Polo-Turnier:Tödliches Virus bedroht deutsche Polo-Pferde

Lesezeit: 2 min

Die Polo-Szene in Deutschland treibt ein tödliches Virus um (Symbolbild) (Foto: AFP)
  • Deutschlands Polo-Szene ist verunsichert: Viele Pferdebesitzer haben Angst vor einer Krankheit, die, wenn sie ausbricht, Pferden die Blutkörperchen zerstört und die Tiere schließlich tötet.
  • In Deutschland gibt es circa 1800 Polo-Pferde, bei 13 von ihnen wurde seit Ende Juni die Krankheit diagnostiziert. Die Tiere müssen dann sofort eingeschläfert werden.
  • Der Auslöser könnte ein argentinischer Sportler mit seinen Pferden sein.

Von Raphael Weiss

"Oh Nein! Die Armen", ruft Isabel von Morgenstern ins Telefon, als sie erfährt, dass der Bucherer Polo Cup in Thann bei Holzkirchen abgesagt wurde. Am Donnerstagmittag, nur einen Tag bevor das Turnier starten sollte. Und aus "Gründen der öffentlichen Sicherheit", wie der Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak erklärt. Die kurzfristige Absage zeigt, wie verunsichert Deutschlands Polo-Szene in diesen Tagen ist. Viele Pferdebesitzer haben Angst. Angst vor einer Krankheit, die, wenn sie ausbricht, Pferden die Blutkörperchen zerstört und die Tiere schließlich tötet. Eine Krankheit, die aber auch jahrelang unentdeckt bleiben kann: Equine Infektiöse Anämie, kurz EIA. Erst bei Stress oder zusätzlichen Krankheiten zeigen sich Symptome wie Fieber, Abmagerung und Müdigkeit. Die Tiere sind ein Leben lang Überträger.

In Deutschland gibt es circa 1800 Polo-Pferde, bei 13 von ihnen wurde seit Ende Juni die Krankheit diagnostiziert. Eine Diagnose mit fatalen Folgen: Das betroffene Tier wird umgehend eingeschläfert, der Rest des Betriebes unter Quarantäne gesetzt. Es gibt weder einen Impfstoff, noch ein Heilmittel. Isabel von Morgenstern, Vorsitzende des Polo Club Tagmersheim, kennt solche Hiobsbotschaften im Zusammenhang mit EIA nur allzu gut. Erst vor wenigen Tagen erfuhr sie, dass Pferde von ihr erkrankt sind. Vor einem Turnier in Prag wurden ihre Tiere auf das tödliche Virus getestet.

Die Untersuchung ist ein Vorgehen, das in Tschechien - anders als in Deutschland - vor Polo-Turnieren Pflicht ist. Bei einem ihrer Pferde stellte man EIA fest. Als ihr Gesamtbestand getestet wurde, folgten zwei weitere positive Ergebnisse. "Schlimmer geht's nicht. Ich war schockiert, es waren ausgerechnet unsere drei besten Pferde", sagt Morgenstern. "Für meine Kinder war es am Schlimmsten. Die hatten eine sehr enge Bindung."

Polo ist ein Mannschaftssport. Zwei Teams mit je vier Reitern versuchen, einen Ball mit einem langen Holzschläger in das gegnerische Tor zu schlagen. Die Teams reisen mit ihren Pferden zu Turnieren, so konnte sich der Virus vermutlich verbreiten. EIA kommt überwiegend in Asien und Südamerika vor, in Deutschland ist das Virus noch äußerst selten. Es wird durch Körperflüssigkeiten übertragen, meist durch Pferdebremsen. Bei dem aktuellen Ausbruch sind ausschließlich Polo-Pferde infiziert.

"Das ist gerade die Hölle für Polo-Spieler"

Bisher ist noch nicht endgültig geklärt, warum die Krankheit jetzt ausgebrochen ist. "Es gibt noch keine gesicherten Erkenntnisse wie EIA nach Deutschland gekommen ist. In der Vergangenheit waren importierte Pferde die Auslöser", sagt Elke Reinking vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI). Isabel von Morgenstern glaubt zu wissen, wo sich ihre Pferde angesteckt haben: Der argentische Polo-Profi Hugo Iturraspe hatte sechs Pferde in den Stallungen von Schloss Tagmersheim untergebracht, sie spielten gemeinsam auf Turnieren, die Pferde waren Seite an Seite untergebracht. Später seien alle Tiere des Argentiniers positiv auf EIA getestet worden, sagt Morgenstern.

Nun wurde bekannt, dass Pferde eines Polostalls auf dem Gelände des Polo Cups in Thann bei Holzkirchen, bei einem Turnier in Tagmersheim aufliefen. Bis Mittwochnacht wurden allen Tieren in Thann Blutproben entnommen. Doch das Virus nachzuweisen, dauert letztlich mehr als eine Woche, das Turnier am Wochenende musste abgesagt werden. "Es ist bedauerlich. Für den Veranstalter ist dies ein herber finanzieller Verlust", sagt Rzehak, "aber es war ohne Zweifel die richtige Entscheidung."

Für den Veranstalter der German Polo Tour, des einzigen deutschen Polo-Wettbewerbs mit mehreren Spieltagen, ist es der zweite Spieltag, der der Krankheit zum Opfer fällt. Am 2. Juli konnte das Turnier auf Gut Aspern ebenfalls nicht gewertet werden. Auch hier war die Gefahr, dass das Virus sich weiter ausbreitet, zu groß.

"Das ist gerade die Hölle für Polo-Spieler", sagt Morgenstern. Für sie ist die Polo-Saison auf jeden Fall beendet. Ihr Betrieb wurde für den Rest der Spielzeit gesperrt. Auch aus finanzieller Sicht, sei es eine Katastrophe, denn so fallen Sponsoren weg und geplante Turniere müssen abgesagt werden. Morgenstern bleibt aber optimistisch: "Jedes Paradies hat mal Wolken und Regen. Jetzt habe ich viel mehr Zeit für unsere Kinder."

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ.de-App
:Die wichtigsten Sport-News - direkt auf Ihrem Smartphone

Neu in der SZ.de-App: Analysen und Ergebnisse im Fußball und bei wichtigen Sportereignissen direkt als Push-Mitteilung auf Ihrem Smartphone.

Jetzt entdecken

Gutscheine: