Schulen setzen auf digitale Kommunikation:"Wir erreichen die Eltern auf dem Handy"

Kranke Schulkinder

Keine zerfledderten Zettel mehr im Schulhaus, dank der Schul-App Esis. Immer mehr Schulen machen mit.

(Foto: dpa)

Eltern können ihren Nachwuchs per App krank melden. Umgekehrt informieren die Schulen so die Eltern. Die App "Esis" ersetzt bereits an rund zehn Schulen im Landkreis Rundschreiben, Telefon und Rücklaufzettel.

Von Clara Lipkowski, Freising

Viele Eltern kennen das Szenario: Der Lehrer drückt dem Schüler einen Infozettel in die Hand, der landet im Rucksack des Zöglings, wird vergessen oder ignoriert und taucht dann, irgendwann und vielleicht schon zu spät, zerknittert bei den rechtmäßigen Empfängern, den Eltern, auf. Längst überholt fand das der Software-Entwickler Herbert Elsner. Und entwickelte ein Programm, das die Kommunikation zwischen Schule und Eltern elektronisch regelt. Etwa zehn Schulen im Landkreis, in Freising, Moosburg und Eching, nutzen das Programm mittlerweile, in Bayern sind es Hunderte. Esis heißt dasselbige, Elektronisches-Schüler-Informationssystem.

Die Rektorin der Theresia-Gerhardinger-Grundschule in Moosburg, Juliane Dorfmüller, schätzt den kurzen Weg zu den Eltern: "Wir erreichen sie auf dem Handy, entweder haben sie die App installiert oder kriegen unsere Nachrichten per Mail." Bei kurzfristigen Änderungen sei das sehr hilfreich: "Wenn die vierte Stunde in Klasse 3 b ausfällt, können wir den Eltern schnell Bescheid geben." Oft genutzt werde auch die elektronische Krankmeldung, berichtet sie. "An einem Wintermorgen laufen bei uns schon mal die Telefonleitungen heiß", sagt Dorfmüller, "weil viele Eltern ihre Kinder krankmelden." Esis spare Anrufe und Zeit. Die Eltern müssen ein kurzes Formular ausfüllen und per Klick senden. Seit Januar nutzt die Schule das Programm. Mittlerweile, sagt die Leiterin, seien auch schon mehr als die Hälfte der Eltern davon überzeugt.

Die Mehrheit der Eltern der Moosburger Grundschule nutzt die App

Gibt es einen neuen Infobrief zu Schuljahresbeginn, wird er online versendet. Sobald die Eltern das Dokument zum Öffnen mit dem Finger antippen, erhält die Schule eine Empfangsbestätigung. Das findet auch Juliane Dorfmüller gut an Esis. "Zwar gibt es noch ein paar Eltern, denen wir den gedruckten Brief geben", die Mehrheit aber nutze die App. "Dadurch sparen wir eine Menge Papier." Steht ein Elternsprechtag an, werden per App die möglichen Termine der Lehrer angezeigt, der Vater oder die Mutter des Schulkinds muss nur eine Uhrzeit auswählen und anklicken.

Auch Nicole Storz aus Freising empfindet die App als Bereicherung im Schulalltag. Die Leiterin des Josef-Hofmiller-Gymnasiums sagt: "Der Vorteil liegt auf der Hand, wir müssen Rundschreiben nicht mehr an die Schüler verteilen, sondern schicken sie einfach per Esis raus. Durch die Lesebestätigung wissen wir, dass sie angekommen sind." Auch Rückläufe von Einladungen etwa müssten jetzt nicht mehr eingesammelt werden, sondern würden einfach elektronisch übermittelt. Das Gymnasium nutzt Esis schon seit etwa vier Jahren. Nicole Storz schätzt daran, wie die Kollegin in Moosburg, dass viel Papier gespart werde. Zudem sei das Programm leicht zu bedienen, technische Probleme gebe es selten, sagt Storz. Wenn doch, helfe ein technisch versierter Kollege. Zu gravierenden Schwierigkeiten sei es aber bislang noch nicht gekommen, Hackversuche seien auch kein Thema in der alltäglichen Anwendung.

"Esis" funktioniert auf einigen älteren Smartphones jedoch nicht

Ein Moosburger Vater berichtet, dass die App sehr praktisch sei, da nicht mehr das Kind an die Zettel denken müsse, allerdings funktioniere die App auf älteren Smartphones teilweise nicht. Herbert Elsner, der "Vater der App", erklärt das mit der Verkaufsstrategie der Handy-Hersteller. "Die Kunden sollen sich stets die neuesten Geräte anschaffen", sagt er, ältere Geräte ließen daher neuere Apps nicht zu. Darauf habe er keinen Einfluss. In solchen Fällen können Eltern Esis per E-Mail nutzen.

Der 59-jährige Programmierer Elsner hat mit Esis einen Coup gelandet: Einer Erlanger Schule bot er das Programm vor zehn Jahren erstmals an. Dort war er viele Jahre im Elternbeirat. "Da haben sich Mütter beklagt, Infos der Schule kämen nie bei ihnen an", ob man da nicht etwas machen könne, hatte ihn der Schulleiter daraufhin gefragt, Elsner hatte schon die Homepage der Schule gestaltet. "Da habe ich nur genickt", sagt er, "das Nicken hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin."

Angefangen bei der Erlanger Schule nutzen mittlerweile 517 Gymnasien, Real-, Berufs- und Grundschulen deutschlandweit Esis, die meisten in Bayern, eine im nordrhein-westfälischen Odenthal, eine in Berlin und eine in Flensburg. Deutlich mehr Nutzer haben die dazugehörige App auf ihr Smartphone geladen: "Die Downloadzahlen liegen irgendwo im fünfstelligen Bereich", sagt Elsner nicht ohne Stolz in der Stimme. Was eine Schule das Programm kostet, will er aber nicht verraten. "Gemessen daran, was die Schulen an Papier sparen, ist das Geld aber nach zwei oder drei Rundschreiben, die sonst zu Schuljahresbeginn rausgehen, wieder drin."

Seine Idee war so erfolgreich, dass der Programmierer im vergangenen Jahr seinen gut bezahlten und sicheren Job bei einem Elektrokonzern zugunsten seiner Erfindung kündigte. Er beschäftigt inzwischen mehrere Mitarbeiter und fährt von Schule zu Schule, um Esis vorzustellen. Die Arbeit wird mehr statt weniger: "Das ist ganz massiv", sagt er, "ich habe momentan noch 326 Anfragen von Schulen, die Esis auch haben wollen."

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