Kirche:Der Priester der Zukunft

Seit 30 Jahren wird debattiert, ob die Anforderungen an den Priesterberuf noch zeitgemäß sind. Mit einer Antwort sollte sich die Kirche nicht mehr zu lange Zeit lassen - die Zahl der Anwärter sinkt.

Von Matthias Drobinski

Es war geradezu tragisch hilflos, wie die deutschen katholischen Bischöfe über die Zukunft ihrer Priester beraten haben. Sie wissen ja, dass es da Probleme gibt, die Priesterseminare leer sind, Pfarrer mal verliebt, mal frustriert, mal ausgebrannt ihren Beruf aufgeben. "So geht es nicht mehr weiter!", hat der Bischofskonferenzvorsitzende und Münchner Kardinal Reinhard Marx zu Beginn der Beratungen gerufen. Doch was nun geschehen soll, wussten die Hirten dann nicht so recht. Jesus war nun mal ein unverheirateter Mann, dann könne die Kirche nicht so einfach Verheiratete oder Frauen an den Altar stellen, sagte der Passauer Bischof Stefan Oster. Genau das stoße bei vielen jungen Leuten auf Unverständnis, entgegnete ihm der Jugendpräses Dirk Bingener. So kreist die Zölibats- und Priesterdebatte schon seit vielen Jahren, ergebnislos und zunehmend erkenntnislos.

Warum können Verheiratete oder Frauen nicht geweiht werden?

Tragisch ist diese um sich selbst kreisende Hilflosigkeit auch deshalb, weil es in einer auf Selbstoptimierung, Karriere und Absicherung hin orientierten Gesellschaft eigentlich viel zu wenige zeichenhaft andere Lebens- und Existenzweisen gibt, wie sie - unter anderen - katholische Priester verkörpern könnten. Es braucht Menschen, die mehr als andere nach Gott fragen und dem Sinn des Lebens. Die dem anderen dienen, die über das Normalmaß hinaus hungern und dürsten nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit, die frei sind, auch das Unerhörte zu sagen; die Träger des kulturellen Gedächtnisses sind. Tatsächlich gibt es Menschen, die dies alles sein können, weil sie ohne Familie leben. Es gibt aber auch andere, die dies nur können, weil sie in tragenden Liebesbeziehungen leben.

Dem freiwilligen Zölibat für katholische Priester hat jedoch Papst Franziskus im Zeit-Interview gerade wieder eine Absage erteilt und sich auch skeptisch gegenüber dem Diakonat der Frau gezeigt. Dass er aber offen ist für die Idee, auch verheiratete Männer in Ausnahmefällen zur Priesterweihe zuzulassen, zeigt immerhin: Die Debatte ist eröffnet. Sie steht, wie so viele Debatten in der katholischen Kirche, nach 30 Jahren ohne echten Diskurs noch ganz am Anfang. Wie soll der katholische Priester der Zukunft aussehen? Kann man, wenn man an einen Gott glaubt, der für alle Menschen Mensch geworden ist, tatsächlich sagen: Frauen, Verheiratete, Homosexuelle können nicht berufen sein, am Altar die Erinnerung an diesen Gott zu feiern?

Ein Anfang wäre, wenn die katholische Kirche in Deutschland ihre Priester weniger über die Funktion als Herren über Sakramente und Gemeinden definieren würde und mehr als zeichenhafte christliche Existenzen. Sie müssten für die Menschen da sein können, an die Ränder der Städte und ihrer Gemeinden gehen - wie es Papst Franziskus gesagt hat. Die obersten Verwalter ihrer Gemeinden müssten sie dafür nicht unbedingt sein. Sie müssten auch nicht mehr allein im Pfarrhaus leben - vielleicht in einer Wohngemeinschaft mit Gleichgesinnten? Oder gemeinsam mit einer Familie mit Kindern; in einem Heim für Obdachlose? Ideen gäbe es genug.

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