativzinses zu teuer werden. Sie verschickte Kündigungen an die 400 Kunden, die 500 solcher Verträge geschlossen hatten. Zum 31. Dezember 2016 sollten sie in Festgeld wechseln, das nur noch mit 1,5 Prozent verzinst ist und nach einem Jahr ausläuft. Die meisten Kunden willigten bereits in die Kündigung ein. Einige aber wandten sich an die Verbraucherzentralen, um sich gegen das Vorgehen der Bank zu wehren.

Verbraucherschützer drohten mit Klage

Der "Marktwächter Finanzen", eine Initiative der Verbraucherzentralen, hielt die Kündigungen für rechtswidrig und forderte im Dezember eine Unterlassungserklärung von der VR Bank Nürnberg. Gleichzeitig drohten die Verbraucherschützer mit einer Klage. Dies zeigte nun Erfolg: Die Bank nahm die Kündigungen zurück. Vor einer Woche erhielten die Kunden die Mitteilung, sie könnten bis 15. März die "Wiedereinsetzung des Sparvertrages zu den ursprünglichen Bedingungen" beantragen.

Verbraucherschützer begrüßen den Schritt. "Verträge sind einzuhalten, auch wenn sich der Zins zu Ungunsten der Bank dreht", sagt Benjamin Wick vom Marktwächter Finanzen. Ansonsten müssten sich Banken vorwerfen lassen, dass sie das entgegengebrachte Vertrauen der Kunden missbrauchen. Der Fall zeige, dass es sich für Bankkunden lohne, zu kämpfen.

Die VR Bank Nürnberg berief sich bei den Kündigungen auf "Sonderbedingungen für den Sparverkehr". Demnach sind Spareinlagen mit einer Frist von drei Monaten kündbar. Die Verbraucherschützer argumentieren dagegen, dass es sich bei den betroffenen Verträgen nicht um Spareinlagen handele, da diese stets unbefristet seien; die Verträge hätten aber eine Laufzeit von 25 Jahren.

"Wir wollen das Thema vom Tisch haben", begründet Bankchef Dirk Helmbrecht nun die Rücknahme der Kündigungen. Er tue dies vor allem "aus Reputationsgründen", materiell sei die Angelegenheit für die Bank eher unbedeutend. Die Zinskosten beziffert das Institut auf 200 000 Euro im Jahr. Die Summe werde nach und nach sinken, da die Verträge mit der Zeit ausliefen. Insgesamt seien es "vielleicht 1,5 Millionen Euro", sagt Helmbrecht.

Die Bank ist überzeugt, "rechtlich korrekt gehandelt zu haben"

In dem Brief schreibt die Bank, sie sei weiter "überzeugt, rechtlich korrekt gehandelt zu haben". Die Verbraucherschützer sind mit dieser Formulierung nicht zufrieden: Sie fordern nach wie vor von der Bank, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, "um eine Wiederholungsgefahr auszuschließen und Rechtssicherheit für Verbraucher herzustellen". Bankchef Helmbrecht verspricht, auf die Verbraucherschützer zuzugehen. Er ist "zuversichtlich, dass wir eine einvernehmliche Lösung hinbekommen", schließlich wolle die Bank "aus dieser Diskussion raus".

Das Vorgehen der Nürnberger Bank erinnert an jenes der Sparkasse Ulm: Sie hatte Tausende langfristige Sparverträge mit ansteigenden Zinsen abgeschlossen, die "Scala" hießen, das italienische Wort für "Treppe". Sie wurden zu einem wachsenden Problem, deshalb wollte die Sparkasse die Kunden zur Kündigung drängen. Anfang 2016 erlitt sie eine Niederlage vor Gericht und musste einen Vergleich mit den Kunden schließen.

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