Mittelklasse-Auto im Fahrbericht:Der neue Opel Insignia ist endlich konkurrenzfähig

Der neue Opel Insignia Sports Tourer.

Der neue Opel Insignia Sportstourer kostet mindestens 26 940 Euro. Die Grand-Sport-Limousine ist 1000 Euro billiger.

(Foto: Adam Opel AG)

Opel hat viel in sein neues Mittelklasse-Modell investiert. Ein erster Test zeigt: Das könnte reichen, um BMW und Audi ein paar Kunden abzujagen.

Von Peter Fahrenholz

Manchmal erweist sich eine Entscheidung im Nachhinein als besonderer Glücksfall. Autohersteller neigen dazu, ihre neuen Modelle in schickem Ambiente, gerne irgendwo am Mittelmeer, zu präsentieren, und dabei schwingt unausgesprochen auch die Hoffnung mit, dass das auf die Berichterstattung abfärbt. Opel hat den neuen Insignia hingegen im Stammwerk in Rüsselsheim vorgestellt. Umgeben von alten Größen der eigenen Historie, den Kapitäns, Admirals und Diplomats, mit denen Opel einst den Anspruch erhob, mehr als nur Mittelklasse zu sein. Nirgends kommt die DNA eines Autobauers so unverfälscht zum Ausdruck wie am eigenen Firmenstammsitz. Und die eigene DNA zu betonen, kann Opel im Moment besonders gut gebrauchen, jetzt, wo man plötzlich dem französischen PSA-Konzern gehört.

Für die Zukunft von Opel ist der neue Insignia in mehrfacher Hinsicht ein wichtiges Auto. Er ist das Flaggschiff der Opel-Flotte. 500 Millionen Euro hat man investiert, um die Produktion vorzubereiten, das neue Spitzenmodell muss mithelfen, dass Opel nach langen Jahren endlich wieder schwarze Zahlen schreibt. Und es muss mithelfen, den Stellenwert von Opel innerhalb des neuen Konzerngebildes zu definieren. Denn vom Erfolg des Insignia wird maßgeblich abhängen, wie viel Prozent Opel künftig in einem neuen Opel stecken dürfen und was man aus dem Konzernregal nehmen muss, um Kosten zu sparen. Wird der Insignia ein Flop, ist nur schwer vorstellbar, dass noch einmal 500 Millionen Euro für einen reinrassigen Opel investiert werden und nicht lieber für Modelle auf irgendeiner Gemeinschaftsplattform.

Um die beiden wichtigsten Fragen vorweg zu beantworten: Ist der neue Insignia optisch und technisch gelungen? Ja, er ist gelungen. Kann er ein Erfolg werden? Ja, die Chance dazu besteht. Der bisherige Insignia ist seit seinem Produktionsstart 2008 insgesamt mehr als 900 000 Mal verkauft worden, 200 000 Exemplare davon in Deutschland. Das klingt viel, hätte aber viel mehr sein können, vor allem in Deutschland. Wenn er nicht gravierende Nachteile gehabt hätte. In Deutschland spielt die Limousine kaum eine Rolle, 80 Prozent der Käufer entscheiden sich für den Kombi. Und wer einen Kombi kauft, der will vor allem eines: viel hineinpacken können. Doch da war der alte Insignia allenfalls Mittelmaß, selbst in kleinere Kombis der Konkurrenz passte mehr hinein, zudem störte die dicke Ladekante.

Das kann der neue Kombi, der bei Opel Sportstourer heißt, viel besser. Er fasst 130 Liter mehr als der Vorgänger, das maximale Volumen beträgt jetzt 1665 Liter, keine Ladekante stört mehr, die Heckklappe lässt sich per Sensor automatisch öffnen und schließen. Mit seiner neuen Karosseriearchitektur speckt der Insignia bis zu 200 Kilogramm ab. Und auch im Innenraum haben die Designer kräftig Hand angelegt. Das überfrachtete Armaturenbrett, ein weiterer Kritikpunkt des alten Insignia, wurde entrümpelt, das Interieur ist jetzt nicht nur viel klarer, sondern wirkt deutlich wertiger.

Der 1,5-Liter-Turbobenziner ist eine angenehme Überraschung

Auch bei den Motoren (insgesamt gibt es drei Benziner mit 140, 165 und 260 PS sowie drei Diesel mit 110, 136 und 170 PS) hat Opel viel investiert. Bei den ersten Testfahrten im Taunus hat sich vor allem der neu konstruierte 1,5-Liter-Turbobenziner, den es wahlweise mit 140 oder 165 PS gibt, als angenehme Überraschung entpuppt. Der Motor bietet viel Durchzug und bereitet zusammen mit dem gut abgestimmten Fahrwerk und der neuen, präzise arbeitenden Sechsgangschaltung auch im engen Kurvengeschlängel eine Menge Fahrspaß. Klar, nach oben hinaus fehlen dem Motor die Reserven, aber um flott unterwegs zu sein, auf Landstraßen stressfrei zu überholen und auf der Autobahn locker mitzuschwimmen, reicht er allemal aus.

Bei Opel rechnet man damit, dass sich die meisten Kunden zwischen dem 1,5-Liter-Turbobenziner und dem Zweiliter-Turbodiesel mit 170 PS entscheiden werden. Und man hofft darauf, dass sich wie bisher gut zwei Drittel der Kunden für die teuerste Ausstattungslinie entscheiden - und damit für die ganze Latte preistreibender Assistenzsysteme. Zum Arsenal gehören etwa ein Spurhalteassistent, adaptive Geschwindigkeitsregelung mit automatischer Gefahrenbremsung, 360-Grad-Kamera, ein Fahrwerkssystem mit drei Fahrmodi, ein Head-up-Display und noch einiges mehr. Der persönliche Online-Assistent Opel OnStar, den es auch im Astra gibt, kann im Insignia auch Hotelzimmer reservieren oder freie Parkplätze suchen. Die Preise beginnen bei 25 940 Euro für die Limousine und 26 940 Euro für den Kombi, aber dafür bekommt man natürlich nur die eher karge Basisversion.

Die Opelaner hoffen, mit dem Insignia auch den einen oder anderen Kunden von den Premiummarken wegzulocken. "Wenn man in dem Fahrzeug sitzt, hat man wirklich das Gefühl, man sitzt in der Oberklasse", schwärmt Chefdesigner Niels Loeb bei der Präsentation. Nun ja, Selbstlob wird in der Autobranche gerne in hohen Dosen verabreicht. Was aber sicher stimmt: Mit dem Insignia hat Opel in der gehobenen Mittelklasse endlich wieder ein konkurrenzfähiges Produkt. Und ein elegantes dazu.

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