Oberhaching:Ein Stall für Feierbiester

Fast 50 Jahre lang hielt der Hofberger Toni in Oberbiberg Bräurosse, die auf dem Oktoberfest zum Einsatz kamen. Jetzt hat seine Enkelin Angelika Rocco dort mit ihrem Mann eine Party-Location gebaut - im bayerisch-italienischen Stil

Von Claudia Wessel, Oberhaching

Mit 95 Jahren beschloss der Hofberger Toni dann doch, in Rente zu gehen und seine Pferde Vroni, Flori, Lenz, Lena, Santos, Viktor und Moritz wegzugeben. Anton Höcherl, heute 97, verkaufte das Wiesn-Gespann der Paulaner-Brauerei an Sepp Zunterer aus Mittenwald. 47 Jahre lang hatte Höcherl auf dem Kutschbock des Festwagens gesessen und fand, es war an der Zeit, abzusteigen. Der Stall in Oberbiberg, in dem die Vierbeiner gestanden hatten, war dann also plötzlich sinnlos. Allerdings nicht lange.

Oberhaching: 47 Jahre lang wurden hier Bräurosse gehalten, nun hat die Enkelin von Anton Höcherl mit ihrem Mann eine Party-Location gebaut.

47 Jahre lang wurden hier Bräurosse gehalten, nun hat die Enkelin von Anton Höcherl mit ihrem Mann eine Party-Location gebaut.

(Foto: Claus Schunk)

Denn der Hofberger Toni hat eine Enkelin, Angelika, die mit ihrem Mann Fabian Rocco angesichts des Grundstücks bald eine Idee entwickelte. Beide sind in der Gastronomie tätig, sie im Wiesn-Reservierungsbüro bei Toni Roiderer in Straßlach, er leitet die Cafeteria bei Airbus. Klar, in welche Richtung die beiden dachten. Aus dem Stall selbst war nach so vielen Jahren nichts mehr zu machen, er war zu baufällig und wurde abgerissen. An seiner Stelle steht nun aber ein neues Gebäude, dessen Nutzung das Motto der Roccos gut zusammenfasst: "G'scheid feiern".

Oberhaching: Bei der Dekoration setzen die Roccos auch nostalgische Details wie diesen alten Fernsprechapparat ein.

Bei der Dekoration setzen die Roccos auch nostalgische Details wie diesen alten Fernsprechapparat ein.

(Foto: Claus Schunk)

"Hof Nr. 6" hat das Ehepaar seine im Oktober eröffnete Location genannt. Schon früher hatte das Elternhaus von Angelika diese Hausnummer und sie wurde von der Gemeinde auch dem Neubau wieder verliehen. Mit dem Namen ist auch sofort alles gesagt. Der Neubau steht neben dem Bauernhof und bietet somit das ländliche Ambiente: weite rundherum, wenn man aus den riesigen Fenstern schaut, grüne Wiesen, Obstbäume. Trotzdem hat das neue Gebäude keine allzu bayerisch-ländliche Ausstrahlung. "Es ist ländlich, aber es jodelt nicht" - dieses Kompliment bekamen die Roccos schon von einigen Gästen. Was wohl auch daran liegt, dass der Bau und die Einrichtung einen Hauch aus Italien tragen. Schließlich ist Fabian Roccos Vater Italiener und die Verbindung daher intensiv.

Oberhaching: Angelika und Fabian Rocco haben bayerische mit italienischen und ländliche mit modernen Elementen kombiniert.

Angelika und Fabian Rocco haben bayerische mit italienischen und ländliche mit modernen Elementen kombiniert.

(Foto: Claus Schunk)

So hat das Party-Gebäude etwa einen Portico, einen Säulengang. Aus Italien stammen auch die Fliesen, mit denen der 155 Quadratmeter große Innenraum ausgelegt ist. 18 unterschiedliche Muster haben die kleinen Vierecke und der einheimische Fliesenleger war angesichts dessen ein wenig verunsichert. "Ich hab jede einzelne in der Hand gehabt", sagt Angelika Rocco rückblickend. Denn sie stellte 118 Wannen für die Fliesenleger zusammen, in denen sie jeweils - mit Hilfe einer Exceltabelle ausgerechnet - die Muster gleichmäßig verteilte. Dann lautete die Anweisung für die Fliesenleger nur noch: "Ohne Denken einfach legen." In welche Richtung die Blumen zeigen? Egal. Wo die auffallenden türkisen hinkommen? Auch egal. Das Ergebnis ist ein Potpourri, das doch eine gewisse Gleichmäßigkeit hat.

Oberhaching: Angelika und Fabian Rocco haben den Neubau weitgehend selbst gestaltet.

Angelika und Fabian Rocco haben den Neubau weitgehend selbst gestaltet.

(Foto: Claus Schunk)

Nicht nur das hat Angelika Rocco mit ihrer Begeisterung für Innenarchitektur selbst gestaltet. Sie und ihr Mann haben das gesamte Gebäude weitgehend selbst entworfen, "mit einem geduldigen Architekten, der offen für unsere Ideen war", wie sie lachend erzählt. Es gibt einen offenen Kamin aus Marmor, auch die Waschbecken in den Toiletten sind aus einem großen Marmorblock gemacht, den die Roccos in der Nähe von Verona ausgesucht haben. Sie haben die Barregale selbst gestaltet und die großen, aneinandergestellt fast fünf Meter langen massiven Eichenholztische für 20 Personen ausgesucht, die Stuhlbezüge aus Loden und Leder und die insgesamt dezente Farbgebung des Saals mit 84 Sitzplätzen. Es war auch ihre Idee, dass der Saal keine Winkel hat. "Jeder soll jeden sehen bei einem Fest", so Angelika Rocco. Im selben Gebäude sind übrigens noch der Weinhandel der Roccos, natürlich für Weine aus Norditalien, und die Küche für den Caterer Benedikt Schuh aus Oberhaching untergebracht, mit dem sie meist zusammen arbeiten. Es gibt aber auch noch andere Catering-Partner, aus denen die Gäste wählen können. Wer hier feiern will, kann alles den Roccos überlassen und dann nur das Fest genießen. "Anfangs dachten wir, es kämen nur Geburtstagsfeiern, doch wir haben auch sehr viele Hochzeiten", sagt Angelika Rocco.

Technisch ist der Saal auf dem neuesten Stand, ein riesiger Lüster - beim Aufhängen halfen übrigens die Männer von 1. FC Deisenhofen - ist mit LED-Leuchten versehen, die aussehen wie dicke Kerzen. Auf einem großen Bildschirm können Geburtstagskinder oder Hochzeitspaare Fotos aus ihrer Kindheit ablaufen lassen. Auch die alten Obstbäume im Garten wurden technisch aufgerüstet: Sie werden abends alle beleuchtet, ein hohler Baum sogar von innen heraus. Ein Stil-Extra sind draußen auch die beiden Seilbahnsitze oder ein Herz aus Eisen, das mit Holzscheiten gefüllt ist. Die gesamte Gestaltung zeigt die Mischung aus Alt und Neu, in der sich Feiernde offensichtlich wohl fühlen. "Es war eine Punktlandung", freut sich Angelika Rocco. Allein durch Mundpropaganda waren sofort die ersten Buchungen da. Wer in diesem Jahr noch dort feiern möchte, muss einen Freitag oder einen Tag unter der Woche wählen, alle Wochenenden sind bereits belegt.

Auch der Hofberger Toni ist sehr zufrieden mit dem, was seine Enkel aus dem Pferdestall gemacht haben. Er wohnt nebenan und bereut die Entscheidung, die Pferde herzugeben, nicht.

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