Kurse für Flüchtlinge:Millionen wohl einfach "verpufft"

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Der Bundesrechnungshof rügt die Organisation von Deutschkursen durch die Bundesagentur für Arbeit.

Von Paul Munzinger, München

Der Bundesrechnungshof hat der Bundesagentur für Arbeit (BA) schwere Mängel bei der Organisation von Deutschkursen für Flüchtlinge vorgeworfen. Die BA habe es versäumt, die Kurse, die sie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 ins Leben gerufen hatte, mit einem Mindestmaß an Regelungen zu versehen, heißt es in einem Prüfbericht. Der NDR hatte zuerst darüber berichtet. In der Folge sei es zu Unstimmigkeiten bei den Abrechnungen gekommen sowie zu teilweise erheblichen Qualitätsmängeln. Zahlreiche Flüchtlinge seien den Kursen ferngeblieben. Ein guter Teil der eingesetzten Mittel sei "de facto ins Leere" gelaufen, kritisiert der Bundesrechnungshof. Die Wirksamkeit der Einstiegskurse sei "zumindest zweifelhaft".

Der Vorwurf: Arbeitsagentur hat zwar Kriterien formuliert, sie aber nicht angewendet

Eine Änderung des Asylrechts ermöglichte es der BA, achtwöchige Einsteiger-Sprachkurse für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive zu fördern, also ausschließlich für Menschen aus Syrien, Eritrea, dem Irak und Iran. Die Kurse durften spätestens am 31. Dezember 2015 beginnen. Die BA rechnete mit bis zu 100 000 Teilnehmern und Kosten zwischen 54 und 121 Millionen Euro. Angemeldet wurden schließlich 232 427 Teilnehmer, die Kosten dürften sich dem Bericht zufolge auf bis zu 400 Millionen Euro belaufen. Es sei davon auszugehen, dass ein Großteil dieses Geldes "verpuffte", kritisiert der Bericht.

Die Bundesagentur für Arbeit habe für die Umsetzung der Kurse zwar Kriterien formuliert, sie habe auf deren Anwendung aber dann im Sinne einer "Soforthilfe" verzichtet. So habe sie den Trägern keine Vorgaben zum Alter der Teilnehmer gemacht, auch Kinder hätten an den Kursen teilgenommen. Auch seien die Träger nicht verpflichtet worden, Anwesenheitslisten zu führen oder einen Kostenplan vorzulegen. Bei der Prüfung habe sich ergeben, dass einzelne Teilnehmer doppelt abgerechnet worden seien. Das Lernmaterial sei teils in schlechtem Zustand gewesen, einer der Kurse habe in einer Kantine stattgefunden. "Die Kurse waren geprägt von schwindenden Teilnehmerzahlen oder wurden sogar vorzeitig ganz abgebrochen", kritisierte Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs. Weit überwiegend habe die BA mit bekannten Trägern zusammengearbeitet, also etwa Volkshochschulen oder Goethe-Instituten. Je nach Region aber, so ist dem Bericht zu entnehmen, sei etwa ein Viertel der Träger nicht zertifiziert gewesen.

Es sei darum gegangen, schnell und unbürokratisch zu helfen, sagte ein Sprecher der BA der SZ. Reguläre Ausschreibungen dauerten mehrere Monate, "dann hätte sich der Zweck der Maßnahmen von selbst erledigt." Im Bericht des Rechnungshofs heißt es dazu, "eine ,unbürokratische' Umsetzung in diesem Sinn" stehe nicht mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung in Einklang.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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