Feldmoching:Der Protest formiert sich

Weizenfeld bei Feldmoching, 2017

Wohnungen statt Weizenfelder: Die Pläne der Stadt für den Norden entfachen Diskussionen.

(Foto: Florian Peljak)

Die Bürgerinitiative "Heimatboden München" lehnt die städtischen Siedlungs-Pläne für den Norden ab

Von Simon Schramm, Feldmoching

Im Münchner Norden regt sich Widerstand gegen den Plan der Stadt, eine etwa 900 Hektar große Fläche zwischen den Vierteln Ludwigsfeld, Feldmoching und der Fasanerie-Nord auf eine mögliche Bebauung hin zu untersuchen. In dieser Woche haben sich Anwohner zur Bürgerinitiative "Heimatboden München" zusammengeschlossen, um die Umsetzung der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Norden der Stadt zu stoppen. Die Initiative gibt an, bisher etwa 220 Grundstückseigentümer und Bewohner zu vertreten, die eine Fläche von rund 360 Hektar im Umgriff repräsentierten. Die Bürgerinitiative lässt sich rechtlich vom Juristen Benno Ziegler beraten, der auch Eigentümer im Münchner Nordosten als Mandanten hat, wo ebenfalls eine SEM entwickelt wird. Die Bürgerinitiative will zunächst dem Stadtrat darlegen, aus welchen Gründen ihre Mitglieder die SEM ablehnen und darauf hinwirken, dass der Stadtrat den für Anfang Mai angepeilten Beschluss verschiebt, der das Prüfungsverfahren einleiten soll.

Die Initiative kritisiert, dass die Pläne bei den Bewohnern Unsicherheit auslösten, wie sich das Verfahren auswirken werde. Weil die SEM ein besonderer baurechtlicher Schritt ist, ist mit Bekanntgabe der Maßnahme der Bodenpreis im betroffenen Gebiet eingefroren, um Spekulation zu verhindern. Wenn die Maßnahme vollzogen wird, muss die Stadt eine Einigung mit betroffenen Eigentümern finden, auf deren Grundstück womöglich gebaut werden soll - im äußersten Fall ist sogar eine Enteignung möglich. "Die Stadt baut so eine Drohkulisse auf, um mit den Eigentümern zur Einigung zu kommen", sagt Rechtsanwalt Ziegler, über den Bewohnern hänge ein Damoklesschwert.

Die Initiative spricht sich nicht vollständig gegen eine Bebauung im Münchner Norden aus, sondern plädiert für das Verfahren der Sozialgerechten Bodennutzung (Sobon) auf bestimmten Flächen. "Mit der Sobon entsteht zeitnah und rechtssicher Wohnraum", sagt Rechtsanwalt Ziegler. Er bemängelt, dass die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ein unsicheres Verfahren sei. "Die Stadt hat noch nie eine SEM zu Ende geführt." Wenn der entsprechende Satzungsbeschluss für die SEM nicht zustande komme, hätte die Stadt etwa 15 Jahre an Planungszeit verloren. Ziegler: "Wir wollen ein realistisches Konzept."

Der Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl dagegen ringt noch mit der Frage, welche Haltung er in Sachen SEM vertreten will. Nun wollen die Stadtteilvertreter in einer Sondersitzung eine Stellungnahme beraten, noch vor der Stadtratssitzung über den Einleitungsbeschluss. "Wir wollen die Stadträte wissen lassen, welche Meinung wir zur SEM haben", sagte Lokalpolitiker Rainer Großmann (CSU) in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses. Der Ortsverband der CSU pocht darauf, sich zu äußern, weil im Einleitungsbeschluss keine Anhörung des Bürgergremiums vorgesehen sei.

Geht es nach der CSU aus Feldmoching, soll der Bezirksausschuss die SEM ablehnen. Der Umgriff umfasst viele landwirtschaftliche Flächen im Stadtbezirk. Großmann sagte, dass mit der SEM die Existenzgrundlage der Landwirte und Gärtner bedroht sei. "Die Betriebe aufrecht zu erhalten, ist mit einer Satzung der SEM nicht möglich." Weil es dann offen sei, was in Zukunft mit den Flächen geschehe, wären die Betriebe in ihrer Entwicklung gehindert, etwa wenn sie Grundstücke erwerben oder tauschen wollten.

Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Markus Auerbach (SPD) stimmte dem Argument zu. "Die Landwirte können auch keine Kredite aufnehmen. Wir sind aber noch in einer Situation, in der wir noch nicht wissen, was geschehen wird"; es sei derzeit noch völlig unklar, welche Flächen tatsächlich bebaut würden.

Die Feldmochinger CSU erkennt derzeit auch nicht, wie das Gebiet erschlossen werden soll, bei einem prognostizierten Zuzug von möglicherweise 30 000 bis 40 000 Menschen. Sowohl für das U- als auch das S-Bahn-Netz im Norden sei kein Ausbau geplant, merkte Großmann an, und das Budget der Stadt sei für die nächsten 20 Jahre schon festgelegt. In Feldmoching sind zudem bereits zwei neue Wohnquartiere geplant. Verkehrsplaner hatten in Bezug auf den Individualverkehr zugesichert, dass das Straßennetz ausreiche, um den Zuwachs aufzunehmen. Großmann stellt in Frage, ob das so bleibt, wenn weitere Siedlungen im Zuge der SEM entstehen. Auch die geplante Anbindung der Schleißheimer Straße per Tunnel an die A 99 würde, so die Kritik, vor allem den Verkehr auffangen, der durch Industrieverkehr wie etwa zum BMW-Forschungszentrum ausgelöst werde.

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