Kitas:Führen und erziehen

Kindertagesstätte Bundeswehrkrankenhaus Villa SanIgel, 2015

Spielen oder organisieren: Bei Personalmangel müssen sich die Kita-Leiterinnen manchmal entscheiden.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

Kita-Leiterinnen im Landkreis beklagen den Fachkräftemangel in ihrer Branche. Wenn Mitarbeiter ausfallen, wird die Zeit für Organisatorisches knapp.

Von Daniela Bode, Landkreis

Dienstpläne schreiben, Elterngespräche führen, am Konzept feilen. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge fehlt vielen Leitern in deutschen Kitas genau hierfür die Zeit; Führungsaufgaben bleiben auf der Strecke. Dies treffe auf mehr als jede zehnte Einrichtung in der Republik zu. Den Machern der Studie zufolge müssten den meist weiblichen Leitungskräften von Kitas aber 20 Stunden in der Woche für solche Aufgaben zur Verfügung stehen. Ein Blick auf die Einrichtungen im Landkreis München zeichnet indes ein differenzierteres Bild. Hier sagen viele Kita-Leiterinnen, sie hätten sehr wohl ausreichend Zeit zur Verfügung - je nach Größe der Einrichtung. Nur wenn im Haus Fachpersonal fehlt, wird es knapp. Oder wenn Mitarbeiter krank sind.

"Wenn wir voll besetzt wären, hätte ich Zeit für meine Leitungsaufgaben"

Katja Muhs leitet den Kindergarten am Mühlbach in Garching. Sie kann sich ihre 39 Stunden in der Woche frei einteilen: "Meiner Meinung nach ist es eine Frage der Selbstorganisation, ob eine Leiterin genügend Zeit für ihre Führungsaufgaben hat." Sie nutzte etwa die Hälfte ihrer Zeit für diesen Teil ihrer Arbeit, die andere Hälfte arbeite sie mit den Kindern, etwa in der Gruppe. Sie habe das Glück, dass sie mit neun pädagogischen Fachkräften für drei Gruppen mit je 25 Kindern personell gut ausgestattet sei. Ihrer Ansicht nach ist Flexibilität gefragt, wenn etwa Mitarbeiter krank sind. Dann hilft sie genauso in der Gruppe aus. "Phasenweise ist es hart, aber es gibt auch wieder erholsamere Phasen", sagt Muhs. Wenn es nötig ist, nimmt sie auch Arbeit mit nach Hause. "Man muss auch bereit sein, statt abends zwei Stunden fernzusehen, noch etwas zu machen."

Wie Katja Muhs kann sich auch die Leiterin eines Kindergartens in Ottobrunn ihre Zeit frei einteilen. Nur hat sie weniger Personal. "Wenn wir voll besetzt wären, hätte ich Zeit für meine Leitungsaufgaben", sagt sie. Ihr fehle eine pädagogische Fachkraft. So fühlt sie sich eigentlich ständig "in einer Doppelrolle". Das sieht dann etwa so aus, dass sie im Büro sitzt und eine Liste mit den Überstunden der Mitarbeiter schreibt, gleichzeitig sitzt ein Kind bei ihr, das kurzzeitig aus der Gruppe genommen werden musste. Dass sie so etwas wie Elterngespräche führen kann, funktioniere nur aufgrund ihrer großen Erfahrung, sagt sie. Dass immer mehr bürokratische Aufgaben dazukämen und auch die Ansprüche der Eltern immer größer würden, erschwere die Arbeit. "Es ist ein ständiges Abwägen", sagt sie. 20 Stunden für Leitungsaufgaben wären ihrer Ansicht nach das Minimum.

Das Sozialministerium sieht Gemeinden und Träger in der Pflicht

Die Bertelsmann-Studie fordert bundeseinheitliche Standards bei der Zeit für Leitungsaufgaben. Davon hält der Gesetzgeber in Bayern wenig. Das Sozialministerium hat sich bewusst gegen gesetzliche Vorgaben zur Freistellung in Kindertageseinrichtungen entschieden. "So sollen flexible und einzelfallbezogene Lösungen vor Ort ermöglicht werden", heißt es von der Pressestelle des Ministeriums. Es sei vielmehr Aufgabe der Gemeinden und Trägerverbände, wie die Leitungsaufgaben in den jeweiligen Einrichtungen verteilt werden sollten.

So flexibel wird das tatsächlich gehandhabt. Bei der Arbeiterwohlfahrt im Landkreis, die Trägerin von 22 Kitas ist, werden Leitungen freigestellt, wenn die Einrichtung mindestens sechs Gruppen hat. Bei vier Gruppen sind etwa 20 Stunden für die Leitungstätigkeit vorgesehen. "Je größer die Einrichtung ist, desto mehr Zeit gibt es für Planungsaufgaben", sagt Sabine Schroeder, Leiterin des Fachbereichs Kitas bei der Awo, "Leitung kann man nicht nebenher machen". Wenn viele krank seien, könne die Vorgabe auch nicht eingehalten werden. Um die Einrichtungen dann zu unterstützen, setze man auch Springer ein. "Was uns das Genick bricht, ist der Fachkräftemangel", sagt Schroeder.

Der Mangel an Fachkräften ist das große Problem

Ähnlich hält es die Gemeinde Oberhaching, die Träger von sechs Kinderbetreuungseinrichtungen ist. Je größer das Haus ist, desto mehr Zeit gibt es für Leitungsaufgaben. In einem Kindergarten mit drei Gruppen ist laut Nadine Felsner die Hälfte der Zeit für solche Aufgaben vorgesehen. Sie ist in der Gemeinde zuständig für die Kitas und die Trägervertretung. Wenn Mitarbeiter Urlaub hätten oder krank würden, arbeiteten die Leiter auch in der Gruppe mit. "Dann muss ein Papier eben einmal liegen bleiben", sagt Felsner. Abends noch etwas arbeiten müsse aber keiner, sagt sie. Wenn Not am Mann ist, kann ebenfalls ein Springer aushelfen. Das eigentliche Problem sieht auch sie im Mangel an Fachkräften.

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