Altstadt:Mühsamer Parcours

Lesezeit: 2 min

Die Innenstadt ist für behinderte Menschen alles andere als barrierefrei. Auf einem Fachtag wurden die Hindernisse erörtert

Von Ulrike Steinbacher, Altstadt

So ein Stadtbummel ist eine feine Sache, wenn man gut zu Fuß ist. Doch wer sich mit dem Laufen schwer tut, wer den knappen Kilometer zwischen Stachus und Marienplatz nur mühsam bewältigt, wer im Rollstuhl sitzt oder schlecht sieht oder hört, der wird sich genau überlegen, ob er wirklich in die Stadt fährt. Weil Behinderte all die Barrieren, vor denen sie regelmäßig stehen, selbst am besten kennen, hat das Sozialreferat jetzt erstmals einen Fachtag veranstaltet, bei dem Probleme benannt und Lösungen gesucht wurden. "Mobilität für alle - wie erreichbar ist die Innenstadt?" lautete der Titel. Vertreter von Behindertenverbänden, Stadträte aller Fraktionen und Mitarbeiter der Verwaltung nahmen daran teil.

"Anfänglich denkt man ja, der Marienplatz, das ist doch a gmahde Wiesn", fasst Oswald Utz, der Behindertenbeauftragte der Stadt, die Haltung zusammen, mit der gesunde Menschen an das Thema herantreten: U-Bahn, S-Bahn, Busse - ist doch alles da. Doch ein Rollstuhlfahrer werde sich zweimal überlegen, ob er in die U-Bahn steigt. Denn "wenn ein einziger Aufzug in der Kette nicht funktioniert, dann hänge ich da unten fest". Der Bus sei kaum eine Alternative, seit er nicht mehr zum Marienplatz fährt. "Also muss ich ins Tal. Das ist aber schon ziemlich weit weg. Und zum Marienplatz geht es bergauf."

Bernhard Claus und Peter Kühlein schilderten beim Fachtag die Probleme von Blinden und Sehbehinderten. Sie lobten gute Ansätze des unterirdischen Leitsystems im U- und S-Bahnhof, kritisierten aber dass die Orientierungsstreifen oberirdisch oft mit Mülleimern, Blumenkästen oder Werbetafeln zugestellt sind. Gehörlose und Hörbehinderte wiederum haben eher im Untergrund zu kämpfen, wie Cornelia von Pappenheim und Michael Hutter darstellten. Durchsagen vom Band seien nicht zu verstehen, die Mitarbeiter an den Infoschaltern oft ebenso wenig, weil die Glasscheibe das Lippenlesen erschwere. Besonders schwer, sagt Oswald Utz, haben es aber alle, die Probleme mit dem Gehen haben und "noch nicht im Rollstuhl sitzen". Wer an Krücken oder mit Rollator unterwegs ist, für den ist die Fußgängerzone schlicht zu weitläufig. Und weil Autos und Busse immer weiter an den Rand gedrängt würden, werde die Innenstadt gerade für diese Menschen zur "No-go-Area".

Doch die Fachtag-Teilnehmer haben "nicht nur gejammert", berichtet Utz. Sie suchten auch Lösungen. Ein Vorschlag lautete, in der Nähe des Marienplatzes für Gehbehinderte einen kleinen Verleih für Elektro-Scooter einzurichten. Am Mittwoch haben Stadträte von CSU und SPD ein solches Pilotprojekt beantragt, Vorbild ist die Partnerstadt Edinburgh. Als Standort brachten sie das Dienstgebäude an der Burgstraße 4 ins Gespräch. Außerdem, sagt Utz, müssten noch deutlich mehr Stühle und Bänke in der Fußgängerzone aufgestellt werden. Dies komme ja nicht nur Behinderten zugute, auch Senioren oder Mütter mit Kinderwagen würden davon profitieren. "Und allen gefällt es, wenn sie mal irgendwo verweilen können."

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: