Wahl in Frankreich:Gabriel über Macron: "Er wird ein toller Präsident"

Außenminister Gabriel in Jordanien

Außenminister Sigmar Gabriel äußert sich am Abend in Amman, Jordanien, zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich.

(Foto: dpa)

Der Außenminister ist überzeugt, dass sein Freund die Stichwahl in Frankreich gewinnt. Auch Berlin atmet nach dem ersten Wahlgang auf. Trotzdem ist Vorsicht geboten.

Von Stefan Braun

Die Erleichterung ist offensichtlich. Als Sigmar Gabriel am Sonntagabend im fernen Amman auftritt, freut er sich fast diebisch, dass sein Freund in Frankreich vorn liegt. "Natürlich bin ich froh", sagt der deutsche Außenminister. Es sei schön, dass Emmanuel Macron die Nase vorn habe. Und dann sagt Gabriel, was immer noch mehr Wunsch ist als Gewissheit an diesem Abend. "Ich bin sicher, dass er neuer französischer Präsident wird." Noch ist in Frankreich vieles alles andere als entschieden, da zeigt der deutsche Außenminister, wo sein Herz schlägt.

Dass in Berlin schon alle so weit gehen wie der Außenminister, ist unwahrscheinlich. Aber Aufatmen, das tut auch Angela Merkel, das tun so gut wie alle in der deutschen Hauptstadt - am Sonntagabend ist der Bundesregierung sprichwörtlich ein Stein vom Herzen gefallen. In der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen ist, so viel scheint früh sicher, die ganz große Katastrophe offenbar ausgeblieben. Ganz rechts gegen ganz links, Marine Le Pen gegen Jean-Luc Melenchon - ein Duell der Extreme wird es am 7. Mai nicht geben. Was als größte Gefahr plötzlich befürchtet werden musste - es ist noch einmal abgewehrt worden.

Hoffnung auf guten Ausgang

Damit ist für Europa, für die EU, für die Nachkriegsordnung auf dem Kontinent noch nicht alle Gefahr gebannt, aber das schlimmste vielleicht abgewendet. So jedenfalls fühlen sie es jetzt in der Bundesregierung. Solange Berlins gar nicht so heimlicher Favorit, der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron, gut im Rennen liegt für den zweiten Wahlgang, lebt im Kanzleramt, im Auswärtigen Amt und überhaupt in der ganzen Regierung die Hoffnung auf einen guten Ausgang. Mit ihm könnte beim westlichen Nachbarn alles gut enden in einem Jahr, in dem Deutschlands wichtigster Verbündeter in Europa, ja in der Welt, vor seiner schwersten Probe steht seit dem Zweiten Weltkrieg.

Der Zwischenerfolg des Front National mit Marine Le Pen zeigt indes eindrücklich, wie real die Gefahr ist, dass es am 7. Mai bei der Stichwahl doch noch anti-europäisch ausgeht. "Wir sind der großen Katastrophe, einem Ende der EU, noch nie so nahe gekommen", sagte ein zentraler Berliner Minister vor wenigen Tagen. Und diese Gefahr ist noch nicht gebannt, auch wenn es seit der ersten Hochrechnung besser aussieht als zuletzt befürchtet. Macron hat sich als Pro-Europäer profiliert. Gewinnt er, dann könnte es nach Brexit und Trump-Wahl eine echte neue Chance für die EU geben.

Die Zeit bis dahin dürfte für die Bundesregierung allerdings eine schwierige werden. In der jetzigen Situation wird auch von ihr einiges abhängen. Und es wird dabei vor allem um eines gehen: die Kunst der richtigen Dosierung. Ohne Worte wird sie kaum bleiben können, zugleich wird jedes Zuviel der Sympathie, gar der offenen Unterstützung Macrons für den Franzosen gefährlich werden. Wie sehr er selbst das zuletzt spürte, zeigte vor wenigen Tagen seine scharfe Kritik am deutschen Handelsüberschuss. In Berlin wurde die Attacke als unmissverständliches Zeichen dafür gelesen, dass er Distanz suchte - zu Berlin, zu Deutschland, vor allem zu möglichen Verbündeten in der Bundesregierung.

Gabriel ist mit Macron befreundet

Angela Merkel hat nicht vergessen, wie problematisch Einflussversuche für französische Freunde sein kann. Als sie bei den letzten Wahlen für Nicolas Sarkozy auftrat, zahlte das nicht bei ihm, sondern seinem Gegner François Holland ein. Sie wird deshalb in den kommenden zwei Wochen alles versuchen, um neutral zu erscheinen.

Schwerer könnte das für Sigmar Gabriel werden. Der Außenminister und Sozialdemokrat ist wie mancher seiner engsten Mitarbeiter mit Macron befreundet. Kennt ihn seit der Zeit, als beide noch Wirtschaftsminister waren, hat ihn und seine Frau bewusst besucht nach jenem 13. November 2015, als in Paris Dutzende Menschen Opfer von Terror wurden. Der Reflex ist deshalb groß bei Gabriel, seinem Freund öffentlich zu helfen. Mit Lob, mit Interviews, mit Auftritten oder Namensartikeln. Immerhin teilt Gabriel sogar Macrons Kritik am deutschen Überschuss. Ob das gut ist oder schlecht, möchte Gabriel eigentlich noch sehr genau prüfen. Wie es heißt, will er bei seinem Freund Macron in Paris anfragen, bevor er sich in den Kampf stürzt.

So jedenfalls ist sein Plan, bis er am Sonntagabend dann doch schon sehr selbstgewiss auftritt. "Er wird ein toller Präsident", sagt Gabriel voraus. "Er ist eben auch ein ungeheuer sympathischer Mensch und guter Freund."

Bislang freilich ist nur eines sicher: Dass Macron einen Zwischenerfolg errungen hat; gegen Le Pen gewonnen hat er damit noch nicht.

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