Dachau:Oberbürgermeister mahnt Stadträte zu Gesetzestreue

Einige Fraktionen neigen dazu, der Rechtsauffassung des Bauamts nicht zu folgen. Die Folge: Die Bezirksregierung hebt Beschlüsse auf.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Noch gehen die Stadträte nicht selbst vor Gericht aufeinander los. Doch mehrmals musste in der vergangenen Zeit die Bezirksregierung über die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen aus dem Bauausschuss entscheiden - und hob diese wieder auf. CSU, FW, Bürger für Dachau (BfD) und hin und wieder die ÜB und der parteilose Stadtrat Wolfgang Moll neigen dazu, der Rechtsauffassung des Stadtbauamts nicht zu folgen. Auch nicht auf wiederholte Erklärungen hin. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ärgerte das so sehr, dass ihm in der Bauausschusssitzung am Dienstagnachmittag der Kragen platzte: "Sie alle haben einen Eid geleistet und der bedeutet, dass Sie sich an die Gesetze halten müssen", sagte er zu den Stadträten.

Ortsrandbebauung

Ein Einfamilienhaus im Außenbereich? Die CSU im Stadtrat stimmte dem Antrag ihres Parteifreundes Benedikt Hüller zu.

(Foto: Niels Jørgensen)

Erneut wurde in derselben Sitzung in drei Fällen gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung und damit gegen deren Rechtsauffassung gestimmt - von CSU, FW, BfD und ÜB. Dabei hat erst in der vergangenen Woche das Verwaltungsgericht München eine rechtliche Einschätzung von Bauamtsleiter Michael Simon bestätigt. Zudem hat die Regierung von Oberbayern die heftig diskutierte Genehmigung für ein Einfamilienhaus am Ortsrand von Pellheim aufgehoben. In beiden Fällen ging es um die häufig umstrittene Grenze von Innen- und Außenbereich, in dem entweder Baurecht besteht oder eben nicht.

Erweiterung geplant

Auch der Neubau des Landratsamts sorgt für Uneinigkeit im Stadtrat.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die CSU fühlte sich von der Kritik des Oberbürgermeisters zu Recht angesprochen und reagierte empört. "Sie unterstellen mir unterschwellig Eidbruch", sagte Peter Strauch. "Das finde ich zutiefst beschämend." Gertrud Schmidt-Podolsky bezeichnet Hartmanns Kritik einen Tag später als "Entgleisung", die sie aus "heiterem Himmel" getroffen habe. "Wir müssen nicht jede Auffassung teilen", sagt sie. Dann brauche man schließlich den Stadträten nichts mehr vorzulegen. "Wir werden uns noch öfter über die Auffassung des Bauamts hinwegsetzen."

Die Stadt wuchert

Sie begründet das mit dem grundsätzlichen Ziel, Bauen zu ermöglichen. Die Stadt allein könne nicht genügend Wohnungen bauen. Oberbürgermeister Hartmann erklärt seine Kritik am Mittwoch so: "Ich möchte eine Entwicklung der Stadt zulassen, aber nicht unkontrolliert." Für ihn ist ein Bebauungsplanverfahren das Mittel der Wahl. In Zeiten der ins Unermessliche steigenden Kauf- und Mietpreise gebe es einen Hang dazu, immer mehr in immer kürzerer Zeit herauszuholen. Deshalb werde so häufig über Innen- und Außenbereich gestritten. Eine Baugenehmigung ist schneller zu erhalten, wenn ein Grundstück im Innenbereich liegt - oder es so betrachtet wird. Doch je mehr Flächen als Innenbereich betrachtet werden, desto mehr wächst dieser Innenbereich - und die Stadt wuchert zum Beispiel in bestehende große Freiflächen hinein. Wie etwa an der Schleißheimer Straße, östlich der Theodor-Heuss-Straße. "Wachstum kann Kommunen schnell überfordern, deshalb vertreten das Bauamt und ich lieber eine etwas restriktivere Linie."

Erweiterung geplant

Wenn die Bezirksregierung über die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen aus dem Bauausschuss entscheiden muss, läuft etwas falsch in der Stadt.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Bauvorhaben der Mooseder Wohnbau GmbH an der Schleißheimer Straße 84 wurden erneut im Ausschuss diskutiert, wieder setzte sich die CSU in einigen Punkten gegen den Vorschlag des Bauamtes durch. Hartmann äußert im Gespräch teils Verständnis für diese Vorhaben, wiewohl er diese als letztlich unbedeutend für die Wohnungsentwicklung der Stadt ansieht. Augustenfeld und MD seien wesentlich wichtiger. "Es ist sinnvoll und legitim, dass die Bebauung hier etwas wächst", sagt er und fügt sofort hinzu: "Aber bitte im geregelten Verfahren." Hartmann hätte auch hier gern einen Bebauungsplan. Schmidt-Podolsky möchte lediglich eine Satzung. Sonst müsse man mit Entschädigungsansprüchen der Nachbarn rechnen.

Ärger mit den Nachbarn

Mit Nachbarn bekam es Hartmann auch zu tun, aber auf ganz andere Weise. Die Entscheidung, ein Einfamilienhaus in Pellheim zu genehmigen, habe hohe Wellen geschlagen, erklärt er. Ihn hätten Beschwerden von Dachauern erreicht, die auf dieser Grundlage nun ebenfalls bauen wollten. Zugleich sei ihm eine Unterschriftenliste von zehn Pellheimern vorgelegt worden, die erklärten, wenn der OB diese Entscheidung nicht der Bezirksregierung vorlege, dann würden sie das tun. Den Antrag, bauen zu dürfen, hatte CSU-Stadtrat Benedikt Hüller gestellt. Der Beschluss im Bauausschuss zu seinen Gunsten war im Stadtrat sogar bestätigt worden. Hartmann sowie Stadträte von SPD und Bündnis hatten nachdrücklich darauf hingewiesen, dass der Beschluss das Gesetz missachtet. Doch sie wurden nicht erhört. Von der Entscheidung der Bezirksregierung scheint Schmidt-Podolsky noch immer nicht ganz überzeugt zu sein. Es könne hierzu noch einen "Initiativantrag" geben, kündigt sie an.

Baugebiet in Diskussion

Unterschiedliche Auffassungen gibt es zu einem Projekt an der Schleißheimer Straße, doch nicht nur das sorgt für Streit in der Gemeinde.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Auch dem Landratsamt soll nach Mehrheitsbeschluss im Bauausschuss eine Erweiterung im vereinfachten Innenbereich-Verfahren ermöglicht werden. Das Landratsamt, dessen Mitarbeiter bereits in kürzlich nochmals aufgestockten Containern arbeiten müssen, weil der Raummangel so groß ist, will so schnell wie möglich erweitern. Zusammen mit der Einwohnerzahl steigt die Zahl der Kreisräte - schon nach der nächsten Wahl 2020 wird der Sitzungssaal nicht mehr ausreichen. Hartmann erklärte in der Sitzung, es sei nicht die Verantwortung der Stadt, möglichst schnelles Bauen zu erlauben. Die Bauherren könnten auch eher anfangen, zu planen. Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis) kritisierte heftig, dass das Landratsamt seine Erweiterungsfläche am Zauner-Ring der Sparkasse verkauft habe. Alle Stadträte äußerten Sorgen über Anfahrts- und Parkverkehr und hielten eigentlich ein geordnetes Bebauungsplanverfahren mit einem städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Beste. Trotzdem konnten sie sich nicht auf diese Lösung einigen.

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