Zum Roten Knopf:Diese Kneipe wehrt sich gegen die Gentrifizierung im Bionade-Viertel

Zum Roten Knopf: Aufgelegt werden Schallplatten. Alles außer Schlagermusik.

Aufgelegt werden Schallplatten. Alles außer Schlagermusik.

(Foto: Robert Haas)

Dass eine Bar einzieht, wenn ein Restaurant schließt, passiert in Haidhausen selten. Der "Rote Knopf" will keinen Flächenbrand in dem Stadtteil legen, aber ein bisschen zündeln schon.

Von Christian Gschwendtner

Manchmal reicht der Name einer Kneipe. Man weiß dann sofort, wo es lang geht. Die Kneipe Zum Roten Knopf in der Steinstraße ist so ein Fall. Niemand will hier einen Flächenbrand legen. Aber ein bisschen zündeln, das wollen sie schon. Der Wirt ist Christian Blau, ein alter Bekannter.

Er betreibt das Kilombo, früher in der oberen Au und heute im Westend. Und jetzt hat er eine zweite Kneipe aufgemacht, den Roten Knopf. Genau da, wo bis vor kurzem noch ein französisches Restaurant war. Für den Bionade-Stadtteil Haidhausen ist das eine nicht ganz alltägliche Nachricht. Meistens ist es hier ja umgekehrt. Die Kneipen machen zu, die Restaurants machen auf.

Blau jedenfalls hat den Ort bewusst gewählt. Er sagt, er will die Gentrifizierung aufhalten. Wie anstrengend, denkt man sich gleich. Aber im Roten Knopf geht es locker zu. Die Kneipe sieht aus wie die gemütliche Wirtshausstubn, die sie früher mal war. Die Holzvertäfelung ist gleich geblieben. Auch der Dielenboden ist der alte. Neu sind die Steh- und Nachttischlampen, die überall herumstehen.

Sie strahlen ein angenehm indirektes Licht aus. Alles ist schummrig orangefarben. Der Gast fühlt sich gleich wohl. An der Wand hängen jetzt drei alte, als Radiogeräte getarnte Lautsprecherboxen. Sie sehen aus wie Volksempfänger, sind aber von 1952. Das war's. Keine großen Veränderungen.

Auch die Karte beschränkt sich aufs Wesentliche: Es gibt eine kleine Weinauswahl (Rioja, Montepulciano, Syrah). Dazu Cocktail-Klassiker wie Gin Fizz oder Whiskey sour (8 Euro). Sie werden stärker, je länger der Abend dauert. Das Helle und das Kellerbier kommen aus Aying (je 3,60). Wer Hunger hat, kann sich am Tresen selbstgemachtes Gulasch oder Eintöpfe bestellen. Das muss reichen.

Neben dem Tresen steht ein DJ-Pult. Aufgelegt werden selbstverständlich Schallplatten. Alles außer Schlagermusik. Das ist gleich eine gute Beschreibung des Publikums. Man trifft auf Menschen, die Zigarettenmundstücke benutzen. Manche sind tätowiert, manche tragen Tracht. Die meisten sind über 35. Der Wirt sagt: "Alt trifft Jung und Gscheit trifft Dumm."

Seine Kneipe hat Blau übrigens nach Stanislaw Petrow benannt. Einem Oberst der sowjetischen Luftabwehrstreitkräfte. 1983 meldete man ihm, die Amerikaner hätten einen Nuklearangriff gestartet. Fake news, wie man heute weiß. Aber Petrow blieb locker. Er drückte den "Roten Knopf" nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: