Abgasskandal:Diesel-Fahrverbot droht weiterhin

Feinstaub-Alarm in Stuttgart

In Städten wie in Stuttgart muss immer wieder "Feinstaub-Alarm" ausgerufen werden.

(Foto: dpa)
  • Ein Treffen zwischen Vertretern der Politik und der Autoindustrie zu möglichen Diesel-Fahrverboten hat noch kein konkretes Ergebnis gebracht.
  • Damit müssen Besitzer von Dieselautos weiter bangen, ob sie in Zukunft noch problemlos in deutsche Innenstädte fahren können.
  • Doch wie man solche Fahrverbote umsetzen könnte, ist noch unklar. Das erschwert die Verhandlungen zusätzlich.

Von Max Hägler

Die Besitzer älterer Diesel-Autos müssen weiter bangen: Ein Gespräch zwischen Autoindustrie und der Landesregierung von Baden-Württemberg über die Nachrüstung von Abgasanlagen am Dienstagabend ist ohne konkretes Ergebnis geblieben. "Wir wollen Nachbesserungen ermöglichen, aber ob es gelingt, ist weiter offen", heißt es von einem Hersteller. Damit drohen weiter Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge, die die grün-schwarze Landesregierung von 2018 an in Stuttgart an Tagen mit hoher Luftverschmutzung verhängen will, weil Gerichte einen besseren Gesundheitsschutz für Anwohner großer Straßen fordern.

Im Landes-Verkehrsministerium kamen 30 Vertreter der Autohersteller und wichtiger Zulieferfirmen zusammen, um darüber zu beraten, wie die Abgaswerte von Wagen mit der Schadstoffklasse Euro 5 reduziert werden könnten. Die meisten Diesel-Autos in Deutschland haben Motoren mit dieser Klassifizierung, die bis vor wenigen Jahren verkauft wurden. "Es ist ein ziemlicher Erfolg, dass alle Hersteller gekommen sind", sagte Verkehrsminister Winfried Hermann der Süddeutschen Zeitung.

Aber es gebe noch viel zu tun. Zum einen bei der angestrebten Abgasminderung: Die von der Industrie präsentierten Maßnahmen seien wohl noch nicht ganz ausreichend. Eine Nachbesserung müsse die Stickoxid-Werte in Stuttgart mindestens in dem Maße mindern, wie es ein Fahrverbot schaffe. Zum anderen müssten die rechtlichen Bedingungen klar gefasst werden: "Jetzt kommt es entscheidend darauf an, die Lösungen auf eine rechtssichere Basis zu stellen", sagte Hermann.

In den vergangenen Wochen haben deutsche und ausländische Autohersteller nachgerechnet und getestet, inwieweit sie mit der Optimierung der Motorsteuersoftware die Stickoxid-Werte reduzieren können. Auch die aufwendigere Nachrüstung von Katalysatoren wird weiter erwogen, die allerdings bis zu 3000 Euro pro Wagen kosten könnte. Die Fragen der Technik und der Gesetzgebung seien nach Angaben von Beteiligten so dominierend gewesen, dass über das dritte große Thema, die Kosten, gar nicht diskutiert worden sei: Die Landesregierung geht davon aus, dass die Umrüstung zwischen fünf und zehn Milliarden Euro kosten wird und schlägt einen Fonds vor, in den die Automobilhersteller gemäß der von ihnen verkauften Diesel einzahlen, um die Nachrüstung zu finanzieren. Geleitet wurde die Runde von Uwe Lahl, der vor seiner Zeit als Amtschef im Stuttgarter Verkehrsministerium im Bundesverkehrsministerium für Abgasthemen zuständig war.

"Das Problem ist: Je tiefer man einsteigt, desto mehr Fragen ergeben sich", heißt es von Seiten der Hersteller. Die Landesregierung strebt eine Halbierung der Emissionen an, nur dann würden sich die Luftwerte in Stuttgart derart verbessern, dass ein Fahrverbot abwendbar sei. Allerdings scheint noch unklar zu sein, worauf die Berechnungen genau beruhen: Das Modell sei genau nachzurechnen. Zudem stelle sich etwa die Frage, wie sehr sich die Stadt Stuttgart selbst beteilige: Deren Kommunalfahrzeuge, ob Busse oder Unimogs, sind tatsächlich nicht unwesentlich mitverantwortlich für die schlechte Luft im Kessel. "Dürfen die weiterfahren und wir müssen nachbessern", lautet eine Frage aus der Industrie.

Die rechtliche Lage ist sehr kompliziert

Unklar ist zudem eben, wie genau Rechtssicherheit geschaffen werden kann: Es sei zwar hilfreich, dass man derzeit nur in Stuttgart spreche, weil die Politik in eine Richtung arbeite: der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann, der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Dies sei einfacher, als etwa mit dem Städtetag oder der Verkehrsministerkonferenz zu sprechen.

Jedoch brauche es nun Klarheit aus dem Bundesverkehrsministerium und dem nachgeordneten Kraftfahrt-Bundesamt, wie und wie schnell geänderte Motorsteuerungen und gegebenenfalls Katalysatoren genehmigt werden könnten. Und es müsse unmissverständlich geklärt werden, dass diese Nachbesserungen dann tatsächlich dauerhaft ein Fahrverbot in Stuttgart und den anderen deutschen Städten abwenden, in denen Gerichte derlei androhen. "Die Runde in Stuttgart trägt vieles mit, will Fahrverbote abwenden. Jetzt braucht es politische Dynamik aus Berlin, damit das vorangehen kann", heißt es von Seiten der Autobranche.

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