G-20-Gipfel:Wofür eigentlich?

Der G-20-Gipfel in Hamburg hat viele Leserinnen und Leser dazu veranlasst, Briefe an die SZ zu schreiben. Selbst wenn sie politisch nicht einer Meinung sind, so bilanzieren doch fast alle, dass der Gipfel Deutschland geschadet hat.

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(Foto: Michael Holtschulte)

"Freiheit oder Chaos" vom 12. Juli, "Scholz: Polizei hat alles richtig gemacht", "Voll die Härte" und "Schuld sind die anderen" vom 10. Juli sowie weitere Artikel und Berichte zum G-20-Gipfel in Hamburg:

Ahnungslos, inkompetent

Die aufschlussreichste Anmerkung zu den Ereignissen in Hamburg war die Äußerung eines Straßenreinigers in den Fernsehnachrichten, wonach "es diesmal ja noch schlimmer war als am 1. Mai". Dass insbesondere in Hamburg bei jeder sich bietenden Gelegenheit ganze Straßenzüge von linksextremen Chaoten demoliert werden, ist sattsam bekannt und wurde durch diese Aussage wieder bestätigt. Dieses "Milieu" wird dort ja seit Jahrzehnten geschont, um nicht zu sagen gehätschelt.

Ich konnte es ursprünglich nicht glauben, dass man tatsächlich den G-20-Gipfel in Hamburg abhalten werde. Aber unsere Regierung meinte es tatsächlich ernst. Haben diese Leute keine Ahnung oder sind sie so skrupellos, all dies absichtlich in Kauf zu nehmen - wofür eigentlich? Um mit der Elbphilharmonie anzugeben? Um zu zeigen, dass unserer Kanzlerin eine solche Veranstaltung in einer "linken Metropole" Hunderte verletzte Polizisten wert ist? Oder war es Wahlkampftaktik - um den Hamburger Bürgermeister als roten Spitzenpolitiker zu beschädigen? Warum hat sich der aber offenbar danach gedrängt? Fragen über Fragen - die sich alle kritisch mit der Ahnungslosigkeit/Rücksichtslosigkeit/Inkompetenz unserer Politiker befassen und der Sorge, welche Entscheidungen in einer wirklich bedrohlichen Lage getroffen werden könnten.

Dr. Christof Faber, Gröbenzell

Hass auf Hamburgs Polizei

Nach den Hamburger Ereignissen geht nun das Gerangel um die Deutungshoheit in den Medien los. Als direkter Anwohner (300 Meter zum Schulterblatt) und Augenzeuge möchte ich Ihnen gerne meine Sicht der Dinge schildern. Vorab möchte ich klarstellen, dass ich nicht linksradikal bin und Gewalt in jeder Hinsicht aufs Schärfste verurteile. Nach dem, was ich hautnah beobachten konnte, geht das Chaos in erster Linie auf das Konto von Angela Merkel, Olaf Scholz, Andy Grote und den Herren der Polizeiführung. Ich verstehe nicht, wie man großmäulig die Strategie "Deeskalation durch Härte" gegen friedliche jugendliche Demonstranten anwendet und, wenn es dann tatsächlich eskaliert, die Lage nicht mal ansatzweise in den Griff bekommt. Meine Empörung darüber, dass diesen Jugendlichen, die sich für den Weltfrieden, Umweltschutz und Gerechtigkeit einsetzen wollten, rechtswidrig noch nicht mal eine Wiese zum Übernachten, aber Donald Trump die dickste Senatsvilla gestellt wird, trieb auch mich zum friedlichen Protest.

Eine Ursache für die totale Eskalation war die mangelnde Bereitschaft der Bevölkerung in St. Pauli und dem Schanzenviertel, sich hinter die Polizei zu stellen. Zumindest am Donnerstagabend konnte ich selbst beobachten, wie die Anwohner gegen die Polizei vorgingen und "Ganz Hamburg hasst die Polizei" riefen. Wenn man wirklich die Ereignisse aufarbeiten will, muss daher eine Frage lauten: Woher kommt denn nur der Hass gegen die Hamburger Exekutive? Unerträglich ist es für mich, dass die Verantwortlichen nun die Krawallmacher nutzen, um sich hinter ihnen zu verstecken. Ist es denn wirklich damit getan, der Polizei für ihren "exzellenten Einsatz" zu danken, härtere Strafen und die Schließung linker Zentren zu fordern (brandgefährlich für uns Anwohner) und dann zum politischen Alltag überzugehen? Anscheinend ist den Politikern ihr Amt wichtiger, als die sich auftuende Spaltung der deutschen Gesellschaft zu verhindern.

Thomas Schumann, Hamburg

Verbranntes Geld

Die Analyse "Selbstverwirklichung - nur einen Steinwurf entfernt" vom 10. Juli geht schon in die richtige Richtung: Das Verhalten von Leuten wie denen im sogenannten schwarzen Block ist letztlich (auch wenn die das nachdrücklich dementieren werden) nur psychologisch zu erklären: Da werden angestaute Aggressionen abgebaut - der eine hat gerade die 23. Bewerbungsabsage bekommen, dem anderen ist die Frau abgehauen, einem Dritten wurde gerade die Wohnung gekündigt, usw. Ein Event wie der G-20-Gipfel war da, zum großen Teil jedenfalls, lediglich der Anlass! Das entschuldigt natürlich nicht die Gewaltexzesse, mag aber eine Erklärung sein. Auch unter diesem Aspekt war es nicht gerade klug, für eine solche Veranstaltung ausgerechnet eine für seine "alternative", latent gewaltbereite Szene bekannte Riesenstadt wie Hamburg auszusuchen.

Warum nicht eine mittlere Großstadt wie Nürnberg oder Kassel? Müssen denn die Politiker immer mit einem ganzen Tross von Bodyguards, Kofferträgern und "Hofnarren" anreisen? Im Übrigen gibt auch die penetrant selbstzufriedene, alles freundlich-hinweglächelnde Angela Merkel keine überzeugende Figur ab. Welche Probleme hat das Treffen denn gelöst? Oder ging es womöglich nicht nur, wie meist bei solchen Veranstaltungen, um das gegenseitige Abstecken von Interessen? Und was hätte man mit dem hier "verbrannten" Geld alles sinnvoller machen können?!

Günter Britz, Saarwellingen

Mobil und dezentral

"Alle Jahre wieder" vom 11. Juli über die Krawalle bei der EZB-Eröffnung in Frankfurt: Ich bin selbst Beamter in Frankfurt am Main. Bei den Ausschreitungen zur EZB-Eröffnung habe ich Dienst versehen und durfte mit ansehen, wie der schwarze Mob aus den Straßen quoll und die Einsatzfahrzeuge vor dem Revier, auf welchem ich Dienst leiste, brannten.

Ich stütze Susanne Hölls Grundthese, dass man aus Frankfurt in Hamburg nichts gelernt zu haben scheint, muss sie aber in zwei Punkten korrigieren. Zum einen haben wir ein ähnliches Objekt wie die Rote Flora, nur ist dieses nicht bundesweit bekannt: Es handelt sich um die Räumlichkeiten des ehemaligen zentralen Polizeigewahrsams. Diese Räumlichkeiten werden durch Linksautonome besetzt gehalten und als Sammelpunkt genutzt. Und zum Zweiten: Ja, in Hessen wird auf Deeskalation gesetzt, und das ist gut und richtig so. Dass der 18. März 2015 am Vormittag außer Kontrolle geriet, lag aber nicht daran. Vielmehr waren Einsatzkräfte zu spät im Einsatzraum, was unter anderem daran lag, dass die Autonomen an Verkehrsknotenpunkten früher als erwartet Blockaden errichteten, wodurch eine Verlegung der Kräfte im morgendlichen, nun zusätzlich gestauten Berufsverkehr erschwert bis verhindert wurde. Weiterhin war man zwar auf Ausschreitungen vorbereitet, aber nicht auf Randalierergruppen, die in Stärken zwischen 500 und 2000 Mann äußerst flexibel, mobil und dezentral agieren.

Martin Kirsch, Gießen

Billige Ausreden

Olaf Scholz meint, die Polizei habe alles richtig gemacht. Das mag sein. Die Verantwortung für das Desaster trägt allein er! Seine vollmundigen Versprechen, die Sicherheit der Bürger garantiere er, zeigen seine Unfähigkeit und Verantwortungslosigkeit. Wenn Scholz noch einen Funken Anstand verspürt, muss er jetzt sofort freiwillig zurücktreten. Ihm kann niemand mehr vertrauen. Dasselbe gilt für alle anderen Opportunisten und solche Politiker, die auf beiden Augen blind sind und jetzt billige Ausreden suchen. Dazu gehören alle von Scholz über Schulz, Gabriel und de Maizière bis Steinmeier. Wer nur den Ver-fassungsschutzbericht 2016 und den Bericht über die Lage in der Schweiz 2016 überflogen hatte, wusste, dass Hamburg ein heißes Spiel mit dem Feuer werden würde.

Prof. Friedrich-Wilhelm Fischer, Notzingen

Zu viele

Wer hat die Gewalt nach Hamburg geholt? Putin (Bombardierung von Aleppo), Erdoğan (Verfolgungen und Morde an Kurden und Oppositionellen), Trump (Mega-Bombe, Drohnenangriffe auf Zivilisten), Modi (Gewaltexzesse in Kaschmir), Salman ibn Abd al-Azis (Enthauptungen nach der Scharia), Xi Jinping (Straflager, Todesstrafe) ... und dann auch noch der schwarze Block (Molotowcocktails auf Polizisten, brennende Autos). Vielleicht waren es einfach zu viele an einem Ort?

Dr. Günter Lempa, München

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