Franco A.:Von der Leyen sieht "falschen Korpsgeist" hinter Bundeswehrskandal

Ursula von der Leyen

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen: "Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen."

(Foto: Friso Gentsch/dpa)
  • Wieso blieb das extreme Gedankengut des Offiziers Franco A. so lange geheim? Der Fall bringt die Bundeswehr in Erklärungsnot.
  • Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wirft nicht nur den direkten Vorgesetzen in der Bundeswehr Versagen vor.

Verteidigungsministern Ursula von der Leyen sieht "falsch verstandenen Korpsgeist" als Ursache für die späte Enttarnung des unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehrsoldaten Franco A.

Das rechtsextreme Gedankengut des Soldaten sei den damaligen Vorgesetzten bekannt gewesen. Seine Masterarbeit von 2014 habe "ganz klar völkisches, dumpfes Gedankengut", sagte die CDU-Politikerin am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".

"Das gärt dann, so bis es zum Eklat kommt"

Die Vorgesetzten des 28-jährigen Soldaten hätten ihre Verantwortung nicht wahrgenommen und die Haltung des Soldaten "aus falsch verstandenem Korpsgeist schöngeredet". Der Vorfall sei weder in der Personalakte des Soldaten vermerkt worden, noch habe man den militärischen Geheimdienst MAD informiert. "Es wird weggeschaut. Das gärt dann, so bis es zum Eklat kommt. Und das ist nicht in Ordnung", sagte von der Leyen.

Franco A., der sich eine doppelte Identität als angeblicher syrischer Flüchtling zugelegt hatte, wird verdächtigt, einen Terroranschlag geplant zu haben. Von der Leyen sagte in dem Interview, man wisse bis heute nicht genau, was der Soldat plante und ob er Unterstützer hatte. Die Ministerin ließ offen, ob und welche Konsequenzen der Vorfall innerhalb der Bundeswehr haben wird.

"Wenn wir tiefer graben, sehen wir, dass wir an die Strukturen heranmüssen"

"Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen, und da müssen wir konsequent drangehen." Diese gelte auch für die bekanntgewordenen Fälle von sexualisierter Herabwürdigung und Schikane. Zu ihrer eigenen Rolle sagte sie: "Unterm Strich habe ich immer die schlussendliche Gesamtverantwortung."

Von der Leyen kündigte mit Blick auf die bereits angekündigten Untersuchungen zu Hintergründen der aktuellen Skandale an, "dass wir sehr genau gucken, wer ist bei uns und wen wollen wir nicht bei uns haben". Dazu müsse es bei der Bundeswehr eine "breite Debatte geben. "Was nicht akzeptiert werden kann, ist politischer Extremismus oder religiös motivierter Extremismus", stellte sie klar.

Von der Leyen stellte aber auch einen Gesamtzusammenhang her zu den Vorfällen in Pfullendorf, wo es massive sexuelle Übergriffe im Rahmen der militärischen Ausbildung gegeben hatte, sowie in Sondershausen, wo es ebenfalls Verfehlungen durch Ausbilder gab. Auch dort hätten von den Missständen viele gewusst und "weggeschaut". "Wenn wir tiefer graben, sehen wir, dass wir an die Strukturen ranmüssen", so die Ministerin.

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