Brexit-Kolumne:Mit dem Schweinskopf durch die Wand

Brexitkolumne

Pigheadedness, die scheuklappenbewehrte Verbohrtheit, die mit dem Schweinskopf durch die Wand will

(Foto: Illustration Jessy Asmus)

Die britische Regierung verfolgt einen "harten Brexit" mit Tunnelblick. Dafür haben die Engländer sogar ein eigenes Wort: pigheadedness.

Von Alexander Menden, London

In diesem Monat will die britische Regierung die Ausstiegsverhandlungen mit der EU eröffnen. Unser Londoner Kolumnist beschreibt, wie der bevorstehende Brexit jetzt schon den Alltag verändert.

Das Englische hält unvergleichlich treffende Begriffe parat. Zum Beispiel Pigheadedness. Sturheit. Nicht die gute Art von Sturheit, die man geradlinigen Farmern aus Yorkshire oder schweigsamen Fischern aus Cornwall nachsagt, sondern eine scheuklappenbewehrte Verbohrtheit, die mit dem Schweinskopf durch die Wand will. Gäbe es noch Enzyklopädien, wäre das Wort pigheadedness darin wahrscheinlich durch ein Bild von Theresa May, ihrem dauerfeixenden Brexit-Minister David Davis und ihrem prinzipiell prinzipienlosen Außenminister Boris Johnson illustriert.

Mit welchem Tunnelblick diese Mannschaft alle Versuche zur Seite wischt, einen "harten Brexit" zu verhindern, ist so faszinierend wie bedrückend zu beobachten. Es bedurfte erst der Klage einer Privatperson - die dafür eine Hetzkampagne der Brexit-Presse und Morddrohungen erntete -, um eine Beteiligung des Parlaments am Ausstiegsprozess zu erzwingen. Noch bevor das House of Lords sich zu dem Gesetzesentwurf zum Brexit äußerte, deutete die Premierministerin an, dass man das Oberhaus auch auflösen könne, wenn es dem "Willen des Volkes" nicht entspreche. Nun haben die Lords das Gesetz doch mit zwei Änderungsanträgen ans House of Commons zurückgeschickt; es geht um Kleinigkeiten wie das Bleiberecht der EU-Bürger und ein parlamentarisches Mitspracherecht am Ende der Brexit-Verhandlungen.

David Davis versicherte schon vorher, die Regierung werde jede Änderung abschmettern. Auf welchem Demokratieverständnis aber fußt eine Haltung, deren Vertreter damit drohen, demokratische Institutionen abzuschaffen, deren Entscheidungen sie offenkundig ohnehin nur für ein Ärgernis halten? Ist das die parlamentarische Souveränität, für die zu kämpfen die Eurosceptics behaupteten? Oder handelt es sich bei dem unaufhaltsamen Marsch der Brexiteers in die nationale Isolation einfach um als pigheadedness getarnte harebrainedness? "Hasenhirnigkeit" - noch so einer dieser treffenden Begriffe, die das Englische parat hält.

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