Ungarn:Unter Strom

Premier Orbán will nun alle Migranten in Lager stecken - gleich hinter der Grenze. Er verschärft damit nochmal eine Flüchtlingspolitik, die nur ein Ziel kennt, alles Fremde - nicht nur die illegalen Migranten - aus Ungarn fernzuhalten.

Von Cathrin Kahlweit

Im Prinzip ist es nur die Fortsetzung eines persönlichen Krieges mit verschärften Mitteln, den der ungarische Premier Viktor Orbán schon lange führt: Nun also sollen Flüchtlinge, die es über die stacheldrahtbewehrten, demnächst auch mit Strom beschickten Grenzzäune schaffen, in Lagern gleich hinter der serbischen Grenze in eine Art Haft genommen werden. Auch bisher schon wurden fast alle, die von Polizei, Armee und Hunden gestellt wurden, abgeschoben oder in den Westen verbracht. Das Recht auf Asyl ist in Ungarn de facto abgeschafft.

Orbán ist in den Krieg gezogen gegen die Migration, er sieht sein Land im Belagerungszustand. Er argumentiert, dies geschehe auch für Europa; die Nachbarn hätten nicht von ungefähr seine Positionen übernommen und seien, ungeachtet aller humanistischer Fensterreden, letztlich dankbar, dass Ungarn ihnen Migranten vom Leib halte.

Da ist etwas dran. Und doch gibt es einen grundlegenden Unterschied: Orbán argumentiert, anders als die meisten Europäer, nicht mit rechtsstaatlichen Problemen und einer möglichen Überforderung durch den Kraftakt der Integration. Er spricht von der Homogenität der Bevölkerung, warnt vor "ethnischer Vermischung" und dem Verlust "kultureller Identität". Ihm geht es um mehr als den Kampf gegen illegale Migranten. Er weigert sich, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen.

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