Energiewende:Stagnierende Preise

Die Förderung von erneuerbaren Energien macht den Strom immer teurer, glauben viele Verbraucher. Doch das stimmt gar nicht, wie jetzt eine aktuelle Untersuchung des Vergleichsportals Stromauskunft.de belegt.

Von Ralph Diermann

Jedes Jahr im Oktober wiederholt sich das Spiel: Die Stromnetzbetreiber geben bekannt, dass die Verbraucher wegen der vielen neuen Windräder und Solaranlagen im Folgejahr wieder einmal mehr für die Förderung der erneuerbaren Energien bezahlen müssen. Und postwendend klagen die Wirtschaftsverbände über die hohen Strompreise. Kein Wunder also, dass die Energiewende im Ruf steht, die heimischen Haushalte finanziell immer stärker zu belasten. Zu Unrecht, wie eine Auswertung der lokalen Grundversorgungstarife in mehr als 1400 Kommunen durch das Vergleichsportal Stromauskunft.de zeigt.

Danach mussten die Kunden im ersten Quartal 2017 im deutschlandweiten Mittel 29,2 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Vier Jahre zuvor lagen die Preise gerade einmal 0,4 Cent niedriger. Im gleichen Zeitraum ist die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien von 5,3 Cent pro Kilowattstunde auf 6,9 Cent gestiegen. Auch die Netzentgelte wurden erhöht. Zugleich sanken jedoch die Beschaffungskosten der Versorger, da die Wind- und Solarenergie die Preise an der Strombörse drückten. Diese Entwicklungen heben sich weitgehend auf, sodass die Grundversorgungstarife deutschlandweit seit 2013 nahezu stagnieren. Der starke Preisanstieg aus der Frühphase der Energiewende ist damit gestoppt.

Am meisten müssen Kunden in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zahlen

Regional gesehen gibt es bei den Tarifen aber deutliche Unterschiede. Am meisten müssen die Kunden laut Analyse in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs zahlen. In vielen Regionen Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens und Hessens ist der Strom dagegen eher günstig. So bezahlt ein Vier-Personen-Haushalt in Hessen im Grundversorgungstarif im Jahr durchschnittlich 275 Euro weniger als in Mecklenburg-Vorpommern. Auch bei den Großstädten gibt es Abweichungen. Vergleichsweise niedrig sind die Kosten in Köln, Düsseldorf und Bremen, relativ hoch in Berlin, Hamburg und Frankfurt. "Hauptursache für die regionalen Preisunterschiede sind unterschiedlich hohe Netzentgelte", erläutert Jörg Heidjann, Geschäftsführer von Stromauskunft.de. "Sie machen rund ein Viertel des Strompreises aus und liegen im Osten Deutschlands sowie in ländlichen Gegenden deutlich höher als im Westen sowie in Metropolregionen." Auch der lokale Wettbewerb spiele eine Rolle bei der Preisgestaltung.

Etwa ein Drittel der Haushalte in Deutschland beziehen ihren Strom laut Bundesnetzagentur per Grundversorgungstarif - das ist der Standardtarif für all diejenigen Verbraucher, die noch nie ihren Versorger gewechselt haben. Damit deckt die Auswertung des Vergleichsportals nur einen Teil des Marktes ab. Doch Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass das Preisniveau auch dann nahezu konstant geblieben ist, wenn man das gesamte Tarifspektrum berücksichtigt. So sind die Kosten für die Haushalte zwischen 2013 und 2016 nur um insgesamt 1,9 Prozent gestiegen. Berücksichtigt man den Kaufkraftanstieg, ist Strom in diesem Zeitraum sogar günstiger geworden.

Im europaweiten Vergleich gehört Deutschland mit seinen Strompreisen allerdings trotzdem zur Spitzengruppe: Nur in Dänemark müssen Haushalte mehr für Elektrizität bezahlen.

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