Steuerfahndung:Eine sogenannte Affäre

Schweizer Spion, Seite DreiIllustration: Stefan Dimitrov

Mit Hilfe von angekauften Datensätzen aus Schweizer Banken ist die Steuerfahndung Wuppertal sehr vielen Steuersündern auf die Spur gekommen.

  • Ende April wurde in Frankfurt am Main der vermeintliche Spion Daniel M. verhaftet.
  • Er soll eine Liste mit Namen von deutschen Steuerfahndern gehabt haben, die er überwachen sollte.
  • Womöglich sollte der Spion aufdecken, wer die Informationen an die Ermittler weitergegeben hat.

Von Ralf Wiegand

Es bahnte sich eine echte Staatsaffäre an zwischen der Schweiz und Deutschland, als Ende April in Frankfurt am Main der vermeintliche Spion Daniel M., 54, verhaftet wurde. Noch immer sitzt er unter dem Verdacht in Untersuchungshaft in einem Mannheimer Gefängnis, für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB), wie der Schweizer Geheimdienst heißt, deutsche Steuerfahnder ausspioniert zu haben. Mit Hilfe eines deutschen Sicherheitsunternehmers soll es sogar gelungen sein, einen Maulwurf in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen zu platzieren.

Am Mittwoch berichtete allerdings die Neue Zürcher Zeitung unter Berufung auf mehrere nicht genannte Quellen, der NDB habe Daniel M. nie beauftragt, in Deutschland zu spionieren, er habe sich stattdessen selbst angedient. Die Haftbefehle, die die Schweiz im März 2012 gegen drei Steuerfahnder aus Düsseldorf und Wuppertal erlassen hat, seien ohne Material von Daniel M. zustande gekommen.

Auch die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft der Schweiz kommt "nach einer ersten Aktendurchsicht", wie sie schreibt, und nach der Anhörung der Bundesanwaltschaft zu dem Ergebnis, dass das Strafverfahren gegen drei deutsche Steuerfahnder ohne Zutun des Geheimdienstes eröffnet worden sei. Die Behörde spricht nur noch von einer "sogenannten Spionageaffäre".

Hintergrund ist ein seit Jahren schwelender Streit zwischen Deutschland und der Schweiz um das Bankgeheimnis. Mit Hilfe von angekauften Datensätzen aus Schweizer Banken ist die Steuerfahndung Wuppertal sehr vielen Steuersündern auf die Spur gekommen, die ihr Geld bei Schweizer Kreditinstituten vor den deutschen Finanzämtern in Sicherheit gebracht hatten. Für die Schweizer Justiz ist das Sammeln und Verkaufen solcher Kundendaten allerdings Verrat, "Wirtschaftlicher Nachrichtendienst" heißt das Delikt. Auch die Käufer solcher Daten sind damit Täter und werden strafrechtlich verfolgt.

Aber mit welchen Mitteln? Das Ressort Investigative Recherche der Süddeutschen Zeitung hat den Fall Daniel M. vom Ankauf der ersten Daten-CD aus der Schweiz bis zur Verhaftung von Daniel M. Ende April in Frankfurt nachgezeichnet. In der Komödie treten auf: zwei Sportsfreunde im Fitness-Studio Banane, der Mann einer Fußpflegerin, ein deutscher Spitzenbeamter, den kaum einer kennt und der ehemalige deutsche Geheimagent Werner Mauss als Agent provocateur. Völlig unabhängig davon, ob Daniel M. in offiziellem Auftrag oder auf eigene Rechnung unterwegs gewesen ist, ob er geliefert hat oder nicht: zur Staatsaffäre taugt der Fall Daniel M. nicht. Aber als Posse ist er sehr hübsch.

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