Popup-Projekt:Willkommen im königlich bayerischen Pop-up-Projekt

Neue Zwischennutzung im HVB-Forum, Kardinal-Faulhaber-Straße 1

Einst königliche Bank, später HVB-Forum: In der Kardinal-Faulhaber-Straße 1 finden sich vorne prunkvolle Räume und dahinter nüchterne Büros und Besprechungszimmer.

(Foto: Florian Peljak)
  • Am 1. Mai eröffnet in München eine ungewöhnliche Zwischennutzung: Im Gebäude der ehemaligen königlichen Filialbank stehen fast 5000 Quadratmeter zur Verfügung.
  • Unter dem Namen "The Lovelace" entsteht dort ein kultureller Treffpunkt mit Clubs, Bars, Studios und Läden.
  • Die Macher investieren in das Projekt ungefähr eine Million Euro. Bestehen soll es bis 2019.

Von Philipp Crone

Am 1. Mai wird voraussichtlich das bislang größte und abwechslungsreichste Münchner Zwischennutzungsprojekt erstmals seine Türen öffnen. Es sind eher Tore, die dann aufgehen, denn das Gebäude in der Kardinal-Faulhaber-Straße 1, das im Jargon der Kulturveranstalter KF1 genannt wird, beherbergte früher die königliche Filialbank.

Auf 4800 Quadratmetern wird, wenn es die Stadt wie geplant genehmigt, unter dem Namen "The Lovelace" eine Gruppe von Münchner Veranstaltern und Clubbetreibern um den Pacha-Teilhaber Michi Kern "ein Experiment" beginnen, wie sie es nennen. Es ist ein bislang in der Größe einzigartiges Projekt in München, wenn mitten in der Stadt ein kultureller Treffpunkt entsteht, der vom Hotel über Läden, Café, Restaurant, Club, Bar und Studios alles enthält.

Pop-Up. Diesem Präfix wurde bislang von Betreibern meist entweder der Begriff Store, Bar oder Club angehängt. In diesem Fall ist die Liste länger. Neben 35 Hotelzimmern wird es auf insgesamt drei Etagen auch Geschäfte geben, in denen man zum Beispiel die Einrichtungsgegenstände jener Zimmer erwerben kann, zudem einen Barbereich, eine Tages- und eine Rooftop-Bar oder einen Kiosk. Und das alles in einem Ambiente, das so schwer zu beschreiben und gemischt ist wie die Architektur des Ortes.

Während die Fassade und der Eingangsbereich königlich herrschaftlich angelegt sind, sind die Räume im Inneren an Nüchternheit nicht zu überbieten. Abgehend von einem überdachten Innenhof haben sich hier bis vor eineinhalb Jahren die Führungskräfte der Hypo-Vereinsbank und ihrer Mutter Unicredit zu Meetings getroffen. Vom Ende des 19. Jahrhunderts an saß hier die Königliche Filialbank, die später in der Bayerischen Staatsbank aufging, einer Vorgängerin der Bayerischen Vereinsbank.

Die Hypo-Vereinsbank baute es 2005 zum HVB-Forum um. Seit die Führungsriege das Gebäude verlassen und die Bank die Immobilie an die Bayerische Hausbau verkauft hat, steht das Haus leer. Das liegt auch daran, weil die Hausbau hier zunächst ein Luxushotel mit 150 Betten verwirklichen wollte, die Hotel-Nachbarin Innegrit Volkhardt vom Bayerischen Hof jedoch erfolgreich dagegen klagte.

Die Bayerische Hausbau geht derzeit davon aus, dass sie für ihr geplantes Hotel bis Ende 2018 "Rechtssicherheit erlangt" habe, sagt Sprecherin Sabine Hagn. Für die Zwischennutzung habe man etliche Gespräche mit verschiedenen Bewerbern geführt und sei der Meinung, dass das Konzept des Lovelace "die Münchner Altstadt bereichern wird".

Popup-Projekt: SZ-Karte; Foto: GoogleEarth Pro

SZ-Karte; Foto: GoogleEarth Pro

Nun entwerfen also Michi Kern und seine Mitstreiter für zwei Jahre auf 4800 Quadratmetern ihre Idee eines Kultur-Treffs. Für das Projekt investiert die Gruppe nach eigenen Angaben insgesamt etwa eine Million Euro; die Mietkosten lägen monatlich im mittleren fünfstelligen Bereich. Das Projekt hat Kern zusammen mit der Kunsthistorikerin Elisabeth Kieser, dem Architekten Gregor Wöltje und einigen weiteren entwickelt. Der Name ist ebenso wie die Nutzung bewusst vage gehalten - es gab sowohl eine Mathematikerin wie auch eine Pornodarstellerin dieses Namens.

Auch wenn Kern und seine Kollegen ihr Projekt in so blumigen Wolken beschreiben, als sei es ein wertvolles Kunstwerk, kann man die Idee gut nachvollziehen, wenn man sich das letzte Projekt des Münchner Nachtgastronomen ansieht: die Buchhandlung Lost Weekend an der Schellingstraße, in der es neben Büchern auch Kaffee und jede Menge gelungener Kulturveranstaltungen gibt.

Kriegt München ein Künstler-Hotel wie New York?

Für das neue Lovelace laufen derzeit die Vorbereitungen. Aus den grauen Büros der ehemaligen Bank-Führung werden Hotelzimmer, die großen Besprechungsräume unter dem Dach zu Studios, in denen Performances, Ausstellungen oder Diskussionen stattfinden sollen. Täglich wird es ein Kulturprogramm geben, immer montags Kino, dazu verschiedene gastronomische Angebote, die nur eines gemeinsam haben: Sie sind fleischlos, so wie es Kern, der mit dem Zerwirk vor Jahren Deutschlands erstes veganes Restaurant eröffnete, schon immer macht.

"Inhalte ist der Kern dessen, worum es uns geht", sagt Kern, dem es wie jedem Betreiber aber natürlich auch um ein finanziell funktionierendes Konzept geht. Bis 2019 soll das Lovelace bestehen. Was es am Ende wirklich wird, ob ein Künstlerhotel nach New Yorker Vorbild, ein zweijähriges Riesen-Happening, wie die Betreiber es sich wünschen - das entscheiden dann von Mai an die Gäste. Sollte es so werden wie im Lost Weekend, dann erwartet sie atmosphärisch eine Art temporäres Wir-Gefühl, ein Ort, an dem man sich nicht zwanghaft kennenlernen soll, wie sonst so oft in dieser Netzwerkerstadt, und es genau deshalb oft passiert. Das kann München, gerade hier zwischen Büros und Einkaufszeilen, bereichern.

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