Jan Ullrich:Ärger um Comeback

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Das Engagement des Ex-Radprofis als Sportlicher Leiter bei "Rund um Köln" schlägt Wellen: Der Organisator verharmlost dessen Doping-Vergangenheit, beim übertragenden Fernsehsender ist man empört.

Jan Ullrich betritt zehn Jahre nach seinem Rücktritt und 20 Jahre nach seinem Toursieg wieder in offizieller Funktion die Radsportbühne. Der 43-Jährige, nach wie vor von seiner Dopingvergangenheit belastet, wird Sportlicher Leiter des Traditionsrennens "Rund um Köln". Entsprechende Berichte von Kölner Medien bestätigte Rennorganisator Artur Tabat. "Ich habe lange, lange überlegt", sagte Ullrich dem Kölner Stadt-Anzeiger: "Aber irgendwann war mir klar, dass ich das für Artur, der ja nicht nur mein Freund, sondern auch ein guter Mensch ist, machen werde." Ullrichs Engagement schlägt indes schon jetzt Wellen. Dass Tabat, 75, am Dienstag Ullrichs Dopingvergangenheit verharmloste, stößt beim WDR, der das Rennen in Köln überträgt, auf massive Kritik. Steffen Simon, Sportchef des Senders, kündigte eine veränderte Berichterstattung an: "Es wird kein reiner Rennbericht mehr werden. Wir werden uns auch mit den Aussagen von Herrn Tabat beschäftigen."

In den vergangenen Jahren hatte sich Ullrich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. 1997 war er der bis heute einzige deutsche Gesamtsieger bei der Tour de France. In den Folgejahren verursachten dann seine Verwicklung in die Affäre um den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes und sein Umgang mit den eigenen Vergehen einen gewaltigen Imageschaden. 2007 verkündete Ullrich das Ende seiner aktiven Laufbahn; er war im Jahr zuvor wenige Tage vor dem Tourstart wegen erneuter Dopingvorwürfe von der Frankreich-Rundfahrt ausgeschlossen worden. Erst 2013, sechs Jahre nach seinem Rücktritt, gab Ullrich erstmals Blutdoping bei Fuentes zu. Betrugsvorwürfe weist er jedoch bis heute zurück. Kritiker werfen ihm vor, nicht vollständig mit seiner Dopingvergangenheit abgeschlossen zu haben.

Tabat kann die Bedenken nicht nachvollziehen: "Es wird immer kritische Stimmen geben, aber schauen Sie sich an, was in Russland mit Doping passiert. Da war das früher doch harmlos." Für Tabat war Ullrich, der als Dopingsünder überführt und gesperrt wurde, ein Opfer des damaligen Systems. "Wenn alle einen Porsche fahren, und du kommst mit einem Käfer daher, dann willst du auch mehr PS." Derartige Verharmlosungen, so Simon, schadeten der aktuellen Fahrergeneration.

© SZ vom 17.05.2017 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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