Christdemokraten:Daniel Günther steht vor dem Härtetest

Schleswig-Holstein Holds State Elections

Daniel Günther gibt sich als moderner Konservativer. Das könnte bei der Suche nach Partnern helfen.

(Foto: Getty Images)
  • Für Günther sind die Verhandlungen mit den Grünen, mit denen er gerne eine Jamaika-Koalition eingehen will, der nächste und vielleicht schwierigste Härtetest.
  • Koalitionsverhandlungen mit den Grünen dürften schwierig werden, wenn es um Abschiebungen, Windräder oder ökologische Landwirtschaft geht.
  • Günther galt vor seinem Wahlsieg als eher unbeschriebenes Blatt, er kennt die Szene aber besser als viele Leute ihn kannten.

Von Peter Burghardt

Der Wahlsieger in Schleswig-Holstein sieht erstaunlich frisch aus, wenn man bedenkt, was er da für ein Programm hinter sich hat - und noch vor sich. "Das war wirklich anstrengend, aber jetzt kommt die zweite Luft", sagt Daniel Günther, als man ihn nach seinem Erfolg im Kieler Landeshaus kurz spricht. "So ein Ergebnis gibt einem natürlich neue Power." Die wird er brauchen, denn es geht gleich weiter. Die Wahl hat die CDU mit 32 Prozent der Stimmen gewonnen, aber Günther muss sich Beistand sichern, wenn er am 6. Juni von den Abgeordneten zum Ministerpräsidenten gekürt werden will. "Es gibt kein langes Ausruhen, jetzt wollen wir eine neue Regierung", sagt er. Das wäre Teil drei in seinem Marsch durch die Instanzen.

In der ersten Etappe seines verblüffenden Aufstiegs hatte Günther die durchaus verschlagene CDU im Norden hinter sich gebracht. In der zweiten Etappe bezwang er am Sonntag den SPD-Landesvater Torsten Albig und stürzte dessen Koalition aus Rot, Grün und Südschleswigschem Wählerverband (SSW). Damit hätte noch Mitte April kein Mensch gerechnet. Jetzt kommt die dritte Etappe: Der Hobbyläufer Günther muss jetzt ausloten, wie er seinen Triumph umsetzt, wer also mit ihm regiert.

Am Wahlabend hetzt Günther durch die Studios im Kieler Landeshaus und nennt seine bevorzugte Option. Eine Mehrheit hätte ein Bündnis seiner CDU mit der FDP und den Grünen, die sogenannte Jamaika-Koalition. Eine große Koalition mit dem Verlierer SPD wird es wohl kaum geben. Dass die Grünen für eine mathematisch ebenfalls denkbare Ampel-Koalition mit SPD und FDP werben, bekümmert ihn offenbar nicht. "Die wollen sich natürlich nicht günstig verkaufen, aber es geht um die Gesamtverantwortung", sagt er. Die Wähler wollten einen Regierungswechsel und eine CDU-geführte Landesregierung. "Deswegen wollen wir möglichst bald in Gespräche eintreten."

Der nächste und vielleicht schwierigste Härtetest

In diesen Gesprächen wird Daniel Günther, 43, auf die beiden zuletzt beliebtesten Politiker Schleswig-Holsteins treffen. Auf Robert Habeck von den Grünen, der seiner Spitzenkandidatin Monika Heinold zur Seite stehen dürfte. Und auf Wolfgang Kubicki, FDP. Von Habecks Grünen ist er sogar abhängig, er braucht sie. Das wird kompliziert, wenn es um Abschiebungen, Windräder oder ökologische Landwirtschaft geht.

Als ein Friedensangebot gilt die Tatsache, dass Günther den Agrarwissenschaftler Friedhelm Taube in sein Schattenkabinett berufen hat. Taube will Umweltschutz und Effizienz verbinden, obwohl das manchen CDU-treuen Landwirten sicher missfällt. Günther versucht, den modernen Konservativen zu geben, und unterstützt beispielsweise die Homo-Ehe. Trotzdem dürfte es schwierig werden mit den Grünen, die sich vermutlich sehr teuer verkaufen werden. Für Günther sind die Verhandlungen der nächste und vielleicht schwierigste Härtetest.

Seine Kondition und seine Karriere sorgen indes für Aufsehen. Er erinnert daran, dass er vor sechs Wochen laut Umfragen noch sechs Prozentpunkte Rückstand hatte und schließlich fast fünf Punkte Vorsprung. "Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt", sagt Günther: Bildung, Straßen, Sicherheit. Eine Teamleistung sei das, "und am Ende konnte ich auch als Person punkten". Freundlich, fleißig, bestimmt. Sein Privatleben mit Frau und Kind behielt der Herausforderer weitgehend für sich, anders als der manchmal pastoral klingende Albig. Dass er jünger aussieht als 43, täuscht über die Tatsache hinweg, dass er seit acht Jahren im Landtag sitzt und dort seit 2014 die CDU anführt. Er kennt die Szene besser als viele Leute ihn kannten.

Parteivorsitzender und Spitzenmann ist er erst seit Herbst 2016, und anders als seine vier Vorgänger seit 2010 könnte er zwischen Nordsee und Ostsee Regierungschef werden. Der bisher letzte CDU-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein war bis 2011 Peter Harry Carstensen, 70. Raumfüllend, weißhaarig und pfeiferauchend schlurft er am Tag seines Erben durch die CDU-Party an der Kieler Förde. Da hat sich diese Union mit Daniel Günther doch ziemlich verändert.

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