Wahl in Frankreich:Frankreich hat die Wahl zwischen Optimismus und Wut

Lesezeit: 2 min

Gehen wohl in die Stichwahl um Frankreichs Präsidentenamt: Emmanuel Macron und Marine Le Pen (Foto: AFP)
  • Der Sozialliberale Emmanuel Macron ("En Marche!") bekommt in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl laut Hochrechungen die meisten Stimmen (23,9 Prozent).
  • Die Rechtsextreme Marine Le Pen (Front National) ist mit 21,7 Prozent aller Voraussicht nach die zweite Finalistin in der Stichwahl am 7. Mai.
  • In zwei Wochen müssen sich die Franzosen entscheiden zwischen einem Pro-Europäer, der versucht Optimismus zu verbreiten, und einer zornigen Nationalistin.

Von Lilith Volkert

Frankreichs nächster Präsident wird entweder ein 39-jähriger politischer Shootingstar sein, der sich gerade zum ersten Mal einer Wahl stellt - und gute Chancen hat, sie auch zu gewinnen. Oder es gibt eine rechtsextreme Präsidentin, vor der sich nicht nur viele Franzosen, sondern auch halb Europa fürchtet.

Der parteilose, sozialliberal eingestellte Emmanuel Macron ("En Marche!") liegt in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl mit 23,7 Prozent vorne. Marine Le Pen, die Chefin des rechtsextremen Front National (FN), kommt mit 21,7 Prozent auf Platz zwei.

Der Konservative François Fillon und der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon bleiben beide unter 20 Prozent. Schmälich gescheitert ist der Sozialist Benoît Hamon mit 6,3 Prozent. Bisher sind noch nie die Kandidaten der beiden Volksparteien in der ersten Runde ausgeschieden - für Republikaner wie Sozialisten ist es ein unfassbares Desaster. Es zeigt, wie tief das politische System Frankreichs in der Krise steckt. Der Niedergang beider Parteien dürfte sich fortsetzen.

Weltoffenheit gegen Abschottung

Bei der zweiten Runde am 7. Mai haben die Franzosen also die Wahl zwischen einem überzeugten Europäer und einer Nationalistin. Sie müssen sich entscheiden zwischen Weltoffenheit und Abschottung, zwischen Optimismus und Wut.

Emmanuel Macron möchte Zuversicht verbreiten. Mit seiner 2016 gegründeten Bewegung "En Marche!" schart er Zentristen, gemäßigte Konservative und Sozialisten um sich, um gemeinsam die für Frankreich so dringend nötigen Reformen anzugehen. Im Wahlkampf präsentierte er sich - offensichtlich sehr erfolgreich - als erfrischende Alternative zum politischen Establishment. Macron war Investmentbanker, bevor er als Quereinsteiger eine steile Karriere in der Politik machte. Bis 2016 war er Wirtschaftsminister unter Präsident Hollande.

Marine Le Pen, die seit 13 Jahren EU-Abgeordnete ist, strebt den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union an. Sie will eine strikte Begrenzung der Einwanderung und hart gegen "islamistischen Fundamentalismus" vorgehen. Le Pen bewundert US-Präsident Donald Trump und den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Die meisten Linken werden zähneknirschend für Macron stimmen

Die Trennlinie zwischen den Wählerschichten dürfte ziemlich genau zwischen unten und oben verlaufen. Für die FN-Vorsitzende werden vor allem Franzosen mit geringem Einkommen und niedriger Bildung stimmen. Macron hat viele Anhänger unter Akademikern, Führungskräften, Vermögenden und Studenten.

Auch wenn Macron vielen Linken als zu liberal gilt: Der Großteil ihrer Anhänger wird vermutlich zähneknirschend für ihn stimmen, um eine rechtsextreme Präsidentin zu verhindern. Bei den Republikanern sieht das Bild anders aus. Ein Teil wird für Macron votieren, ein vermutlich etwas kleinerer für Le Pen - nicht wenige dürften am 7. Mai aber frustriert zuhause bleiben.

Das Umfrageinstitut Ipsos hat am Sonntagabend Wähler befragt, für wen sie in zwei Wochen stimmen werden. 62 Prozent sind für Macron, 38 Prozent für Le Pen.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: