Nahostkonflikt:Israel schützt sich mit "Davids Schleuder" gegen Raketenangriffe

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Das Raketenabwehrsystem "David's Sling" soll Raketen mit einer Reichweite von 70 bis 300 Kilometern abfangen. (Foto: AP)
  • Das neue System "David's Sling" schließt eine vermeintlich letzte Lücke im Abwehrschild - zwischen dem "Iron Dome" und dem "Arrow"-Abwehrsystem.
  • Iron Dome war im Gaza-Krieg 2012 erstmals zum Einsatz gekommen.
  • Das israelische Verteidigungsministerium gibt seine Trefferquote mit 90 Prozent an.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Mit einer neuen Raketenbatterie im Rücken hat Premierminister Benjamin Netanjahu eine eindringliche Warnung an alle Feinde Israels geschickt: "Wer immer versucht, uns anzugreifen, wird geschlagen werden", sagte er, "wer unsere Existenz bedroht, bringt sich selbst in existenzielle Gefahr."

Markige Worte sind das, denn es sollte natürlich eine Botschaft der Stärke ausgehen vom Hatzor-Luftwaffenstützpunkt nahe Aschdod. Denn hier ist nun das neue Raketenabwehrsystem namens "David's Sling" offiziell und feierlich in Betrieb genommen worden. "Israel", so versicherte Netanjahu, "wird weiter den Fußspuren des Königs David folgen, der das jüdische Volk schon vor 3000 Jahren beschützt hat."

Die neuzeitliche Schleuder des David, die als israelisch-amerikanisches Kooperationsprojekt entwickelt wurde, soll Raketen mit einer Reichweite von 70 bis 300 Kilometern abfangen. Gerichtet ist sie vor allem auf die Arsenale der in Libanon beheimateten schiitischen Hisbollah-Miliz.

Das neue System schließt eine vermeintlich letzte Lücke im Abwehrschild - zwischen dem "Iron Dome", an dessen Eiserner Kuppel die Kurzstreckenraketen der Hamas abprallen sollen, und dem " Arrow"-Abwehrsystem, das gegen Langstreckenraketen zum Beispiel aus Iran schützen soll.

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Mit enormem finanziellen Aufwand und großzügiger Unterstützung aus den USA sichert sich Israel gegen Raketenangriffe nun mit einem dreistufigen Abwehrsystem ab. Begonnen hatte diese Entwicklung Anfang der Neunzigerjahre. Angetrieben wurde sie vom Schock über die Scud-Raketen, die der irakische Diktator Saddam Hussein 1991 auf Tel Aviv abfeuert hatte.

Iron Dome war im Gaza-Krieg 2012 erstmals zum Einsatz gekommen

Auch der Libanonkrieg 2006, in dem die Hisbollah Israels Norden mit Raketen eindeckte, bestätigte den Bedarf an neuen Abwehrsystemen. Iron Dome war im Gaza-Krieg 2012 erstmals zum Einsatz gekommen und hat im folgenden Krieg 2014 seine Feuertaufe bestanden. Das israelische Verteidigungsministerium gibt die Trefferquote mit 90 Prozent an. Das Arrow-System war erst im vergangenen Monat erfolgreich eingesetzt worden, nachdem Syrien als Antwort auf einen israelischen Luftangriff eine Rakete abgefeuert hatte.

Die Raketenabwehrsysteme können die Dynamik des Krieges mehr verändern als jede Angriffswaffe. Zum einen halten sie Israels Opferzahlen gering, was potenziell Druck von der Regierung zum härteren Vorgehen nimmt und damit eine Eskalation begrenzen könnte. Zum andern aber bergen sie auch die Gefahr, ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, das zu leichtsinnigen Aktionen verleiten könnte.

Einer der größten Schwachpunkte der Abwehrsysteme sind die enorm hohen Kosten. So soll die Unterbrechung einer Kurzstreckenraketen durch Iron Dome umgerechnet rund 45 000 Euro kosten. Bei David's Sling werden die Kosten eines einzigen Abschusses auf bis zu einer Million Euro beziffert. Im Arrow-System sind es mehr als zwei Millionen Euro.

Zudem besteht die Gefahr, dass sich die Gegner auf das Abwehrsystem einstellen. So warnte das israelische Heimatfront-Kommando kürzlich, dass die Hisbollah in einem kommenden Krieg bis zu tausend Raketen am Tag auf Israel abschießen und so die Abwehrsysteme überfordern könnten. Israel vermutet 100 000 Raketen in den Händen der von Iran geförderten Hisbollah. Auch die Gefahr eines Zwei-Fronten-Kriegs besteht, etliche Tausend Raketen in den Arsenalen der Hamas im Gazastreifen könnten zum Einsatz kommen.

Das Internet-Portal Times of Israel zitiert Tzvika Chaimovich, Chef der militärischen Luftabwehr mit der Warnung: "Es ist nie genug." Auch die dreistufige Raketenabwehr sei "nicht hermetisch". Immerhin aber sei Israel seinen Feinden "einen Schritt voraus".

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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