Zirkustiere:Manege frei von Tieren?

Zirkustiere: Raubtierdressur im Circus Krone in München

Raubtierdressur im Circus Krone in München

(Foto: Stephan Rumpf)

Immer mehr Städte halten Elefanten und Löwen im Zirkus für nicht mehr zeitgemäß - und beschließen 
Verbote. Tierschützer und Zirkusbetreiber stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Von Cristina Helberg

Martin Lacey ist von sechs Löwinnen und einem Löwen umzingelt. Fauchend sitzen die Tiere im Kreis und taxieren den Dompteur, über ihnen die blaue Zeltkuppel des "Circus Krone". Ein Gitter rund um die Manege trennt die Raubkatzen von den Zuschauerrängen. Auf Laceys Kommando hin springen die Löwinnen über silberne Podeste. "Good girls!", lobt Lacey mit sanfter Stimme und belohnt sie mit faustgroßen Fleischbrocken.

Zwei Wochen zuvor tobten auch auf der Straße vor dem Zirkuszelt wilde Tiere: Als Zebras und Löwen verkleidet, forderten Demonstranten im Zentrum Münchens ein Wildtierverbot für deutsche Zirkusse. "Europas größter Zirkus, Circus Krone, führt die Riege der Tierzirkusse an. Gold und roter Samt verkaufen Unterdrückung als gehobene Unterhaltung", hieß es in der Facebook-Einladung zu der Veranstaltung. Mehrere Hundert Teilnehmer versammelten sich vor der Universität und zogen in einem Protestmarsch bis vor das Winterquartier des Circus Krone. Der Veranstalter, die Tierrechtsorganisation "Animals United", sprach später von der "deutschlandweit größten Demo, die es jemals zum Thema Tiere im Zirkus gab".

"Generell kann ein reisender Zirkus Tieren niemals ein artgerechtes Leben bieten"

Das Thema ist in den vergangenen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Grund dafür sind die zunehmende gesellschaftliche Sensibilisierung für Tierschutz und aktuelle Debatten um vermehrte städtische Wildtierverbote für Zirkusse. Dabei geht es eigentlich um verhältnismäßig wenige Individuen. Rund 430 mobile Zirkusbetriebe, Tierschauen und Varietés gab es im Jahr 2012 in Deutschland, 141 davon reisten nach Erkenntnis der Behörden mit wilden, also nicht domestizierten Tieren. So steht es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung aus dem Jahr 2014; aktuellere Zahlen gibt es laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nicht.

Insgesamt lebten im Jahr der Erhebung 1400 Tiere in deutschen Zirkussen, davon mehr als 900 Wildtiere. Darunter waren 148 Großkatzen, 82 Elefanten, 29 Affen, 15 Robben, neun Großbären, vier Giraffen, vier Nashörner und drei Flusspferde. Amtstierärzte stellten bei fast jeder zweiten Kontrolle Verstöße gegen die Haltungsanforderungen fest - sowohl bei domestizierten als auch bei Wildtieren. Insgesamt wurden bundesweit 895 Kontrollen durchgeführt und 409 Verstöße registriert. Nicht artgerechte Tierhaltung war also eher die Regel als die Ausnahme.

Auf solche Zahlen beziehen sich Tierrechtsaktivisten, die jegliche Form der Tierhaltung im Zirkus ablehnen. "Generell kann ein reisender Zirkus Tieren niemals ein artgerechtes Leben bieten", sagt Viktor Gebhart, Geschäftsführer von Animals United. "Schon gar nicht irgendwelchen Wildtieren." Problematisch seien vor allem die konstanten Reisen in kleinen Boxen oder Gitterkäfigen. Und die Dressuren: Hier werde mit physischer und psychischer Gewalt gearbeitet.

Aus natur 06/2017

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  • natur 06/2017

    Der Text stammt aus der Juni-Ausgabe von natur, dem Magazin für Natur, Umwelt und nachhaltiges Leben. Er erscheint hier in einer Kooperation. Mehr aktuelle Themen aus dem Heft 06/2017 auf natur.de...

Tierlehrer Martin Lacey vom Circus Krone kann solche Anschuldigungen nicht nachvollziehen: "Ich bin kein Tierquäler. Die Tiere sind wie meine Kinder. Wenn solche Demonstrationen gegen Zirkustiere vor unserem Zelt stattfinden, kann ich nicht schlafen und nehme das auch sehr persönlich. Das ist, als ob man Vätern oder Müttern sagen würde, sie seien schlechte Eltern." Um zu beweisen, dass seine Dressur nicht auf Angst beruht, führt er seine Peitsche knapp am Gesicht der vor ihm sitzenden Löwin vorbei, ohne dass sie zusammenzuckt. Wenn ein Tier Angst habe, sei das sehr gefährlich, erklärt Lacey. "Viele falsch informierte Tierschützer denken, unsere Löwen würden durch Feuerreifen springen und die Elefanten im Ballettröckchen auftreten. Aber alle unsere Tiernummern basieren auf natürlichen Bewegungen."

Um die Anschuldigungen auszuräumen, bietet Krone regelmäßig öffentliche Tiertrainings sowie die Besichtigung der Haltungsbedingungen im Münchner Winterquartier an. "Wir sind der meistkontrollierte Tierhalter in Deutschland überhaupt", sagt Frank Keller, Tierschutzbeauftragter des Circus Krone. "Kein Zoo und kein anderer Zirkus wird so oft überprüft." Laut Münchner Veterinäramt wird der Zirkus im Winterquartier mindestens zweimal im Monat kontrolliert, in der Regel unangekündigt. Beanstandete Mängel würden meist umgehend beseitigt.

Für viele Zirkusse ist der Konflikt um Wildtiere eine Existenzfrage. Die großen Tierrechtsorganisationen fordern Wildtierverbote ohne Ausnahmeregelungen. Deshalb stehen sich Befürworter und Gegner kompromisslos gegenüber. Diese Kompromisslosigkeit zeigt sich auch in rhetorischen Überspitzungen. So sagt etwa Frank Keller, Tierschutzbeauftragter bei Krone: "Die Tierrechtsorganisationen verfolgen eine Ideologie. Das hat sektenartige Züge. Die sind auch gegen Blindenhunde und Haustiere. Der nächste Schritt ist dann, dass wir alle vegan werden."

"Wir sehen an der Euphorie, dass die Menschen die Tiere wollen"

Einen Betrieb ohne Wildtiere kann man sich jedenfalls beim Circus Krone nicht vorstellen. "Wir sehen an der Euphorie des Publikums, dass die Menschen die Tiere wollen. Die drei Säulen des Zirkus sind die Exotik der Tiere, der Nervenkitzel durch Akrobaten und die Späße durch Clowns", sagt Keller. Was er nicht sagt: Es gibt durchaus Zirkusunternehmen, die ganz ohne Tiernummern auskommen - wie der kanadische Cirque du Soleil, der um die ganze Welt tourt. In Deutschland verzichtet etwa der Circus Flic Flac erfolgreich auf Tiere im Programm.

Während viele tierhaltende Zirkusse versuchen, ihr Image durch öffentliche Proben mit den Tieren sowie Informationen über deren Haltung zu verbessern, gibt es unter den 16 deutschen Bundesländern seit Jahren eine politische Mehrheit für tierfreie Manegen. Schon dreimal forderte der Bundesrat die Bundesregierung mit einem Entschließungsantrag zu einem bundesweiten Wildtierverbot für Zirkusse auf: 2003 startete die hessische CDU-Landesregierung die erste Initiative. 2011 wurde eine weitere durch das SPD-regierte Hamburg eingebracht. 2016 initiierte wieder Hessen, nun regiert von einer Koalition aus CDU und Grünen, den bisher letzten Antrag.

Hohe verfassungsrechtliche Hürden für ein Verbot

Die ersten beiden Male lehnte die jeweilige Bundesregierung den Antrag ab. Keine offizielle Antwort der Regierung gibt es bislang auf den zuletzt gestellten Antrag. Eine Sprecherin des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärt dazu gegenüber natur: "Der Einführung eines Verbots sind aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in die Grundrechte der Zirkusbetreiber verfassungsrechtlich hohe Hürden gesetzt." Interessanterweise sah das die Bundesregierung 2012 noch etwas anders. In einem Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes hieß es damals, dass "Verbote oder die Einschränkung der Haltung bestimmter Arten wild lebender Tiere im Zirkus keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit" darstellen würden. Es handele sich zwar um einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, dieser könne aber durch den Schutz der Tiere gerechtfertigt sein.

Immer mehr Städte versuchen derweil, Zirkussen mit Wildtieren den Auftritt zumindest auf ihren kommunalen Flächen zu untersagen. Laut der Tierrechtsorganisation Peta haben bisher 78 deutsche Städte ein ganzes oder teilweises Verbot gegenüber Zirkussen mit Tieren erlassen, darunter Düsseldorf, Erfurt, Gießen, Köln, Leipzig und Marburg. Im Januar dieses Jahres entschied der Gemeinderat in Stuttgart, städtische Flächen ab 2019 nicht mehr an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie Löwen, Tiger und Elefanten mitführen.

Zikurs klagt gegen Auftrittsverbote

Die betroffenen Zirkusbetriebe sehen durch das Vorgehen der Kommunen Grundrechte verletzt. "Gegen solche Verbote klagen wir und kommen sofort durch", sagt der Krone-Tierschutzbeauftragte Frank Keller. "Das haben wir in Darmstadt und Chemnitz erfolgreich gemacht. Willkürliche Wildtierverbote widersprechen dem Grundgesetz, weil die Tierlehrer in der Ausübung ihrer Tätigkeit beeinträchtigt werden." Auch praktisch sieht er keinen Sinn in kommunalen Wildtierverboten: "Dann nimmt der Zirkus sich eben einen Privatparkplatz oder eine Wiese. Welchen Mehrwert hat das im Sinne des Tierschutzes?"

Zuletzt klagte der Zirkus Knie in Hameln, weil die Stadt eine bereits zugesicherte kommunale Fläche für das Gastspiel wegen der Wildtierfrage letztlich doch nicht zur Verfügung stellen wollte. Der Grund: Im Zirkus Knie treten auch Zebras, Lamas und Kängurus auf. Der Fall landete vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Dort entschied die Richterin zugunsten der Zirkusbetreiber. In dem nicht anfechtbaren Urteil steht, es werde der "unzulässige Versuch unternommen, das insoweit rechtspolitisch als defizitär angesehene Bundesrecht auf kommunaler Ebene zu 'verbessern' bzw. zu 'verwässern'". Im Klartext: Was auf Bundesebene erlaubt ist, kann durch die Städte nicht einfach verboten werden.

Damit wirft das Urteil die Frage auf, ob auch andere städtische Verbote hinfällig sind. "Der Beschluss hat keine unmittelbaren bundesweiten Auswirkungen", so die zuständige Richterin Michaela Obelode. "Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich andere Städte an den Ausführungen orientieren, wenn sie künftig über Anträge auf Gastspielerlaubnisse von Zirkusunternehmen entscheiden."

Tierrechtsorganisationen sehen die kommunalen Verbote vor allem als Wegweiser, wohin die Reise politisch gehen wird. "Unterm Strich sind diese Verbote für die Zirkusse zwar nicht mehr als Nadelstiche, aber sie sind ein starkes Signal an die Bundesregierung und die Zirkusbranche", sagt Peter Höffken, Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche bei der Tierschutzorganisation Peta.

Auch ein Blick über die Landesgrenzen spricht dafür, dass die Abschiedstour der deutschen Zirkustiere eher früher als später bevorstehen könnte. In 19 europäischen Ländern gilt bereits ein totales oder teilweises Verbot von Zirkus-Wildtieren. Österreich war 2005 der erste EU-Staat, der ein generelles Verbot erließ. Das zuständige österreichische Bundesministerium für Gesundheit begründete dies mit dem für die Zirkustiere herrschenden Platzmangel, den ständigen Transporten und "zweifelhaften Dressuren". Die European Circus Association reichte daraufhin bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein. Die EU-Kommission bestätigte das österreichische Gesetz jedoch und stellte ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Seit dieser Entscheidung haben immer mehr Länder ein Verbot erlassen, zuletzt Norwegen. Seit diesem Jahr dürfen dort die meisten Wildtierarten nicht mehr in der Manege auftreten.

"Es gibt reisende Zirkusse, die um Fressen betteln müssen"

In Deutschland gibt es bisher zwei gesetzgeberische Instrumente, die das Wohlergehen der Tiere im Zirkus garantieren sollen: das sogenannte Zirkuszentralregister, in dem seit 2008 alle Zirkusse erfasst und Verstöße vermerkt werden, sowie die Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben aus dem Jahr 2000. "Diese Leitlinien sind aus unserer Sicht eine Farce", kritisiert Viktor Gebhart von Animals United. "Das sind keine Gesetze - und Richtlinien kann man einhalten oder nicht." Es gebe keinen richtigen Bußgeldkatalog, so Gebhart, zudem hätten die Veterinärämter keinerlei Handhabe: "Deutschland ist ein rechtsfreier Raum für Zirkusbetriebe."

Auch das Zirkuszentralregister ist eher ein Papiertiger, glaubt Theo Mantel, Ehrenpräsident der Bundestierärztekammer. Er hat 30 Jahre lang als Amtstierarzt gearbeitet und dabei immer wieder Zirkusse kontrolliert. Für Unternehmen gebe es verschiedene Möglichkeiten, das Register zu umgehen, sagt Mantel: "Einige Zirkusse treten manchmal innerhalb kürzester Zeit unter bis zu vier verschiedenen Namen auf. Aufgrund der föderalen Struktur Deutschlands werden außerdem häufig die Informationen nicht zügig und zeitnah weitergegeben." Ein Bundesland weiß oft zu wenig darüber, was im Nachbarbundesland geschieht.

Elefanten lassen sich im deutschen Winter kaum artgerecht halten

Abgesehen von solchen konkreten Lücken im Kontrollsystem lehnt Mantel die Tierhaltung im Zirkus generell ab: "Bei Wildtieren gibt es besondere Haltungsanforderungen, die in reisenden Zirkussen in der Regel nicht einzuhalten sind." Elefanten könne man im kalten deutschen Winter schlicht nicht artgerecht halten. Wassertiere wie Seelöwen bräuchten eigentlich so große Becken, dass dies die finanziellen Möglichkeiten reisender Unterhaltungsunternehmen sprengen würde. Gleichzeitig seien die verschärften Vorschriften der Tierhaltung eine große finanzielle Belastung, so Mantel: "Es gibt reisende Zirkusse, die um Fressen für die Tiere betteln müssen. Denen steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals." Die Kosten für eine artgerechte Haltung seien für kleinere und mittlere Betriebe schlicht nicht zu leisten.

Doch die Zirkusbetriebe bekommen auch Unterstützung, von Traditionalisten wie Daniel Burow beispielsweise. Burow ist im Verein "Gesellschaft der Circusfreunde" und hat das Aktionsbündnis "Tiere gehören zum Circus" mitbegründet. "Ein Zirkus ist der einzige Ort, wo ich Tieren wirklich nah kommen kann", sagt Burow. "Besonders Kinder lernen dort, wie sich Tiere verhalten." Die Kritik der Tierrechtsorganisationen möchte sein Aktionsbündnis entkräften, indem es sich auf wissenschaftliche Studien beruft: "Wir versuchen, die Diskussion auf eine Sachebene zu heben, und sind der Überzeugung, dass die Faktenlage stark für Zirkusse spricht."

Mit der "Faktenlage" meint Burow jene Untersuchungen, mit denen auch der Circus Krone die eigene Position zu stärken hofft: Der Verhaltensbiologe Immanuel Birmelin verglich 2013 zusammen mit der Biologin Tessy Albonetti von der Universität Freiburg das Verhalten von Löwen im Basler Zoo (großes Freigehege) mit denen eines Privatzoos (schwacher Menschenkontakt) und denen des Circus Krone (intensiver Menschenkontakt). Ergebnis: Im Verhalten der Tiere in den unterschiedlichen Haltungssystemen, ob Zoo oder Zirkus, sei kein großer Unterschied festzustellen. Mehr noch: Ihr Verhalten entspreche im Wesentlichen dem von Löwen in freier Wildbahn. Birmelins Erklärung: "Löwen schlafen auch in Freiheit nachweisbar 20 bis 22 Stunden pro Tag." Verhaltensstörungen, beispielsweise ständiges Auf- und Ablaufen im Gehege, konnten ihm zufolge bei Zirkuslöwen nicht festgestellt werden.

In einer anderen Studie untersuchte er, ob die Löwen des Circus Krone während des Transports unter Stress leiden. Ein Anzeichen von Stress ist der Anstieg von Cortisol im Organismus, das im Speichel messbar ist. Birmelin nahm Speichelproben von Zirkuslöwen während eines längeren Aufenthaltes sowie direkt vor und nach einem Transport. Forscher der Universität Münster werteten die Proben aus. Die Cortisolwerte während des Aufenthalts und während des Transports unterschieden sich laut Forschungsbericht kaum - sie ähnelten sogar Werten, die der Forscher Craig Packer 1993 an Löwen in der Serengeti gemessen hatte.

Ein Verbot scheitert bislang an der Union

Peter Höffken von Peta hält von diesen Ergebnissen wenig: "Zirkusfreundliche Untersuchungen von tendenziösen Wissenschaftlern wie Herrn Birmelin muss man mit Vorsicht betrachten. Seine Aussagen fallen meist sehr stark zugunsten der Zirkusse aus." Höffken verweist auf einen tödlichen Zwischenfall mit einem Elefanten des Zirkus Luna im Jahr 2015. Das Tier hatte zuvor schon mehrfach Menschen verletzt, Zirkuskritiker prangerten Verhaltensauffälligkeiten an. Birmelin hatte den Elefanten dennoch für ungefährlich erklärt. Untersuchungen von unabhängigen Wissenschaftlern ließen die Zirkusbetreiber oft nicht zu, so Peta-Mann Höffken. Es ist ihr gutes Recht: Niemand könne die privaten Zirkusse dazu verpflichten.

Während Zirkusbetriebe, Politiker und Tierschützer noch um ein Wildtierverbot streiten, gibt es unter den potenziellen Zuschauern ein recht klares Meinungsbild: Laut einer repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen lehnten 2015 zwei Drittel der Deutschen Wildtiere wie Elefanten, Giraffen oder Tiger in Zirkusbetrieben ab. Auf der Internetplattform change.org unterstützen aktuell weit über 100 000 Menschen eine Petition mit dem Titel "Bundesweites Wildtierverbot im Zirkus".

Auch im Bundestag gäbe es rein rechnerisch schon jetzt eine Mehrheit für ein solches Verbot. SPD, Grüne und Linke haben sich bereits mehrfach gegen Wildtiere im Zirkus ausgesprochen. Damit revidieren die Grünen im Übrigen ihre eigene Blockadehaltung: 2003 war der Antrag des CDU-regierten Landes Hessen letztlich am Bundeslandwirtschaftsministerium gescheitert, das zu jener Zeit von der Grünen Renate Künast geführt wurde. Das Ministerium hatte damals mit verfassungsrechtlichen Bedenken argumentiert - und mit den erst drei Jahre zuvor erarbeiteten Richtlinien zur Haltung von Zirkustieren.

Heute wäre vonseiten der Grünen der Weg zu 
einem Wildtierverbot wohl frei. Doch nun blockiert eine andere Partei. "Es kommt nur wegen der Großen Koalition und dem CSU-geführten Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nicht zu einem Verbot", ist Peta-Mann Höffken überzeugt. Tatsächlich lehnt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein generelles Verbot ab. Das führt ironischerweise dazu, dass der aktuelle Verbotsvorstoß des CDU-geführten Hessen vor allem an den eigenen Parteifreunden im Bundestag scheitert.

Diese innerfraktionelle Blockade scheint die letzte Bastion zu sein, auf die die Fans der Zirkuswildtiere hoffen können. Doch sie könnte schon im September fallen - dann nämlich, wenn CDU und CSU bei der Bundestagswahl ihre Regierungsbeteiligung einbüßen. "Sollte sich die politische Windrichtung ändern, kann ein Verbot ganz schnell kommen", glaubt Höffken. Würde die CSU im Herbst ihr faktisches 
Veto-Recht verlieren, bei Krone & Co. wäre das Gebrüll groß. Und es wäre kein Löwengebrüll.

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