Ehe für alle:Abgeordnete fordern Abstimmung noch in dieser Wahlperiode

Brigitte Live: Conversation With Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußert sich auf einer Veranstaltung der Brigitte zur Ehe für alle.

(Foto: Getty Images for Brigitte)
  • Bei einer Veranstaltung in Berlin sagt Merkel, sie wolle im Bezug auf die Ehe für alle eine Diskussion "eher in Richtung einer Gewissenentscheidung".
  • Damit rückt sie vom bisherigen Nein der CDU ab.
  • Viele Politiker loben Merkels Äußerungen - und fordern eine Abstimmung noch in dieser Legislaturperiode.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist vom klaren Nein der CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt. In einer Veranstaltung mit der Zeitschrift Brigitte in Berlin sagte sie, sie wünsche sich eine Diskussion, die "eher in Richtung einer Gewissenentscheidung geht". Bei einer Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die Ehe für alle als sicher.

SPD, Grüne und FDP machen die völlige Gleichstellung von Homosexuellen bei der Ehe zur Bedingung für eine Koalition. Auch die Linke fordert die Ehe für alle. Merkel sagte, sie habe natürlich zur Kenntnis genommen, wie jetzt alle Parteien außer der Union zu dem Thema stünden. Sie sei "bekümmert", sagte die Kanzlerin, dass diese sehr individuelle Frage Gegenstand von "Parteitagsbeschlüssen und plakativen Dingen" sei. Sie finde es seltsam, dass in der Koalition mit der SPD in vier Jahren darüber nicht richtig gesprochen worden sei und es "plötzlich holterdiepolter" gehen solle.

Homosexuelle Paare in Deutschland können ihre Lebenspartnerschaft seit 2001 offiziell eintragen lassen. Inzwischen wurden diese Paare in vielen Bereichen, etwa bei Unterhaltspflicht, im Erbrecht oder beim Ehegattensplitting, verheirateten heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Doch vor allem beim Adoptionsrecht gibt es immer noch Benachteiligungen. So dürfen Homosexuelle nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2013 in einer Lebenspartnerschaft zwar auch Adoptivkinder des Partners adoptieren. Die gemeinsame Adoption eines Kindes ist jedoch nicht möglich.

Reaktionen: Noch vor der Bundestagswahl abstimmen

Merkel hatte im vergangenen Bundestagswahlkampf Adoptionen von gleichgeschlechtlichen Paaren noch mit dem Argument des Kindeswohls abgelehnt. Nun berichtete sie von einem "einschneidenden Erlebnis" in ihrem Wahlkreis. Dort sei sie von einer lesbischen Frau eingeladen worden, bei ihr und ihrer Partnerin vorbeizuschauen und zu sehen, dass es ihren acht Pflegekindern gut gehe. Merkel sagte, wenn das Jugendamt einem lesbischen Paar acht Pflegekinder anvertraue, könne der Staat nicht mit dem Kindeswohl gegen Adoptionen argumentieren.

Nach ihren Äußerungen forderten mehrere Abgeordnete, eine Bundestagsabstimmung über die Ehe für alle noch vor der Wahl im Herbst zu ermöglichen - idealerweise schon diese Woche. Neben Politikern von SPD und Grünen plädierte auch der CDU-Parlamentarier Stefan Kaufmann dafür, er schrieb auf Twitter: "Danke Angela Merkel! Wie befreiend! Von mir aus könnten wir gerne noch diese Woche abstimmen!" In sozialen Netzwerken avancierte der Hashtag #Ehefueralle in der Nacht zum Dienstag zu einem der meistdiskutierten Themen.

Bei der Veranstaltung äußerte sich die Kanzlerin auch zu den Äußerungen von Martin Schulz. Er hatte der Kanzlerin beim SPD-Parteitag am Sonntag vorgeworfen, sie verweigere sich inhaltlichen Festlegungen und gefährde damit die Demokratie. Merkel sagte dazu: "Wahrscheinlich ist Wahlkampf doch auch ganz schön anstrengend." Eigentlich habe sie Schulz immer anders erlebt. "Aber Schwamm drüber, würde ich sagen", fügte sie hinzu. Führende Unionspolitiker wie Armin Laschet und Peter Tauber hatten empört auf den Vorwurf von Schulz reagiert.

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