Versicherungen:Wettlauf digital

Das Auftreten der neuen Online-Anbieter fordert die traditionelle Branche heraus - dazu zählt auch die Munich-Re-Tochter Ergo.

Von Herbert Fromme, Köln

Wer gewinnt bei der digitalen Veränderung des Versicherungsmarktes? Die Frage wird in der Branche heftig diskutiert. Sind es die Start-ups, die neuen Unternehmen mit Namen wie Clark, Knip, Flypper oder Getsafe, die mit guter Software und engem Kundenbezug den traditionellen Anbietern das Geschäft stehlen wollen? Bieten Internet-Konzerne wie Google oder Amazon künftig elektronisch Versicherungen an und nutzen dafür ihre großen Datenbestände? Oder können sich die traditionellen Versicherungskonzerne wie Allianz oder Zurich so weit reformieren, dass sie selbst ganz vorne dabei sind in der Digitalisierung?

Klar ist, dass sich etwas ändert. Die Kunden suchen zunehmend Anbieter, mit denen sie digital kommunizieren können und die ihre Probleme lösen, statt einfach Beiträge einzusammeln und Schäden zu zahlen. Nach einem Einbruch will der Kunde rasche und unkomplizierte Hilfe bei der Reparatur der Tür. Nach einem Unfall sucht er Unterstützung, um den Wagen möglichst schnell wieder fahrfähig zu machen. Und er ist froh, wenn die Versicherung von sich aus auf Angebote aufmerksam macht, etwa wenn der Kunde ins Ausland fährt, aber noch keine Reisekrankenversicherung hat.

Noch ist nicht entschieden, wie der Wettkampf ausgeht. Und es wird auch nicht unbedingt viele Pleiten geben. Der Online-Händler Amazon ist erfolgreich, trotzdem gibt es noch Buchhandlungen und Kaufhäuser. Doch sie mussten ihre Geschäftsmodelle deutlich verändern.

Der neue Munich Re-Chef Joachim Wenning glaubt, dass sein Unternehmen in einer besonders guten Position ist, vom Wandel in der Branche zu profitieren. Das Kalkül: Mit den traditionellen Versicherern ist man seit langem im Geschäft, hat ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Bei den Rivalen, den Start-ups, kann die Munich Re neue Kunden gewinnen - aber das ist auch eine Herausforderung. Denn wenn neue Anbieter in den Versicherungsmarkt eindringen wollen, gibt es eine Reihe von Hindernissen. Sie brauchen sehr viel Kapital zur Unterlegung des Geschäfts, viel mehr als die meisten von ihren Investoren bekommen. Sie müssen mit Aufsichtsbehörden fertig werden, die oft wenig Verständnis für die jungen Wilden haben. Und sie müssen Schäden regulieren, auch das haben sie bisher nicht gelernt. Die benötigte fachliche und finanzielle Hilfe bieten Rückversicherer wie Munich Re. Das jüngste Beispiel ist der Deal mit dem digitalen Geräteversicherer Trov aus den USA. Munich Re agiert künftig als Risikoträger für Trov in den USA und in Europa außerhalb Großbritanniens. Trov entwickelt die Versicherungsangebote, analysiert die Risiken und organisiert die Beziehung zum Kunden. Die Munich Re erledigt den Rest.

Noch sind hier keine Milliardenumsätze zu erwarten, aber die Munich Re investiert schon viele Millionen in die neuen Angebote. Natürlich hofft man in München, dass die traditionellen Versicherer die nötigen Umstrukturierungen schnell in den Griff bekommen - schließlich gehört mit der Ergo einer der großen Anbieter zum Konzern. Gleichwohl, glauben die Münchner, wolle und werde man auch vom Vormarsch der Start-ups profitieren. Die Munich Re gewinnt immer - so sieht sie das jedenfalls.

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