Militärausgaben:Streit um Trumps Forderung nach mehr Geld für die Bundeswehr

  • Das Nato-Ziel, wonach zwei Prozent des BIP für Verteidung ausgegeben werden sollen, legen Regierungsvertreter unterschiedlich aus.
  • Das Außenministerium findet, dass jüngst mit der Anhebung des Budgets und einem zukünftigen Nicht-wieder-Kürzen das Ziel erfüllt sei.
  • Das Verteidigungsministerium hingegen will, dass Deutschland sein Versprechen bis 2025 tatsächlich einlöst und den Wehretat kontinuierlich erhöht.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium sind uneins in der Frage, wie verbindlich das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu interpretieren ist. Darunter wird die Absicht verstanden, bis Mitte des nächsten Jahrzehnts zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte beim SPD-Parteitag am Sonntag gesagt: "Das Zwei-Prozent-Ziel, das gibt es gar nicht." Daraufhin traten die Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Häusern am Montag offen zutage.

Ausgelöst hat die Debatte US-Präsident Donald Trump, der Deutschland und anderen europäischen Nationen vorwirft, zu wenig zur Stärke der Nato beizutragen. Wie auch andere Staaten,liegt Deutschland mit zuletzt 1,22 Prozent derzeit deutlich hinter dem Zwei-Prozent-Ziel. Dessen Sinn hatte Außenminister Gabriel bereits seit einiger Zeit angezweifelt und sich damit in Gegensatz zu Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begeben.

Nato Grafik

Erläuterung: Die rote Linie markiert die Zielmarke für Militärausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. SZ-Grafik; Quelle: NATO, Bundesverteidigungsministerium

In der NATO-Gipfelerklärung von 2014 heißt es: auf zwei Prozent zubewegen, im Rahmen des Wachstums

Am Montag wurde nun der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, in der Regierungspressekonferenz gefragt, wie Gabriels Aussage vom Wochenende zu interpretieren sei. Daraufhin erklärte Schäfer, auf dem Nato-Gipfel in Wales sei es 2014 "in der Tat zu einer Vereinbarung der Mitgliedstaaten gekommen, die jetzt gemeinhin als Zwei-Prozent-Ziel interpretiert wird". Tatsächlich aber sicherten die Mitgliedstaaten darin lediglich zu, "dass sie sich bemühen werden, auf dem Weg zum Zwei-Prozent-Ziel bis zur Mitte der nächsten Dekade Fortschritte zu erzielen".

Doch wie lautet die Originalformulierung der Nato? In der Übersetzung der Gipfelerklärung von Wales aus dem Jahr 2014 werden zunächst Verteidigungsausgaben von mindestens zwei Prozent des BIP als Richtwert definiert - nicht zum ersten Mal: Die entsprechende Richtmarke wurde bereits vor 2014 immer wieder in Nato-Dokumenten erwähnt. In der Gipfelerklärung von 2014 heißt es dann weiter: "Die Bündnispartner, deren Anteil vom BIP für Verteidigungsausgaben gegenwärtig unter diesem Richtwert liegt, werden: die Verteidigungsausgaben nicht weiter kürzen; darauf abzielen, die realen Verteidigungsausgaben im Rahmen des BIP-Wachstums zu erhöhen; darauf abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent zuzubewegen, um ihre Nato-Fähigkeitenziele zu erreichen und Fähigkeitslücken der Nato zu schließen."

Verteidigunsministerium will auch über Ausgaben für Entwicklungshilfe sprechen

Dieses Ziel aber, so Schäfers Argumentation, erfülle die Bundesregierung bereits, schließlich sei der Verteidigungsetat zuletzt deutlich gestiegen. Selbst mit solchen Steigerungen sei es jedoch "schon denklogisch" nicht möglich, bis Mitte des nächsten Jahrzehnts zwei Prozent zu erreichen.

Hier widersprach der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, deutlich: "Deutschland steht zum Zwei-Prozent-Ziel. Bis zur Mitte der nächsten Dekade soll das erreicht sein." Er erinnerte zudem daran, dass an der Nato-Vereinbarung auch das Auswärtige Amt beteiligt gewesen sei. Es wurde 2014 von Frank-Walter Steinmeier (ebenfalls SPD) geführt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer nannte die Zwei-Prozent eine "Zielgröße". Es seien "weitere Anstrengungen nötig", um das Ziel zu erreichen.

Scheinbar einig waren sich Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium darin, dass Sicherheit nicht auf Verteidigungsausgaben reduziert werden dürfe. Allerdings gibt es auch hier einen Unterschied: Das Verteidigungsministerium plädiert zwar dafür, auch Ausgaben etwa für Entwicklungshilfe in die Debatte einzubeziehen. Es wendet sich aber dagegen, diese mit den Verteidigungsausgaben zu verrechnen: Am Zwei-Prozent-Ziel ändere dies gar nichts.

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