Lerchenau:Angst vor dem Krach

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Der "Aktionskreis contra Bahnlärm" befürchtet in Zukunft eine noch höhere Belastung durch den Zugverkehr im Westen der Lerchenau. Am Montag haben die Aktivisten 24 Züge gezählt, die an ihren Häusern vorbeidonnerten

Von Simon Schramm, Lerchenau

"Wir haben insgesamt 24 Züge über den Tag verteilt gemessen", sagt Stefanie Bartle und fügt hinzu: "Das ist ein durchschnittlicher Tag der vergangenen Monate." Sie bezieht sich auf den Verkehr auf der eingleisigen Zugstrecke, die nur wenige Schritte von den Wohnhäusern entfernt durch den Westen der Lerchenau in Richtung Feldmoching verläuft und nur minimal mit Lärmschutz an einzelnen Stellen ausgerüstet ist.

Weil die Deutsche Bahn angekündigt hat, dass sich mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan etwa bis zum Jahr 2025 die Frequenz auf der Strecke auf etwa 49 Züge am Tag erhöhen werde, befürchten viele Viertelbewohner eine Lärmbelastung, die nicht mehr zu ertragen sein wird. Grund genug also für den Verein "Aktionskreis contra Bahnlärm", dem die Bewohnerin Bartle vorsitzt, am Bahnübergang in der Lerchenauer Straße einmal durchgehend das aktuelle Aufkommen aller vorbeifahrenden Züge für eine detaillierte Dokumentation zu messen. Am Montag wurde dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt.

Von 4.20 Uhr in der Früh bis 22 Uhr abends haben sich Mitglieder des Vereins an der Stelle am Bahnübergang platziert und von dort die Anzahl und die Lautstärke der Züge gemessen; den restlichen Zeitraum hat der Verein mit einer Kamera von privatem Grund aus beobachtet und ausgewertet. "Mit der aktuellen Belastung können wir noch so leben", sagt Bartle. Würde sich der Zugverkehr aber erhöhen, wäre das bedrohlich für das Viertel, meint sie.

Gezeigt hat sich bei diesem Zug-Dokumentationstag, dass vor allem in der Nacht ein großer Anteil fährt; zwischen 20 und 6 Uhr seien es zehn Züge gewesen, sagen die Aktivisten. Wenn sich die Frequenz wie angekündigt ungefähr verdoppelt, "ist das hochgradig gesundheitsgefährdend, wenn 20 Züge in der Nacht wenige Meter neben dem Schlafzimmerfenster vorbeidonnern", sagt Bartle. Eine richtige Nachtruhe gebe es jetzt schon nicht.

Lärmschutz-Aktivisten zählen die vorbeifahrenden Züge., (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein weiteres Ergebnis der Messung: Bei acht der 19 Züge, die von den Vereinsmitgliedern zwischen 4 und 22 Uhr persönlich erfasst wurden, sei eine Lautstärke von mehr als 80 Dezibel gemessen worden, in zwei Fällen davon seien es mehr als 105 Dezibel gewesen. Der Verein gegen den Bahnlärm fordert seit Längerem einen wirksamen Lärmschutz an der Strecke; den gibt es dort aber nicht, weil das Gleis in der Lerchenau eine Bestandsstrecke der Bahn ist.

Der Messtag Anfang dieser Woche sei ein durchschnittlicher, aber kein besonders dichter Tag gewesen, sagt Bartle. Die Messungen hätten jedoch bewiesen, dass die Klagen der Anwohner über die hohe Lärmbelastung begründet seien. Es komme immer wieder vor, dass die Anzahl ausschlägt, sowohl in einen niedrigen Bereich, als auch mit wesentlich mehr Zügen am Tag. Im vergangenen Sommer etwa seien bis zu 90 Züge am Tag durch die Lerchenau gefahren, wegen einer mehrwöchigen Umleitungsphase.

Klare Ansage: Die Bewohner zeigen deutlich, was sie von den Zügen halten, die sie am Montag gezählt und gemessen haben. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Mittlerweile beschäftigt den Verein auch ein anderer Aspekt des Zugverkehrs im Viertel: der Transport von Gefahrgut. Laut dem Aktionskreis hat die Bundespolizei im Jahr 1999 einmal die Strecke sofort gesperrt, weil ein Gleis schwer beschädigt war und das Entgleisen drohte. Bei der jüngsten Bürgerversammlung hat der Verein darum Auskunft verlangt, welche Gefahrgüter auf dem Gleis durch die Lerchenau transportiert und wie die Güter registriert und kontrolliert werden; eine Antwort steht noch aus.

Am Montag hat der Aktionskreis festgestellt, dass sieben der 24 Züge als Transporte von entzündlichen flüssigen Stoffen gekennzeichnet waren; bei den Aktivisten vermutet man, dass darin zumeist Kerosin für den Flughafen München war. Und gerade deshalb fragt sich Stefanie Bartle, die Vereinsvorsitzende: "Was passiert, wenn ein Zug mit Gefahrgut entgleist und in ein Haus kracht? Wie gut geschützt sind die Züge mit Gefahrgut?"

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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