Entzogene G-20-Akkreditierungen:Seibert: G-20-Zugänge aufgrund deutscher Erkenntnisse verweigert

Vor dem G20-Gipfel - Seibert und Schmidt

Regierungssprecher Steffen Seibert (r.) beruft sich auf Sicherheitsbedenken (Archivbild mit dem Hamburger Staatsrat Wolfgang Schmidt vom 27.06.2017).

(Foto: dpa)
  • Die Akkreditierungen wurden den Journalisten nach Erkenntnissen deutscher Behörden entzogen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit.
  • Beim G-20-Gipfel in Hamburg ist neun Journalisten die bereits erteilte Akkreditierung nachträglich entzogen worden. Die Maßnahme wurde mit Sicherheitsbedenken begründet.
  • Wie die ARD daraufhin berichtete, besteht der Verdacht, dass die Aufhebung der Presse-Akkreditierungen aufgrund von Hinweisen türkischer Behörden erfolgte.

Die Bundesregierung ist Berichten entgegengetreten, Journalisten sei die Zugangserlaubnis zum G-20-Gipfel in Hamburg auf Grundlage von Erkenntnissen ausländischer Sicherheitsbehörden entzogen worden.

"Zwischen Ablauf des Akkreditierungsverfahrens und Beginn des Gipfels benannten die Sicherheitsbehörden bezüglich 32 Medienvertretern Sicherheitsbedenken, die ausschließlich aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden resultierten", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag mit.

"Diese Bedenken mussten vom Bundespresseamt ernst genommen werden und hatten demnach Einfluss auf die bereits erteilten Akkreditierungen", erklärte Seibert weiter. "Das Bundespresseamt entschied daher, auf Anraten und in Absprache mit dem Bundeskriminalamt, diesen Personen die Akkreditierung zu entziehen." Tatsächlich sei dann neun Medienvertretern die Akkreditierung entzogen worden. "Die übrigen 23 Medienvertreter sind im Weiteren nicht mehr am Medienzentrum erschienen."

Zuvor hatten Spekulationen für Empörung gesorgt, dass womöglich Informationen türkischer Sicherheitsbehörden Anlass für die Entscheidungen gegen die Journalisten gewesen sein könnten.

"Der schlimme Verdacht, dass Interventionen des türkischen Geheimdienstes zum Entzug von Akkreditierungen beim G20-Gipfel geführt haben sollen, muss schnellstmöglich und umfänglich aufgeklärt werden", forderte etwa der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki. "Das Bundespresseamt sowie der Bundesinnenminister sind in der Pflicht zu erklären, wie es plötzlich zu diesem seltsamen Sinneswandel gekommen ist, obwohl den Journalisten zuvor offenbar problemlos Pressezugang auch in sensible Bereiche gewährt worden ist."

Kritik auch vom Datenschutzbeauftragten

Mit seinen Äußerungen reagierte Kubicki auf einen ARD-Bericht, wonach Informationen türkischer Sicherheitsbehörden Anlass für die Entscheidungen gegen die Journalisten gewesen sein könnten.

Während der Gipfeltage hatten Polizisten am Ein- und Ausgang zum Pressezentrum Journalisten kontrolliert. Sie verglichen dabei - völlig offen und für jeden einsehbar - die Namen auf den speziellen G-20-Ausweisen mit einer zweiseitigen Liste. Wer auf den ausgedruckten Listen stand, musste seine Zulassung abgeben.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar kritisierte in der ARD vor allem diesen Umgang mit den Listen: Er sprach von "Sperrlisten, die als Handzettel quasi offen einsehbar kursieren" und einen "diskriminierenden Charakter" hätten.

Seibert teilte über Twitter außerdem mit: "Ich kümmere mich intensiv darum, dass alle Fragen zügig beantwortet werden." Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fügte hinzu, die Pressefreiheit sei für ihn und sein Amt "ein hohes Gut". Eine durchaus groteske Aussage. Immerhin handelt es sich bei der Pressefreiheit um ein Grundrecht, das weder Kanzleramt noch ein Regierungssprecher zu gewähren haben.

"Sperrlisten, die als Handzettel quasi offen einsehbar kursieren"

"Wir wollen in Bezug auf die Pressefreiheit definitiv keine türkischen Verhältnisse in Deutschland", erklärte Kubicki deshalb auch weiter. Und: "Sollte sich der Verdacht nicht ausräumen lassen, behalten wir uns vor, dieses Thema nach der Bundestagswahl im Rahmen eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufzuklären."

Auch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte Aufklärung. "Hier geht es um einen schwerwiegenden Eingriff in Pressefreiheit und Datenschutz der betroffenen Journalisten." Bei der nachträglichen Entziehung von Presseakkreditierungen handele es sich um einen hochproblematischen Vorgang. Grünen-Parteichef Cem Özdemir witterte einen "Skandal erster Güte" und erklärte: "Wenn sich bewahrheitet, dass mithilfe von Schwarzen Listen Journalisten während des G20-Gipfels die Akkreditierung entzogen wurde, wäre das ein unglaublicher Vorgang".

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