Altstadt:Per E-Trike durch die Innenstadt

Um Menschen mit leichteren Gehbehinderungen wieder mobil zu machen, entwickeln Technische Universität und Münchner Verkehrsgesellschaft ein elektrisch unterstütztes Dreirad. Ein Prototyp soll im Spätsommer fertig sein

Von Ulrike Steinbacher, Altstadt

Für jemanden, der schlecht zu Fuß ist, ist die Kaufingerstraße ganz schön lang. Vor allem wenn es regnet und die Pause auf der Sonnenbank flachfällt. Doch zum Stadtbummel auf den eigenen zwei Beinen gibt es in der Münchner Fußgängerzone keine Alternative, außer man lässt sich zwischendurch vom Taxi einsammeln. Das Netz öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht engmaschig genug, um diese Feinerschließung zu leisten, und das für 2013 angekündigte Citybus-Projekt wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) will die Lücke jetzt mit einem E-Trike füllen, also einem elektrisch unterstützten Dreirad. Geeignet sein soll es für den Lastentransport und für Menschen, die eingeschränkt mobil sind. Der Prototyp wird gerade gemeinsam mit der TU entwickelt.

Das Geld dafür kommt vom europaweiten Forschungsprojekt Civitas Eccentric, das in fünf europäischen Städten Lösungen für saubere Mobilität entwickelt. 50 Ideen dazu sollen innerhalb von vier Jahren in München, Madrid, Stockholm, dem finnischen Turku und dem bulgarischen Ruse verwirklicht, die Erfahrungen untereinander ausgetauscht werden. Vier der 20 Millionen Euro Fördergeld fließen nach München, Testfeld ist hier vor allem das Neubaugebiet Domagkpark in Freimann. Ein Mobilitätskonzept bietet dessen Bewohnern Alternativen zum eigenen Wagen an, seien es Autos und Räder aller Art zum Ausleihen, Apps, die Mitfahrgelegenheiten vermitteln, oder auch ein Paket-Zustellservice per Lastenrad.

Altstadt: Weite Flächen, wie hier vor der Alten Akademie in der Fußgängerzone, sind für Menschen mit Gehbehinderung nicht so einfach zu überwinden. Ein elektrisch angetriebenes Dreirad könnte nun Abhilfe bringen.

Weite Flächen, wie hier vor der Alten Akademie in der Fußgängerzone, sind für Menschen mit Gehbehinderung nicht so einfach zu überwinden. Ein elektrisch angetriebenes Dreirad könnte nun Abhilfe bringen.

(Foto: Robert Haas)

Teil des Münchner Beitrags zum EU- Projekt, der vom Kreisverwaltungsreferat koordiniert wird, ist aber auch der E-Trike-Ausleihservice für die Innenstadt. Dafür zuständig ist wiederum die MVG, genauer gesagt der Fachbereich multimodale Mobilität. "Alle ergänzenden Mobilitätsprodukte neben U-Bahn, Bus und Tram" seien dort angesiedelt, erklärt Leiter Kilian Kärgel, also etwa Car-Sharing, das MVG-Mietradsystem oder die Elektro-Ladeinfrastruktur, aber auch Inklusionsthemen.

Geeignet sein werde das Trike für Menschen mit leichteren Gehbehinderungen, sagt Kärgel - also für die, die an Gleichgewichtsstörungen leiden oder wenig Kraft in den Beinen haben. Gemeinsam mit der TU München hat seine Abteilung inzwischen die Vorarbeiten für das E-Trike abgeschlossen: Zunächst wurden potenzielle Nutzer befragt, dann habe man "geschaut, wie so ein Rad aufgebaut sein müsste, damit es mobilitätseingeschränkten Menschen Sicherheit gibt". Dann kamen die Details an die Reihe: TU-Studenten schrieben Master-Arbeiten zu Themen wie Antrieb, Rahmenkonstruktion und Bedienung via App. Jetzt ist der praktische Teil dran: Im "Makerspace", der öffentlich zugänglichen Hightech-Werkstatt des Innovations- und Gründerzentrums der TU in Garching entwickeln TU-Forscher den Prototypen. Wenn er im Spätsommer fertig ist, stehen Nutzertests auf dem Programm. Und "dann werden wir das Produkt entsprechend verbessern", sagt Kärgel.

Frau mit Krücken, 2016

Gestützt auf die Erfahrungen in anderen europäischen Städten, will man auch in München ein neues Mobilitätskonzept entwickeln.

(Foto: Robert Haas)

Auf diese Phase ist der Facharbeitskreis Mobilität (FAK) des Münchner Behindertenbeirats schon heute gespannt. "Nach allen Erfahrungen ist die Konstruktion eines Nutzer-tauglichen Dreirads für Erwachsene alles andere als trivial", heißt es in einer Stellungnahme. Das gelte insbesondere auf gekrümmten Oberflächen oder holprigen Wegen. Bei gängigen Modellen mache sich da "eine unangenehme Instabilität" bemerkbar. Der Prototyp dürfe "kein schickes Forschungsausstellungsstück" werden, sondern müsse "absolut nutzertauglich" sein, fordert der Behindertenbeirat. Und er nutzt gleich die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass er den Citybus auch weiterhin für unverzichtbar hält - E-Trike hin oder her.

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