Kurzkritik:Hymnisch

Das Jugendkammerorchester "Ukraina" im Gasteig

Von Klaus Kalchschmid

Was für eine Überraschung: Da legt der erste Geiger des erst im Dezember gegründeten ukrainischen Jugendkammerorchesters "Ukraina" aus München im Kleinen Konzertsaal des Gasteig sein Instrument beiseite und fängt an zu singen - als feiner Altus! Das klingt fast so fremd vertraut und verführerisch wie der Sopran in Igor Strawinskys "Nachtigall", denn Zoltán Almásis Kammerkantate ist vor allem für die Singstimme raffiniert gesetzt. Viktor Andriichenko, der trotz seiner 29 Jahre aussieht wie Anfang 20, ist später noch mehrfach als Geiger solistisch zu hören, etwa in Myroslav Skoryks "Melodie".

Von dem 1938 in Lwiw geborenen Komponisten stehen auch noch ein synkopischer "Huzulischer Tanz" - so benannt nach einem Bergvolk in den Karpaten - und drei "Hochzeitslieder" auf dem Programm. Die junge Solomia Lukyanets aus Kiew singt sie mit zart leuchtendem Sopran und man bedauert sehr, kein Ukrainisch zu verstehen. Denn man würde doch gerne wissen, warum zwei dieser Lieder so traurig und melancholisch klingen. Leidenschaftlich und tränenreich geben sich auch Tenor Wassyl Bill mit einem Lied Taras Yashchenkos und Bassbariton Serhij Mahera. Er wird im Programm als Volkskünstler der Ukraine geführt und es ist das Schöne und manchmal Rührende an diesem Konzert, dass es neben der Städtepartnerschaft München-Kiew den Stolz eines europäischen Landes feiert, das die Aggression Russlands zutiefst verstört.

Oksana Lyniv, 1978 in Brody geboren, die das Konzert wegen ihrer Verpflichtung als Musikdirektorin der Grazer Oper und die aktuell zudem mit "Greek" an der Bayerischen Staatsoper beschäftigt ist, an den jungen Artem Longinov abgeben musste, benennt das zwar nicht so deutlich wie ihr Kollege vom ukrainischen Konsulat, betont in ihrem Grußwort aber ebenfalls, wie grenzöffnend Musik sein könne und müsse. Und so wird Juri Shevchenkos subtile Paraphrase auf die ukrainische Nationalhymne vom 15-köpfigen Streichorchester aus zumeist jungen Ukrainern mit ebenso leisem wie deutlichem Nachdruck gespielt.

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