USA:"Die Kohle kommt nicht in die USA zurück"

  • Trump hat mit einem Dekret den Klimaschutzplan der Obama-Regierung außer Kraft gesetzt.
  • Von der Umkehr verspricht sich der US-Präsident mehr Jobs in der Kohleindustrie.
  • Experten halten das für unwahrscheinlich, weil es mehrere günstigere Energie-Alternativen gibt - und warnen vor den fatalen Folgen hoher CO2-Emissionen.

Von Beate Wild, New Orleans

Am Ende sind es zwei Bundesstaaten, die nicht einfach klein beigeben wollen. In einer gemeinsamen Erklärung geben die Gouverneure von Kalifornien und New York bekannt, dass sie dem Klimawandel auch weiterhin entgegentreten werden - mit oder ohne Washington.

Die Entscheidung, gegen die sich ihr Protest richtet, war kurz zuvor bekannt worden. Per Erlass hatte Donald Trump am Dienstagabend deutscher Zeit den sogenannten "Clean Power Plan" der Obama-Regierung außer Kraft gesetzt, der Zielvorgaben für die Senkung von CO2-Emissionen bei Kohlekraftwerken regelt.

Die Reaktionen, die folgten, waren wenig überraschend. Vertreter der Kohleindustrie priesen das Dekret, Umweltschützer und Wissenschaftler warnten vor den fatalen Folgen für Umwelt und Mensch, und meinten damit nicht nur die globale Erderwärmung. "Schätzungen variieren, aber etwa 10 000 vorzeitige Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs könnten jährlich verhindert werden, wenn die Emissionsreduktionen des Clear Power Plans erfüllt würden", sagt zum Beispiel der Energie-Experte Mark Barteau von der Universität Michigan.

"Ein Angriff auf amerikanische Werte", schreibt ein Forscher

Tom Steyer, Präsident der Umweltorganistation NexGen Climate, empört sich in einer öffentlichen Stellungnahme, Trump zerstöre bewusst Programme, "die unsere Luft und unser Wasser schützen". Und das alles nur, "um den Verschmutzer-Firmen zu ermöglichen, auf unsere Kosten Profit zu machen". Sein Handeln sei ein "Angriff auf amerikanische Werte" und gefährde "die Gesundheit, die Sicherheit und den Wohlstand jedes Amerikaners".

Treibende Kraft hinter dem Dekret für "Energie-Unabhängigkeit" ist der Klima-Skeptiker Scott Pruitt, den Trump ausgerechnet als Umweltminister eingesetzt hat. Dieser hatte schon in seiner vorherigen Position als Justizminister von Oklahoma zusammen mit anderen Staaten gegen den "Clear Power Plan" geklagt.

Trump, der mit der Entscheidung eines seiner Wahlversprechen umsetzt, will damit nach eigener Aussage den "Krieg gegen die Kohle" beenden. "Regulierungen, die Arbeitsplätze vernichten", gehörten der Vergangenheit an, so sein Versprechen. Allerdings ist fraglich, ob das Dekret tatsächlich Kohle-Arbeitsplätze zurückbringen wird.

"Erdgas ist reichlich zu geringen Kosten vorhanden und zahlreiche Bundesstaaten verwenden es zunehmend als Alternative zu Kohle", erklärt etwa der Umweltschutz- und Energieexperte Barry Rabe, der an der Ford School of Public Policy lehrt. Selbst Öl, das mit der umstrittenen Methode des sogenannten "Fracking" produziert werde, sei wesentlich billiger als Kohle. "Außerdem haben erneuerbare Energien eindeutig politischen Rückenwind, auch in vielen republikanischen Bundesstaaten. Also ist es nicht ganz sicher, dass wir die Richtung umkehren."

Kalifornien und New York halten am Ausbau ihrer Klimaziele fest

Obamas Regelwerk zum Klimaschutz war von Anfang an umstritten. Nach Klagen mehrerer Bundesstaaten wurde es bereits im Februar 2016 - also schon lange vor Präsident Trump - vom Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der USA, vorübergehend blockiert und befand sich seither im Wartezustand. Mit dem neuen Erlass schafft Trump nun Tatsachen - und den Klimaschutzplan einfach ab.

Unklar ist, was das für die Emissionen des Stromsektors bedeutet. "Dies wird weitgehend von einzelnen Staaten entschieden, da sie die zukünftige Energieentwicklung planen", sagt Umweltschutzexperte Rabe.

Doch es gibt auch Bundesstaaten, die trotz Trumps Anti-Klima-Agenda am Ausbau erneuerbarer Energien festhalten wollen. Kalifornien und New York etwa wollen bis 2030 die Hälfte ihrer Energie aus sauberen Quellen zu beziehen.

Im Jahr 2017 auf die Kohle als Zukunftsindustrie zu setzen, hält auch Energie-Experte Barteau für einen Fehler. "Die Kohle kommt nicht in die USA zurück", ist er sich sicher. Die Beteuerungen der Energieindustrie, auf "saubere Kohle" zu setzen und dadurch den Schaden für die Umwelt gering zu halten, sieht der Experte mit gemischten Gefühlen. CO2-Emissionen zu reduzieren, sei zwar möglich, aber teuer. "Man kann nicht beides haben - saubere und billige Kohle."

Einige befürchten, dass es für eine Umkehr des Klimawandels schon zu spät ist

Einige Umweltorganisationen haben bereits rechtliche Schritte gegen die Regierung angekündigt, auch wenn das Dekret wohl kaum einen überraschte. Bereits 2012 hatte der jetzige Präsident den Klimawandel als "Hoax", als Falschmeldung, bezeichnet und getwittert: "Das Konzept der globalen Erwärmung wurde von und für die Chinesen geschaffen, um US-Produktion nicht wettbewerbsfähig zu machen."

Für Wissenschaftler wie Barteau ist das unverständlich. "Nicht nur, dass es kein 'Hoax' ist. Die Beweise für signifikante menschliche Beiträge zum Klimawandel haben sich sogar vermehrt, seit er diese Bemerkung zum ersten Mal gemacht hat. Es ist ein dringendes globales Problem und wir sind bereits zu spät dran, um es zu lösen."

Durch Trumps Dekret werde der Schritt hin zu alternativen Energien für die USA noch schwerer zu gehen sein. "Die Trump-Regierung verringert dadurch den Druck, sich weiter in Richtung saubere, erneuerbare Energiequellen wie Wind und Solar zu bewegen", sagt Barteau.

Ein Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 wird zwar in Trumps Dekret nicht explizit erwähnt, gilt aber als wahrscheinlich. Wenn sich die USA nicht freiwillig verpflichten, die CO2-Emissionen von Kraftwerken zu senken, wird das Land die Vorgaben der Pariser Klimaziele kaum einhalten können. Sollte es soweit kommen, sei das eine "globale Tragödie", sagt Barteau. "Das Problem ist dringend, schwierig und es braucht die USA, die an vorderster Front kämpfen. Wir brauchen die ganze Welt an Bord", appelliert der Wissenschaftler.

Der Rückzug der USA ist auch ein moralisches Problem

Sollten sich die USA tatsächlich zurückziehen, sei das auch ein moralisches Problem, sagt Barteau. Die Erste-Welt-Nationen, darunter auch die USA, seien verantwortlich für die CO2-Verschmutzung. Der hohe Ausstoß sei der "Preis" für ihren Fortschritt. Wenn nun aber die Industrienationen so weitermachten wie bisher, würden vor allem die ärmeren Nationen, die nicht an dem Wohlstand partizipieren, darunter leiden. Vielerorts fehlten finanzielle und technische Möglichkeiten, um sich an den Klimawandel anzupassen, steigende Meeresspiegel und Dürre seien die Folgen.

"Aber dieses Verhaltensmuster steht im Einklang mit Trumps Handeln als Geschäftsmann - Schulden durch eine Konkurserklärung auszuweichen und sich zu weigern, den Lieferanten zu zahlen, was man ihnen schuldet", kommentiert Barteau. "Unseren Schulden an den Planeten können wir leider nicht so leicht ausweichen."

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