Deutsche Bahn:Richard Lutz soll neuer Bahn-Chef werden

Richard Lutz und Rüdiger Grube

Richard Lutz (links im Bild), Vorstand Finanzen und Controlling der Deutschen Bahn, und der damalige Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube am 19.03.2015 in Berlin (Archivbild).

(Foto: Britta Pedersen/dpa)
  • Richard Lutz soll neuer Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn werden.
  • Der 52-Jährige ist der bisherige Finanzvorstand und leitet den Konzern bereits kommissarisch.
  • Die Suche nach einem Nachfolger von Rüdiger Grube hatte sich als schwierig erwiesen. Dabei wurden unter anderem Ronald Pofalla Ambitionen nachgesagt.

Die Suche nach einem neuen Chef für die Deutsche Bahn ist offenbar beendet. Neuer Vorstandsvorsitzender soll der bisherige Finanzvorstand Richard Lutz werden. Darauf verständigte sich nach mehreren Medienberichten die große Koalition. Lutz wird damit Nachfolger von Rüdiger Grube, der Ende Januar im Streit um eine Vertragsverlängerung überraschend zurückgetreten war. Entgegen der politischen Absprache sollte sein Vertrag nur um zwei statt drei Jahre verlängert werden.

Seit Grubes Abgang führt der 52-jährige Lutz den Bundeskonzern bereits kommissarisch. Er ist seit 2010 Finanzvorstand bei der Bahn. Lutz soll bei der Aufsichtsratssitzung der Bahn am 22. März ernannt werden. Der Vorstandsvertrag von Lutz hätte in der Sitzung kommende Woche ohnehin zur Verlängerung angestanden. Der Betriebswirt kam 1994 nach seiner Promotion zur Bahn. Er gilt als anerkannter Finanzexperte, Ambitionen auf den Posten des Vorstandschefs wurden ihm jedoch nicht nachgesagt.

Ronald Pofalla wurden Ambitionen auf den Posten nachgesagt

Für Samstag hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den Informationen zufolge Vertreter des Aufsichtsrats und der Bundesregierung in sein Ministerium geladen. Besprochen werden solle dabei auch ein weiterer Umbau des Konzerns: Die krisengeschüttelte Güterbahn solle wieder zusammen mit dem Logistik-Zweig einen eigenen Konzernvorstand erhalten. Derzeit ist die Logistik beim Finanzressort angekoppelt.

Die Personalie des Bahnchefs hat in der Regierung eine zentrale Bedeutung. Entscheidend ist bei der Auswahl das Votum des Kanzleramts. Die SPD, die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten ist, hat dabei allerdings ein Vetorecht. Sie hatte sich gegen Ex-Kanzleramtschef und CDU-Mitglied Ronald Pofalla ausgesprochen. Diesem wurden selbst Ambitionen auf den Chefsessel nachgesagt. Allerdings ist er erst seit Anfang des Jahres Infrastrukturvorstand und damit erstmals für ein Kernressort des Unternehmens zuständig. Im Umfeld des Aufsichtsrats hieß es, Pofalla selbst habe Lutz ins Gespräch gebracht. Spekuliert wurde in Teilen des Aufsichtsrats zudem, dass Pofalla sich bei einem Scheitern von Lutz Hoffnungen mache, dann dessen Nachfolge anzutreten.

Mit der Wahl von Lutz sei zudem klar, dass Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht bleiben könne, sagten Insider. Ihm war der plötzliche Abgang von Grube vorgeworfen worden, da er die geplante Vertragsverlängerung nicht ausreichend vorbereitet habe. Wäre Pofalla Vorstandschef geworden, hätte die SPD den Anspruch erhoben, den Chefkontrolleur auszuwählen.

Der Schienengüterverkehr hatte die Bahn tief in die roten Zahlen gestürzt

Die Suche nach einem Kandidaten von außen erwies sich als schwierig: Es gibt wenige Kandidaten mit ausgesprochener Bahn-Kenntnis. Zudem ist der Posten an der Spitze des Unternehmens mit 300 000 Beschäftigten im Vergleich zu anderen Großkonzernen mäßig bezahlt. Als schwer erwies es sich zudem, einen Kandidaten zu finden, der kurzfristig zur Verfügung steht. Im Gespräch waren unter anderem Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm sowie die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta. In Kreisen der Bahn hieß es, Russwurm könne neuer Technik-Chef werden und Nikutta den Güterverkehr führen. Derzeit werden Güterbahn sowie Personenverkehr von Berthold Huber geleitet. Die Güterbahn ist derzeit das Kernproblem des Konzerns und steht vor einer harten Sanierung mit dem Abbau von 2000 Arbeitsplätzen. Nikutta war bereits früher bei der Güterbahn tätig. Der Bahn-Vorstand ist derzeit allein mit Männern besetzt, was zu Kritik in der großen Koalition führte.

Die Bahn war 2015 vor allem wegen des Schienengüterverkehrs tief in die roten Zahlen gefahren. Unterm Strich wurde ein Verlust von 1,3 Milliarden Euro verbucht, so dass der Bund im vergangenen Jahr mit einer Milliarden-Spritze helfen musste. Im vergangenen Jahr hat der harte Sparkurs gewirkt und es soll wieder ein deutliches Plus eingefahren werden. Die Probleme im Gütergeschäft, wegbrechende Aufträge für den Nahverkehr sowie die Fernbus-Konkurrenz für IC und ICE machen der Bahn aber weiter zu schaffen. Den Geschäftsbericht für das Jahr 2016 will sie nächste Woche vorlegen.

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