Libyen:Libyen bittet die EU um umfangreiche Ausrüstung für Küstenwache

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Schiff mit Hunderten Flüchtlingen vor der libyschen Küste. (Foto: Bundeswehr/Winkler/dpa)
  • Der EU liegt ARD-Berichten zufolge eine detaillierte Liste vor, in der Libyen bewaffnete Boote und Ausrüstung wie Funkgeräte, Nachtsichtbrillen, Tauchanzüge und schusssichere Westen erbittet.
  • Das von einem Bürgerkrieg gebeutelte Land gilt als wichtigstes Drehkreuz für afrikanische Migranten auf dem Weg nach Europa.
  • Die EU hat zwar großes Interesse, mit Libyen zusammenzuarbeiten, befürchtet aber, dass Lieferungen in falsche Hände geraten könnten.

Die libyschen Behörden wünschen sich von der Europäischen Union umfangreiches Material für die Küstenwache, unter anderem 130 teils bewaffnete Boote. Einem Bericht von ARD und WDR zufolge liegt der EU eine detaillierte Liste vor. Diplomaten bestätigten die Existenz der Liste, die vor einigen Wochen bei der EU-Kommission eingereicht wurde.

Die EU will nun prüfen, inwieweit die Wünsche erfüllt werden sollten. In Europa besteht zwar großes Interesse, mit Libyen zusammenzuarbeiten, gleichzeitig gibt es aber Befürchtungen, dass Lieferungen in falsche Hände geraten könnten.

Libyen bittet um mit Radar und Maschinengewehren ausgestattete "Offshore-Patrouillenboote" sowei Schlauchboote. Neben Funkgeräten und Nachtsichtbrillen erhofft Libyen sich außerdem die Lieferung von 20 Tauchanzügen und 200 schusssicheren Westen. Hinter einigen der Punkte findet sich laut Bericht der Vermerk "dringend".

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In einem internen Bericht kritisieren deutsche Diplomaten "KZ-ähnliche" Verhältnisse in libyschen Flüchtlingslagern. Dahinter steht demnach ein gnadenloses Geschäftsmodell von Schleppern.

Chaos seit dem Sturz von Gaddafi

Das Bürgerkriegsland gilt als wichtigstes Drehkreuz für afrikanische Migranten auf dem Weg nach Europa. Nach Angaben der europäischen Grenzschutzagentur Frontex sind allein dieses Jahr schon fast 28 000 Menschen von Libyen aus nach Italien gelangt. "Das ist ein Anstieg um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum", sagte Frontex-Chef Fabrice Leggeri der Passauer Neuen Presse. 2016 kamen mehr als 180 000 Migranten von Nordafrika nach Italien. Beinahe 90 Prozent von ihnen brachen von Libyen aus auf.

Libyen versinkt seit 2011, dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi, im Chaos. Die von den Vereinten Nationen anerkannte Einheitsregierung beherrscht nur einen kleinen Teil des Landes. Milizen und politische Gruppen kämpfen um die Vorherrschaft. Schleuser nutzen das gnadenlos aus. "Sie setzen inzwischen im Durchschnitt 170 Menschen in ein Boot - oft ohne Proviant und ausreichend Treibstoff. Vor zwei Jahren waren es im Schnitt 100 Migranten", so der Frontex-Chef.

Die EU unterstützt die libyschen Behörden bereits beim Aufbau einer Küstenwache. 93 libysche Auszubildende haben nach EU-Angaben inzwischen erste Lehrgänge abgeschlossen, darunter drei Besatzungen für Patrouillenboote. Etwa 40 weitere Libyer sind seit Ende Januar auf Kreta und Malta weitergebildet worden.

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