Franken:"Reichsbürger" wegen Polizistenmordes angeklagt

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  • Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat Mordanklage gegen den mutmaßlichen Todesschützen von Georgensgmünd erhoben.
  • Bei der Razzia kam ein Polizist ums Leben, drei weitere wurden verletzt.
  • Angeklagt wird auch ein Polizeibeamter. Nach Überzeugung der Anklage hätte der Beamte die Schüsse verhindern können.

Knapp ein halbes Jahr nach den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten im fränkischen Georgensgmünd hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen Todesschützen erhoben. Wolfgang P., der zu den so genannten "Reichsbürgern" gehören soll", werden unter anderem Mord und versuchter Mord vorgeworfen, wie wie die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mitteilte.

Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hatte dem Mann im Oktober wegen dessen staatsfeindlicher Gesinnung im fränkischen Georgensgmünd seine legal erworbenen Waffen abnehmen wollen. Wolfgang P. besaß insgesamt 31 Waffen.

Beim Sturm auf sein Haus eröffnete P. das Feuer. Er gab aus einem Hinterhalt elf Schüsse durch die geschlossene und teilverglaste Wohnungstüre auf die Beamten ab. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er die Polizisten dabei töten oder zumindest verletzen wollte.

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Bei dem Angriff erlitt ein 32 Jahre alter SEK-Beamter eine Schussverletzung am rechten Ellenbogen, eine weitere Kugel drang über die Schulter in die Lunge ein. Dies führte zu einer Sauerstoffunterversorgung, an der der Polizist verstarb. Ein weiterer Polizist wurde bei dem Einsatz schwer, zwei Beamte wurden leicht verletzt.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft rechnete P. mit dem Polizeieinsatz und war entsprechend vorbereitet. Sie geht deswegen vom Vorliegen der Mordmerkmale Heimtücke und niedere Beweggründe aus.

Die Staatsanwaltschaft erhebt zudem Anklage gegen einen Polizeibeamten: Er soll vom Waffenbesitz des Mannes und dessen Kontakten zu Gleichgesinnten gewusst, aber nichts unternommen haben. Der beschuldigte Kommissar ist seit Mitte November vom Dienst suspendiert. Er soll schon vor dem tödlichen Einsatz per Handy-Chat Verbindungen zu dem "Reichsbürger" unterhalten haben.

Laut Staatsanwaltschaft war der 51-jährige Beamte dazu verpflichtet, seine Erkenntnisse zu melden. Dadurch hätte die Schießerei womöglich verhindert werden können. Da der Beamte die Tötung seines Kollegen nicht billigend in Kauf genommen habe, wird ihm jedoch nur Fahrlässigkeit zur Last gelegt.

Der mutmaßliche Todesschütze Wolfgang P. soll sich zu den "Reichsbürgern" zählen. Diese erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Die Bewegung wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der "Reichsbürger"-Bewegung etwa 10 000 Menschen zu. Seit dem Vorfall in Georgensgmünd hatte es bundesweit zahlreiche Razzien gegeben. Dutzende Verdächtige wurden entwaffnet.

© SZ.de/mmo/dpa/afp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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