Sigmar Gabriel in Washington:Tillerson traut sich nicht vor die Presse

  • Außenminister Sigmar Gabriel besucht zum zweiten Mal Washington, um mit seinem Amtskollegen Rex Tillerson zu sprechen.
  • Bei dem Treffen ging es um Syrien, den Irak und die Ukraine. Auch die Türkei war wohl Thema.
  • Was es wieder nicht gab: eine gemeinsame Pressekonferenz. Das hat bei Tillerson inzwischen System.

Von Stefan Braun, Washington

Am Anfang war die Sache noch einigermaßen verständlich. Als Sigmar Gabriel Rex Tillerson das erste Mal in Washington besuchte, war der Ex-Exxon-Chef gerade mal ein paar Stunden im Amt gewesen. Da konnte man bei etwas gutem Willen noch verstehen, dass er sich als Neuling nicht gleich zu Syrien, der Ukraine, Russland, Nordkorea oder gar zur Politik des eigenen Präsidenten äußern mochte. Es gab und gibt halt auch sehr viele Baustellen und Krisenherde, die bei einer in solchen Fällen üblichen Pressekonferenz angesprochen werden könnten. Also hieß es damals: ein bisschen blöd ist's, schade ist's obendrein. Aber es ist kein Beinbruch. Und vor allem: Es wird nicht zur Regel.

Gut drei Monate später kommt Sigmar Gabriel wieder in die US-Hauptstadt. Und das Bild mit Rex Tillerson ist das Gleiche. Wieder kein öffentlicher Auftritt und keine Pressekonferenz mit den Journalisten. Wieder gibt es keinen einzigen Versuch, die eigene Position oder gar eigene Ideen zu Syrien, dem Irak oder zur Ostukraine zu erläutern. Ein fein inszeniertes Bild mit dem Gast aus Deutschland - der Rest bleibt ein ausdrucksloser Blick und eine Handbewegung des Amerikaners, die wie ein Stoppschild aussieht. Bislang kannte man das vor allem von autoritären Regimen. Doch unter Donald Trump ist das im State Department des Rex Tillerson zur Regel geworden. Am Vormittag war der algerische Kollege beim US-Außenminister gewesen. Auch da blieb Tillerson auf alle Fragen eine Antwort schuldig.

Für ausländische Regierungen gibt es für viele Themen noch immer keine Ansprechpartner

Und so steht Sigmar Gabriel nach dem Treffen alleine in der engen Einfahrt des Ministeriums und berichtet nüchtern, es sei ein gutes Treffen gewesen, man habe über Syrien, den Irak, die Ukraine gesprochen. Und man sei sich "im Umgang" mit vielen Krisen einig gewesen. Was das genau heißen sollte, ob es irgendwelche Fortschritte, neue Ideen, gar Pläne für diesen oder jenen Krisenherd gebe, ließ Gabriel offen. Und auf die Frage, wie er es interpretiere, dass Tillerson wieder nicht mit ihm auftreten wolle, sagte er trocken: "da müssen Sie den Außenminister selbst fragen".

Da genau das aber nicht möglich ist, verfestigt sich inzwischen der Eindruck, dass Tillerson alle Situationen meidet, in denen er zu Donald Trump, Russland, der unwürdigen Entlassung des FBI-Chefs und der aktuellsten Krise um Geheimnisweitergaben an Moskau gefragt werden könnte. Angenehm wäre das alles nicht. Aber ein Außenminister, der seit bald vier Monaten im Amt ist und nicht den Mut findet, sich auch mal zu den zentralsten Fragen dieser Administration zu äußern, legt auf seine Weise offen, wie es um das Selbstverständnis der Regierung und sein Selbstbewusstsein in dieser Regierung bestellt ist.

Das passt zu den Berichten, dass im State Department zahlreiche Stellen, vor allem die wichtigsten neben dem Minister, noch immer nicht besetzt sind. Für ausländische Regierungen gibt es bei vielen Themen noch immer keine Ansprechpartner. Das erzählen mittlerweile französische, britische und deutsche Diplomaten gleichermaßen.

Gabriel ist trotz dieser, angesichts der Krisen in der Welt, dramatischen Probleme freundlich geblieben. Das könnte damit zu tun haben, dass er an einer für Berlin wichtigen Stelle möglicherweise ein bisschen Unterstützung von Tillerson erhalten könnte. Gemeint ist der Umgang Berlins mit der Türkei, nachdem Bundestagsabgeordneten der Besuch bei den in der Türkei stationierten deutschen Soldaten von Ankara untersagt worden war. Gabriel sagte dazu: "Ich glaube, dass die Amerikaner ihre Möglichkeiten nutzen werden, um mit der türkischen Seite darüber zu sprechen, dass wir ein anderes Verhältnis miteinander haben müssen als wir jetzt haben." Nun hätte man natürlich gerne gewusst, was das genau bedeuten könnte. Wie sehr sich Tillerson einsetzen will und wie er selbst seine Möglichkeiten einschätzt. Allein, das alles war natürlich nicht zu erfahren. Es war nicht einmal zu erfragen. Keine Pressekonferenz, keine Fragen, keine Antworten.

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