Jochen Schweizer:Einfach mal die Fliege machen

Jochen Schweizer: Der Traum vom Fliegen wird im Windkanal wahr - ist allerdings deutlich anstrengender als im Schlaf.

Der Traum vom Fliegen wird im Windkanal wahr - ist allerdings deutlich anstrengender als im Schlaf.

(Foto: Claus Schunk)
  • Am Wochenende eröffnet die Jochen Schweizer Arena auf dem Airbus-Gelände in Taufkirchen.
  • 365 Tage im Jahr soll die Erlebniswelt geöffnet sein. Auf mehr als 15 000 Quadratmetern können Großstadt-Abenteurer sich im "Bodyflying" und auf einer stehenden Welle für Surfer ausprobieren.
  • Ein Hochseilgarten, eine Stahlseilrutsche sowie eine Terrasse sollen noch im Außenbereich entstehen.

Von Laura Kaufmann

Wie ein dreiblättriger Propeller sieht es von oben aus, das neue Gebäude auf dem Airbusgelände in Taufkirchen. Es kann zwar nicht abheben, aber die Menschen in ihm, die können das. Jochen Schweizer ist für den Bau verantwortlich, der Extremsportler und Erlebnisverkäufer. Erster Spatenstich war im Mai 2015, dieses Wochenende wird die Jochen-Schweizer-Arena offiziell eröffnen.

Eine "spektakuläre Erlebniswelt auf mehr als 15 000 Quadratmetern" verspricht das Unternehmen, 365 Tage im Jahr geöffnet. Innen ein Windkanal für das "Bodyflying" und eine stehende Welle für Surfer, dazu Gastronomie und Tagungsräume. Außen entstehen bis zum Sommer noch ein Hochseilgarten, ein Flying-Fox-Parcours, also eine Stahlseilrutsche, sowie eine Terrasse.

Um die 80 Menschen, vom Surflehrer bis zum Kellner, arbeiten in dem propellerförmigen Gebäude. In diesen Tagen kurz vor der Eröffnung schwirren sie alle durcheinander, hier muss noch etwas ausgepackt werden, da aufgebaut, dort eingewiesen. Eine gespannte Stimmung liegt in der Luft; etwas wie diese Arena, das gibt es in der Stadt noch nicht, die Neugierde ist groß.

Der 30 Meter hohe Windkanal sieht wie ein übergroßes Reagenzglas aus. Jetzt springt der Mann, dessen Unternehmen 70 Millionen Euro Umsatz im Jahr macht, in den Luftstrom, macht ein paar Faxen und Tricks für den Fotografen. Sein blaues Shirt bläht sich. "Ohne Anzug zu fliegen ist sein neues Ding", sagt eine Angestellte. "Jochen" heißt er hier nur, für alle. Ein wenig wie in einer Sekte oder zumindest wie in einem sehr hippen US-Unternehmen wirkt dieses Jochen-Schweizer-Imperium, alle scheinen angesteckt von dem Tatendrang, von diesem "einfach machen, einfach wagen".

"Leben mit mehr Glück, Erfolg und Stärke", so lautet der Untertitel von Schweizers letztem Buch, es könnte sozusagen als die Bibel des Hauses durchgehen. "Wir sind beseelt von dem Gedanken, Menschen besondere Erlebnisse zu ermöglichen", sagt Schweizer dann auch. Es ist schwer, so viel sei zugegeben, von derart viel Beseeltheit nicht tatsächlich angesteckt zu werden.

Schiefgehen kann nichts im Windkanal

Die Ausrüstung für den Windkanal: ein Anzug, ein wenig so wie in den 70er-Jahren beim Skifahren. Ohrstöpsel. Schutzbrille. Helm. Es gibt eine kurze Einweisung, der Flugtrainer erklärt Handzeichen. Dann Beine zusammen, Beine anwinkeln, Kinn hoch. Die kleinste Bewegung verursacht, dass der Körper plötzlich anders im Windkanal liegt, weiter nach oben fliegt oder wieder absackt. Der Körper muss gespannt sein wie ein Bogen. Alles klar. Schiefgehen kann nichts, der Trainer kommt mit in den Kanal. Der Boden innerhalb des Zylinders besteht aus einem Netz, darunter das Gebläse. Am Rand stehen, reinlehnen in den Wind. Und dann geht es ab, nach oben.

"Fast jeder Mensch hat schon einmal geträumt zu fliegen. Wir machen es wahr", tönt Jochen Schweizer. Im Traum war es etwas weniger anstrengend, das mit dem Fliegen. Eine Windstärke von 160 bis 180 Kilometern pro Stunde hält den Menschen hier in der Luft, der Körper darf die Spannung nicht verlieren. Finger zusammen, Kinn nach oben - oh, da geht es schon ein Stückchen höher - Hüfte wieder runter, volle Konzentration. Zwei Minuten, dann bedeutet der Trainer, an den Türrahmen zu fassen, um sich aus dem Luftstrom zu ziehen. Wieder Boden unter den Füßen. Noch eine Runde. Abheben und mit dem Trainer nach oben in den Zylinder. Ganz schön hoch wird es, man schwebt, irre ist es schon. Lachen ist keine gute Idee, sofort wird der Rachen trocken, so wie es in einem Sturm ist.

Aber es ist hier natürlich nicht wie draußen in der Natur, auch die Surferwelle im Pool lässt sich wie der künstliche Sturm runter und hoch fahren, auf bis zu 1,40 Meter. Eine Metallstange, die vor der Welle quer über das Wasser gelegt werden kann, erleichtert es Anfängern und Kindern.

Günstig ist der Spaß nicht - aber jederzeit verfügbar

Der Surfer kann vom Beckenrand aus sitzend die Füße auf dem Brett positionieren und sich langsam aufrichten, einen Surflehrer hinter sich. Das Gleichgewicht an der Stange zu halten ist erst einmal leicht - so plumpst der Anfänger nicht ständig ins Wasser. Das ist natürlich etwas anderes, als auf dem Meer anzufangen, wo so eine Welle erst einmal erwischt werden will, bevor man sie als Anfänger sowieso nicht steht. In der Halle fehlen aber auch die Sonne auf der Haut und der Sand in den Haaren, dafür stellt sich bereits nach einer halben Stunde ein mächtiges Erfolgsgefühl ein.

Im Zentrum des Propellergebäudes ist die Gastronomie angesiedelt. Bis zu 150 Leute finden hier Platz. Zu jeder Tageszeit soll sie Anlaufstelle für alle sein, mit Powermüsli, Salaten, Curry, Pasta - und Fleisch aus der Region. Selbst wer nicht fliegt oder surft soll zum Zuschauen vorbei kommen, so die Vorstellung der Betreiber. Eintritt müssen Gäste nicht bezahlen.

"Es geht hier nicht um Adrenalin, es geht um Endorphine", sagt Jochen Schweizer dann noch, es ist wieder einer dieser Sätze aus der Werbekiste. "Es sind alles beglückende Erlebnisse, keine erschreckenden." Wer sich oder seine Kinder so beglücken möchte, braucht dafür allerdings das nötige Kleingeld. Zwei Flüge im Windkanal kosten 49,90 Euro. 34,90 Euro kosten 45 Minuten reine Surfzeit auf der Welle. In der Natur ist so etwas auf Dauer günstiger - aber halt auch nicht unbedingt vor der Haustüre und wetterfest wie in der Halle.

Eröffnet wird die "Erlebniswelt" an der Taufkirchner Ludwig-Bölkow-Allee am Samstag, 4. März. Von 9 Uhr an können Besucher im Windkanal fliegen und auf einer künstlichen Welle surfen. Die Arena hat täglich bis 23 Uhr geöffnet, an Wochentagen bereits von 7.30 Uhr an.

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