Österreich:Der Kurz-Zug kennt nur eine Richtung

Österreich: Sebastian Kurz galt als "Wunderwuzzi", "Welpe" oder "Kinderstar". Jetzt will er Kanzler von Österreich werden.

Sebastian Kurz galt als "Wunderwuzzi", "Welpe" oder "Kinderstar". Jetzt will er Kanzler von Österreich werden.

(Foto: AFP)

Staatssekretär mit 24, Außenminister mit 27, Kanzlerkandidat mit 30 Jahren: Sebastian Kurz mischt Österreich auf. Steckt in ihm mehr als ein guter Selbstvermarkter?

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz beschert seiner Partei wenige Tage nach der Kür zum neuen ÖVP-Chef nicht nur sehr viel Aufmerksamkeit, sondern auch hervorragende Zahlen. Was Meinungsforscher erwartet und die politischen Gegner befürchtet hatten, belegen nun die neuesten Umfragen: Die "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei", mit der die ÖVP zu den Neuwahlen im Herbst antreten will, schnellte von 23 auf 33 Prozent hoch, während die SPÖ bei 26 Prozent stagniert und die FPÖ auf 26 Prozent absackte.

Dem jungen Star der Rechten, der die Wahlen mit seiner Aufkündigung der Koalition quasi im Alleingang forciert hatte, verzeihen die Wähler auch, dass sie nun verfrüht zu den Urnen gehen müssen; mehr als 60 Prozent der Befragten fanden die Entscheidung, die Regierung zu kippen, richtig.

Wer aber ist dieser gerade mal 30-jährige Sebastian Kurz, der offenbar nichts falsch machen kann und dem seine Mentoren das Amt des Staatssekretärs für Integration zutrauten, als er 24 war, das Amt des Außenministers mit 27? Er sei kein Karrieriejunkie, betont er im Gespräch mit der SZ nach seiner Bestellung zum neuen Parteichef. Er habe vielmehr gewarnt, als man ihn vor sechs Jahren in sein erstes Regierungsamt heben wollte: die Medien würden da nicht mitmachen, habe er gesagt, das sei ein Wahnsinn, aber man habe nicht auf ihn gehört.

Drei Jahre später, als er das Außenamt übernahm, sei er dann schon selbst sicher gewesen, dass das klappen könnte und habe viel positives Feedback bekommen. Seither hat er Schlagzeilen mit der Schließung der Balkanroute und seinem auch sonst harten Kurs in der Flüchtlingsfrage gemacht; derzeit fordert er, Flüchtlinge gar nicht mehr über das Mittelmeer nach Europa reisen zu lassen, sondern sie an der nordafrikanischen Küste abzufangen und "zurückzustellen".

Es gibt auch bei der politischen Konkurrenz kaum jemanden, der Kurz nicht für ein Ausnahmetalent hält, er ist geschickt und charmant, plant seine Auftritte genau und jeden Schritt im voraus, geht selten Risiken ein, lernt schnell. Gespalten sind die Meinungen darüber, wie viel mehr als ein guter Selbstvermarkter im neuen starken Mann der ÖVP steckt, der sich im Herbst mit dann 31 Jahren zum Kanzler wählen lassen will: In der SPÖ heißt es, Kurz sei ein "One-Hit-Wonder", der nicht viel mehr drauf habe als die immer gleichen Sätze zur Flüchtlingskrise, aber kneife, wenn es um Details oder die Umsetzung gehe.

Es ist ganz offensichtlich, dass der Wahlkampf in Österreich, den Sebastian Kurz provoziert hat, längst losgegangen ist. Bei den Konkurrenten hofft man, dass der Kurz-Zug dem Hype um SPD-Mann Martin Schulz ähneln möge. Aber der Vergleich hinkt. Während die SPD mit Schulz drei Landtagswahlen verlor, hat sich der Zug des jungen Österreichers bisher, einer Bergbahn gleich, immer nur in eine Richtung bewegt: nach oben.

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