Israel:Netanjahu schafft Arafat-Straße in Nordisrael ab

Bejamin Netanjahu

Benjamin Netanjahu bei einer Rede im australischen Sydney.

(Foto: dpa)
  • In einer arabisch geprägten Stadt im Norden Israels sollte eine Straße nach dem früheren Palästinenserpräsidenten Arafat benannt werden.
  • Eine rechtsradikale Organisation protestierte lautstark, Ministerpräsident Netanjahu ließ das Schild nun entfernen.
  • Der Bürgermeister will diese Entscheidung anfechten.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Wer als Politiker etwas bewegt hat im Nahen Osten, der darf sich des Nachruhms gewiss sein. So hat in den Palästinensergebieten der 2004 verstorbene alte Kämpfer Jassir Arafat nicht nur ein üppiges Mausoleum, sondern auch ein Museum. Natürlich ist der zentrale Platz von Ramallah ebenso nach ihm benannt wie unzählige Straßen zwischen Nablus und Hebron. Auf der anderen Seite hat in Israel jede Stadt, die etwas auf sich hält, einen Ben-Gurion-Boulevard, eine Golda-Meir-Straße oder einen Jitzchak-Rabin-Weg.

Kompliziert wird es erst, wenn die Dinge durcheinandergeraten - so wie nun in Jatt im Norden Israels. Denn dort herrscht große Aufregung, weil eine Straße nach Jassir Arafat benannt wurde. Jatt ist ein 11 000-Einwohner-Städtchen, bewohnt ausschließlich von Arabern. Als Minderheit im jüdischen Staat machen sie knapp 20 Prozent der Bevölkerung aus, genießen de jure gleiche Rechte und leben de facto in einer Parallelgesellschaft. Sie sind israelische Staatsbürger, aber ihr Herz schlägt für die palästinensische Sache. Arafat wird hier ebenso wie bei den Brüdern und Schwestern jenseits des Grenzwalls als Held verehrt. So lag es also nahe, ihm auch eine Straße zu widmen.

Netanjahu lässt das Schild entfernen

Entschieden worden war die Benennung in Jatt schon vor neun Jahren, ohne dass sich daran von außerhalb jemand gestört hätte. Doch dann nahm sich die rechtsradikale israelische Organisation Im Tirtzu des Falls an und protestierte lautstark, dies sei "ein Schlag ins Gesicht für Tausende Israelis, die bei Terroranschlägen ermordet wurden". Premier Benjamin Netanjahu hat schnell reagiert und via Facebook wissen lassen, "wir können im israelischen Staat keine Straßen dulden, die nach Israels Feinden benannt sind". Seinen Innenminister wies er an, das Schild schleunigst entfernen zu lassen - und so ist es zu Wochenbeginn geschehen in Jatt.

Beendet ist der Streit aber damit noch lange nicht. Yousef Jabareen, ein arabischer Abgeordneter in Israels Parlament, wirft Netanjahu vor, die "nationale Identität der arabischen Minderheit" zu negieren und die "historische Versöhnung mit dem palästinensischen Volk" zu hintertreiben. Arafat habe schließlich ein Friedensabkommen mit Israel geschlossen und dafür 1994 zusammen mit Rabin und Schimon Peres den Friedensnobelpreis erhalten. Der Bürgermeister von Jatt kündigte an, die angeordnete Namenstilgung gegebenenfalls anzufechten. "Es ist bedauerlich", sagte er im Armeerundfunk, "dass es der Ministerpräsident für nötig hält, seine Zeit mit dem Namen einer Straße in einem Dorf zu verschwenden."

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