Landgericht Landshut:Bewusstlosigkeit ausgenutzt

Barkeeper soll betrunkene 16-Jährige missbraucht haben

Von Florian Tempel, Landshut

Am gleichen Tag, an dem am Landgericht Landshut ein Vergewaltiger zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist, hat ein Prozess gegen einen 29 Jahre alten Mann begonnen, der laut Anklage am 22. Oktober 2016 in einem Erdinger Lokal eine 16-jährigen Frau vergewaltigt hat. Der Angeklagte wollte sich am ersten Verhandlungstag nicht zu der ihm vorgeworfenen Tat äußern. Er kündigte an, erst etwas zu sagen, nachdem das Opfer und Zeugen ausgesagt haben.

Die Anklage legt ihm folgenden Sachverhalt zur Last: In der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober vergangenen Jahres arbeitete der Angeklagte als Aushilfsbarmann, wie jedes Wochenende, in einer Kneipe in der Langen Zeile. Das spätere Opfer kam abends mit einer Gruppe von Bekannten in das Lokal. Bis in die frühen Morgenstunden "konsumierte die Geschädigte in beträchtlichem Umfang alkoholische Getränke", heißt es in der Anklageschrift. Auch der Angeklagte sei "nicht unerheblich alkoholisiert" gewesen. Von 4 Uhr an seien nur noch die junge Frau, zwei ihrer Bekannten und der Angeklagte in der Kneipe gewesen.

Gegen 6.30 Uhr wollten die drei Gäste endlich gehen und mit einem Taxi nach Hause fahren. Beim Warten auf das Taxi sei die Frau jedoch auf der Straße vor der Kneipe zusammengebrochen und habe das Bewusstsein verloren. Ihre Bekannten trugen die Frau zurück ins Lokal und legten sie auf eine Couch. Offenbar war sie betrunken und müde in einen der Bewusstlosigkeit ähnlichen Tiefschlaf gefallen. Jedenfalls waren die Männer der Ansicht, dass sie keiner ärztlichen Hilfe bedürfe.

Als die beiden Bekannten, die bis dahin bei ihr blieben, um etwa 7 Uhr nach draußen vor die Tür gingen, um eine Zigarette zu rauchen, habe der Angeklagte diese Gelegenheit für den sexuelle Übergriff ausgenutzt. Das Opfer kam dabei nur teilweise wieder zu Bewusstsein. Der Angeklagte habe, so heißt es in der Anklageschrift, jedoch erst "schnell von der Geschädigten abgelassen", als ihre beiden Bekannten das Lokal wieder betraten.

Die Staatsanwaltschaft Landshut wirft dem 29-Jährigen nun sexuellen Missbrauch einer Widerstandsunfähigen in Tateinheit mit Körperverletzung vor. Die Mindeststrafe dafür liegt bei zwei Jahren Gefängnis.

Der Vorsitzende Richter Oliver Dopheide wies jedoch in einer Erläuterung zu Beginn der Verhandlung darauf hin, dass der im November 2016 - also einen Monat nach der angeklagten Tat - geänderte einschlägige Paragraf des Strafgesetzbuches unter bestimmten Umständen eine geringere Mindeststrafe von nur sechs Monaten vorsehen. Das erscheint zwar sonderbar, denn eigentlich sollte es sich bei der Novellierung des Paragrafen um eine Verschärfung handeln. Möglicherweise ergäbe sich aber nun zugunsten des Angeklagten das Gegenteil: eine erhebliche Milderung. Bevor das Gericht sich mit diesen komplizierten rechtlichen Besonderheiten auseinander setzen muss, müssen freilich erst viele Zeugen angehört werden. Der Prozess wird nach einer längeren Pause erst am 22. Juni fortgesetzt.

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