Geldwäsche:So will Schäuble die Schwarzgeld-Flut stoppen

Geldwäsche: Die Bundesländer haben nur 50 Schwarzgeldkontrolleure. Finanzminister Schäuble will sie mit einer neuen Einheit unterstützen.

Die Bundesländer haben nur 50 Schwarzgeldkontrolleure. Finanzminister Schäuble will sie mit einer neuen Einheit unterstützen.

(Foto: AFP)
  • Deutschland gilt in Europa als das Land mit dem größten Schwarzgeldmarkt. Das Geldwäschevolumen jenseits von Finanzgeschäften wird auf mehr als 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
  • Trotzdem beschäftigen alle Bundesländer zusammen nur 50 Schwarzgeldkontrolleure. Eine neue Einheit soll ihnen nun helfen.

Von Jan Bielicki, Köln, und Cerstin Gammelin, Berlin

Den Stoßzahn eines Elefanten haben sie aufgebaut im Terminal der Bundeswehr-Flugbereitschaft am Kölner Flughafen. Außerdem einen Tisch voller Gewehre und Pistolen, Säcke voller bunter Aufputschpillen - alles Dinge, die der Zoll im vergangenen Jahr aus dem Verkehr gezogen hat. Geldscheine sind nicht zu sehen. Doch gerade um Geld, genauer gesagt um schmutziges Geld, geht es Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor allem. Er ist zur Jahresbilanz des Zolls eingeflogen, um seine neue Truppe für den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung vorzustellen.

Wie bitter nötig diese Truppe ist, zeigen die schlichten Fakten. Deutschland gilt in Europa als das Land mit dem größten Schwarzgeldmarkt. Das Geldwäschevolumen, jenseits von Finanzgeschäften, aber einschließlich Gastronomie und Glücksspiel, wird auf mehr als 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Das haben Gutachter im Auftrag des Bundesfinanzministeriums in einer Studie ermittelt - und zugleich doppelt Alarm geschlagen. Deutschland ziehe aufgrund seiner Attraktivität als Wirtschaftsstandort besonders viele Geldwäscher an, auch aus dem Ausland.

Und obwohl das Ausmaß der Geldwäsche riesig sei, hätten die Delinquenten "ein zu geringes Entdeckungsrisiko". Schuld daran sind Spezialitäten in der deutschen Gesetzgebung wie etwa das Steuergeheimnis für Rechtsanwälte und Notare, aber auch dünn besetzte Verwaltungen. Alle Bundesländer zusammen beschäftigten nur etwa 50 Schwarzgeldkontrolleure. Das sind nicht einmal zwei Kontrolleure pro einer Million Einwohner.

Die wenigen Kontrolleure sollen nun Unterstützung bekommen vom Bund, jedenfalls ein bisschen. Mit 100 Frauen und Männern soll die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen - Financial Intelligence Unit (FIU) - am 1. Juli ihre Jagd auf Geldwäscher aufnehmen. Im nächsten Jahr soll sie schon 165 Ermittler, Finanzanalysten, Wirtschaftswissenschaftler und andere Mitarbeiter umfassen, die vor allen Daten mit europäischen Partnerländern austauschen. "Wir bringen mehr Licht ins Dunkel illegaler Geldströme", sagt Schäuble, der auch Dienstherr über den Zoll ist.

Bisher geht eine Abteilung des Bundeskriminalamts (BKA) mit 25 Beamten der Aufgabe nach, Meldungen über verdächtige Finanztransaktionen entgegenzunehmen, zu sammeln und zu analysieren. Mit der neuen Stelle und der Expertise des Zolls werde Deutschland bei der Bekämpfung der Geldwäsche künftig "noch besser und schlagfertiger" und auch "ein Stück weit noch effizienter" sein, sagte Schäuble.

Die neuen Finanzermittler, die künftig zum Zollkriminalamt in Köln gehören, sollen Verdachtsmeldungen prüfen und aufarbeiten. Banken und Finanzdienstleister, aber auch Spielbanken, Immobilienmakler, Juweliere, Autohäuser, Jachtverkäufer und andere sogenannte Güterhändler, die mit hochpreisigen Waren handeln, sind gesetzlich verpflichtet, verdächtige Transaktionen zu melden, insbesondere wenn größere Summen Bargeld im Spiel sind.

Diese zur Meldung Verpflichteten solle die neue Stelle "sensibilisieren", so Schäuble. Sollte sich aber der Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorfinanzierung nach Sichtung und Prüfung durch die neuen Experten verdichten, sollen diese die Strafverfolgungsbehörden einschalten. Indem die Staatsanwaltschaften auf diese Weise "nur noch werthaltige und angereicherte Fälle" erhielten, würden auch sie entlastet, sagte Schäuble.

Die neue Truppe ist auch eine Reaktion auf wachsende Kritik aus dem Ausland, die Deutschland vorwirft, bislang zu lax gegen Geldwäsche vorzugehen - einer Form der organisierten Kriminalität, die rasant wächst. Wurden 2013 erst 20 000 Verdachtsfälle gemeldet, waren es 2015 schon 30 000, das ist eine Steigerung um 50 Prozent. Die schleppende Umsetzung von Geldwäschevorschriften hat der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren gleich zwei EU-Vertragsverletzungsverfahren eingebracht. Noch im Jahr 2014 stand die Drohung im Raum, Deutschland auch wegen unzureichender Vorkehrungen gegen Terrorismusfinanzierung als Hochrisikoland zu behandeln. Bis zuletzt wehrte sich Schäuble dagegen, Unternehmensregister einzuführen. Diese Register listen die wahren wirtschaftlich Berechtigten von Firmen auf und enttarnen damit von Strohmännern geleitete Briefkastenfirmen. Inzwischen hat die Regierung mit verschärften Gesetzen reagiert.

Wer Geld über Wohnungskäufe waschen will, hat leichtes Spiel

Der Bundesfinanzminister macht für die international gerügten Mängel in der Geldwäsche-Bekämpfung vor allem den "geringen Vollzug" durch die Bundesländer verantwortlich. Diese sind für Geldwäsche-Kontrollen bei Gewerbebetrieben zuständig - und haben diese Aufgabe vielerorts der kommunalen Gewerbeaufsicht übertragen. So finden sich in manchen Städten die Geldwäsche-Kontrolleure in derselben Abteilung wie Kollegen, die Bissvorfälle mit Hunden untersuchen. Es könne leicht sein, so Schäuble spöttisch, dass Geldwäsche "dort nicht die Priorität hat, die ihr heute zukommt".

In Bayern etwa wurde in den Jahren 2010 bis 2013 kein einziger Makler kontrolliert. In Berlin, wo die Wohnungspreise extrem steigen und 2500 Maklerbetriebe registriert sind, schwanken die Angaben zwischen einer und 55 Kontrollen - jährlich. Wer Geld über Wohnungskäufe waschen will, hat leichtes Spiel. Er muss nur einen Notar finden, der einen Koffer mit Bargeld als Bezahlung akzeptiert. Auch die italienische Mafia hat Deutschland schätzen gelernt. Sie nutzt Restaurants zur Geldwäsche aus Drogengeschäften. Ist es gelungen, das Geld in den normalen Wirtschaftskreislauf einzuspeisen, profitieren auch Geldwäscher von der deutschen Rechtssicherheit. Und ganz am Ende profitieren sogar die staatlichen Kassen - über zusätzliche Steuereinnahmen.

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