Helene Fischer:Den DFB ausgepfiffen

Ein Leser ist sich sicher: Das Pfeifkonzert beim Pokalfinale galt nicht der Entertainerin Helene Fischer persönlich, sondern allein dem Deutschen Fußball-Bund, der den Sport vom Kommerz nicht mehr trennen kann.

"Nicht zu greifen" vom 3./4./5. Juni:

Jakob Biazza fragt, was das Auspfeifen von Helene Fischer über diese Land aussagt. Ich frage mich, was die pauschale Verurteilung einer Gruppe von Menschen über Ihre Zeitung aussagt? Ist nicht gerade die differenzierte Auseinandersetzung in der Sache in Zeiten von Fake News, alternativen Fakten und welcher Worte auch immer sich Realitätsleugner bedienen, das wichtigste Instrument gesellschaftlichen Diskurses? Sagt nicht weniger das Pfeifkonzert als viel mehr einige Reaktionen darauf einiges über dieses Land aus? Jede Person, die gepfiffen hat, als Fanatiker, also als jemanden, der sich mit blindem Eifer und völlig unkritisch für seine Überzeugung einsetzt, darzustellen, ist eine ziemlich gewagte These. Die Leidenschaft für einen Sportverein lässt sich zwar nur selten rational erklären und Außenstehenden ist es oftmals unbegreiflich, wie man mit so viel Elan und Herzblut elf Mannen Hunderte Kilometer hinterherreist, um sich anzuschauen, wie das eigene Team sang- und klanglos mit 3:0 nach Hause geschickt wird. Das hat weder mit Orientierungslosigkeit oder Identitätssuche zu tun und ist daher auch nicht Ergebnis der turbulenten Zeit, in der wir leben. Aus diesem Grund richtete sich der "Hass" auch nicht gegen das Symbol Helene Fischer. Das Pfeifkonzert war einzig und allein dem DFB gewidmet. In der Sache geht es darum, dass auch in Zukunft der Fußball, der Sport im Vordergrund steht und der voranschreitenden Kommerzialisierung, die sich in dem Auftritt von Helene Fischer personifiziert hat, Einhalt geboten wird. Hass war hier nicht das Leitmotiv, ging es doch darum, den Sport, den man liebt, in seiner aktuellen Form zumindest noch ein bisschen zu bewahren.Philipp Schmalenbach, Hamburg

Deutscher Sonderweg

Helene Fischer hätte wissen müssen, dass die deutsche Sprache in der Musik von den meisten jungen Deutschen nur in Ausnahmefällen akzeptiert wird und bei Sportveranstaltungen überhaupt nicht. Das ist ein typisch deutscher Sonderweg, denn in anderen Ländern gibt es diesen Vorbehalt gegen die eigene Sprache nicht. Das liegt auch daran, dass deutsch gesungene Lieder im Radio und in deutschen Filmen kaum vorkommen. Dadurch entsteht eine gewisse Erwartungshaltung. So klingt Helene Fischer, wenn sie singt "Gib mir deine Hand" irgendwie eigenartig, weil hier "Give me your hand" erwartet wird. Früher wurde im Fußballstadion bei Siegen noch deutsch gesungen "So ein Tag so wunderschön wie heute." Heute singen die begeisterten Fans "We are the Champions" oder "You'll never walk alone". Die deutsche Sprache wird beim Fußball nur noch akzeptiert, wenn es sich um die Vereinshymne handelt "FC Bayern, Stern des Südens ..." Udo Müller, München

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: