Nachtleben:Kleidung, Handys, Frauen: Was vom Feiern übrig bleibt

Nachtleben: Tobias Lintz.

Tobias Lintz.

(Foto: Robert Haas)

Tobias Lintz, Betreiber des Holy Home, über das "Vergessen-Ranking" in Münchner Bars und warum er Geldbeutel nicht mehr zur Polizei bringt.

Interview von Philipp Crone

Tobias Lintz muss lachen bei diesem Thema. Ob im Club Erste Liga, den der 50-Jährige betrieben hat, oder in den Bars Unter Deck und Holy Home, das Liegenlassen von Kleidungsstücken gehört zum täglichen Geschäft. Wobei jetzt, im Frühling, vielleicht weniger liegen bleibt?

SZ: Herr Lintz, wie ist die derzeitige Situation bei milden Temperaturen: Bleibt noch viel hängen in ihren Bars?

Tobias Lintz: Wir haben letzte Woche erst einen ganzen Kleiderständer mit Klamotten abgehängt im Unter Deck, der war gestern, als ich da war, schon wieder voll.

Warum passiert das so häufig?

Je später der Abend, desto mehr bleibt liegen. Das ist eine Grundregel im Barbetrieb. Und da das Holy Home oder das Unter Deck eben Lokale sind, die oft als letzte Station angesteuert werden, bleibt hier auch besonders viel übrig.

Was denn zum Beispiel?

Handys, Geldbeutel, Schlüssel. Die Nummer eins sind Schals. Da habe ich das Gefühl, dass das in München eher ein Durchlaufposten ist. Allerdings hat auch schon mal jemand seine Schuhe dagelassen.

Um nicht zu merken, dass man barfuß heimgeht, muss man eine Menge trinken.

Stimmt. Aber in den Clubs gehen im tiefsten Winter auch Leute ohne Jacke nach Hause. Aber was ich noch irrer finde: Manche lassen ihre Wertsachen wie Handy und Geldbeutel einfach an unbewachten Garderoben in ihren Jacken.

Und kommen am nächsten Morgen angerannt?

Von wegen. Manche schon. Aber zum Teil bleiben Sachen liegen und kein Mensch holt sie ab. Ich hatte mal eine wunderschöne Ledertasche mit Dokumenten und einem Schlüssel bei uns, allerdings stand nirgendwo ein Name.

Sie recherchieren den Gästen hinterher?

Manchmal. Ich habe in dem Fall dann über eine Visitenkarte eines Zahnarztes die Person ausfindig gemacht. Die Frau war unglaublich erleichtert und hat eine schöne Karte geschrieben.

Warum hat sie die Tasche nicht abgeholt?

Was glauben Sie, wie viele Menschen am nächsten Morgen nicht mehr wissen, in welchem Club oder in welcher Bar sie als Letztes waren.

Was wird noch liegen gelassen?

Cowboystiefel, manche lassen auch ihren Einkauf stehen. Die gehen nach der Arbeit einkaufen, denken sich auf dem Rückweg: Komm, ein Bier nehme ich noch. Dann versumpfen sie und vergessen am Ende die volle Tüte mit Lebensmitteln.

Schirme?

Und wie! Die ganze Schirmindustrie lebt davon. Kommt gleich nach Schals und Mützen im Vergessen-Ranking.

Was passiert mit den Geldbeuteln?

Wir haben die mal gesammelt und dann 30 Stück zur Polizei gebracht. Die waren gar nicht erfreut darüber. Das war ein riesiger Aufwand für die. Sie haben uns dann zu verstehen gegeben, dass wir das doch vielleicht eher lassen könnten. Seitdem geben wir die in die Post. Ich glaube, dass die Post verpflichtet ist, die zuzustellen.

Sie heben die Dinge also auf, wie lange?

Handys mindestens zwei Jahre. Klamotten erst einmal drei Monate, dann kommen sie in große Müllsäcke und nach sechs Monaten zur Diakonie. Mit Sicherheit waren das insgesamt schon hundert. In vier Jahren Unter Deck alleine schon 20. Aber das geht allen im Nachtleben so.

Ein Barkeeper sagte: Häufig werden Frauen vergessen ...

Das stimmt. Regelmäßig gehen Männer, wenn sie zu viel getrunken haben, einfach nach Hause und denken nicht mehr an ihre Begleitung. Aber das ist bei Frauen nicht anders. Die vergessen auch nicht nur ihren Schal, sondern auch ihren Mann.

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