SZ-Serie: Slam drüber:Prunksaal der Szene

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Das Lustspielhaus will junges Publikum anlocken

Von Oliver Hochkeppel

"Willkommen in diesem gediegenen Ambiente, diesem Kabarett-Tempel." Mit diesen Worten begrüßt der Moderator Bumillo die Gäste zum 38. Schwabinger Poetry Slam im Lustspielhaus. Dann wird das Publikum sondiert: Die Mehrheit ist zum ersten Mal hier, und eine beachtliche Zahl von Händen bleibt auch bei der Frage oben, wer zum ersten Mal überhaupt einem Poetry Slam besucht. Was sicher auch daran liegt, dass solche Dichter-Wettbewerbe üblicherweise in Kellerclubs, alternativen Kneipen oder Studentencafés stattfinden. Das Lustspielhaus ist sozusagen der Prunksaal der Münchner Spoken-Word-Szene.

Auch die 13 Euro Eintritt sind "für einen Slam viel, für das Lustspielhaus billig", sagt Bumillo. "Wir wollten neues, jüngeres Publikum hierher locken." Das scheint zu funktionieren, ist der monatliche Slam doch immer schon Wochen vorher ausverkauft. Was es erleichtert, den Teilnehmern Gage zu bezahlen. "Dem Till Hofmann als Chef des Lustspielhauses und mir war von vorneherein wichtig, dass die Künstler etwas für ihren Auftritt bekommen", sagt Bumillo. Seit der Schwabinger Poetry Slam im April 2012 aus der Taufe gehoben wurde, ist er es, der die jeweils sieben Teilnehmer für den Abend aussucht. Eine gesunde Mischung aus Jung und Alt, aus Einheimischen und Auswärtigen solle es sein. Auch bei der 38. Auflage gelten die üblichen Regeln: Nur selbst geschriebene Texte sind erlaubt, das Zeitlimit beträgt sieben Minuten, entscheidend ist der Applaus des Publikums, nur bei einem "Städte-Slam" gibt es eine Jury.

Außer Konkurrenz eröffnet an diesem Abend der vielversprechende Folk-Sänger und -Gitarrist Nikolaus Wolf mit seiner Band den Abend. Dann folgen mehrere Lustspielhaus-Debütanten: der Hamburger Hannes Maasz, Heide Roser aus Nürnberg, der amtierende hessische Meister Samuel Kramer sowie der junge Münchner Dave Appleson. Dann kommt die unter Wert geschlagene bayerische U-20-Meisterin Teresa Reichl zu Wort, deren Text über Sex-Abstinenz eigentlich fürs Finale hätte reichen müssen. Vielleicht liegt es ja am Lustspielhaus-Ambiente, dass sich die politischsten Beiträge durchsetzen, die der Slam-Veteranen Carmen Wegge und Peter Parkster, der auch nett die Anspielungen auf sein Alter weiterdreht. Er gewinnt am Ende mit einem rasant gereimten Stück über die Rolle des Einzelnen bei der Flüchtlingskrise. Ein Vorgeschmack auf den 39. Schwabinger Poetry Slam am 31. März, der zugleich das zweite Einzel-Halbfinale der Bayerischen Meisterschaften ist. Da wird sich vermutlich mehr Stammpublikum im ungewohnt gediegenen Ambiente versammeln.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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