Deutsche Bank:Woher das Geld der Deutschen Bank kommt

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Das Hauptquartier der Deutschen Bank in Frankfurt am Main (Foto: Michael Probst/AP)

Ein chinesischer Konzern und der Ex-Regierungschef von Katar haben als Aktionäre großen Einfluss auf das Geldhaus. Das ist der Europäischen Bankenaufsicht nicht geheuer: Sie erwägt ein Inhaberkontrollverfahren. Das wäre politisch heikel.

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

Bei der Deutschen Bank herrscht eine neue Ordnung und die gefällt nicht allen. Seit Mai dominieren zwei einflussreiche Großaktionäre die Geschicke des größten Geldhauses Deutschlands. Zuvor war dessen Eigentümerkreis jahrzehntelang stark zersplittert.

Im Frühjahr erhöhte der chinesische Mischkonzern HNA seinen Anteil an der Bank auf 9,9 Prozent. Einen ähnlich hohen Anteil halten - bereits länger - zwei Scheichs aus der Herrscherfamilie von Katar. Das Kapital der Aktionäre war für die Deutsche Bank überlebenswichtig, allerdings kommt es ausgerechnet aus Ländern, in denen Demokratie nach westlichem Standard ein Fremdwort ist.

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Dieses neue Machtgefüge ruft nun die europäische Finanzaufsicht auf den Plan. Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) prüfen, ob sie die beiden Großaktionäre mittels eines sogenannten Inhaberkontrollverfahrens untersuchen sollten, heißt es aus Kreisen der Aufsicht. Das wäre ein Novum und politisch überaus heikel: Das deutsche Kreditwesengesetz schreibt eine solche Prüfung eigentlich erst von einem Eigentümeranteil von zehn Prozent an vor. Die Kontrolleure untersuchen dann, ob die Anteilseigner einer Bank "zuverlässig" sind, etwa, ob sie vorbestraft sind oder kriminelle Handlungen begehen, woher das Geld für den Aktienkauf stammt, und ob sie genug auf der hohen Kante haben, um notfalls Kapital nachzuschießen, falls der Bank die Pleite droht.

Im Fall der Deutschen Bank würde die EZB-Aufsicht das erste Mal eine Ausnahmeregelung nutzen, die ein Verfahren auch bei Anteilen unter zehn Prozent zulässt. Dazu müssen die Finanzaufseher nachweisen, dass die Aktionäre erheblichen Einfluss auf das Geldhaus ausüben. "Wie das ausgeht, ist noch offen, aber sie werden wohl behandelt, als hielten sie mehr als zehn Prozent" sagte ein Insider.

Der Einfluss der Investoren bei Hauptversammlungen ist groß

Der Einfluss der Chinesen und Katarer ist tatsächlich nicht unwesentlich: Beide haben sogar jeweils einen eigenen Vertreter in den Aufsichtsrat geschickt. Darüber hinaus könnten sie zusammen angesichts der notorischen niedrigen Präsenz auf der Hauptversammlung fast alle wichtigen Entscheidungen der Bank durchwinken oder blockieren. Auf der Aktionärsversammlung im Mai stimmten die beiden Großaktionäre tatsächlich bereits gleichgerichtet ab. Das sei jedoch Zufall gewesen, hieß es in deren Umfeld: Sich dazu abzusprechen wäre ein verbotenes "Acting in Concert" zulasten der übrigen Anteilseigner. Dafür gibt es jedoch keine Hinweise.

Was die Aufseher genau beunruhigt, ist unbekannt. Der Auslöser war dem Vernehmen nach aber der Einstieg der Chinesen Anfang des Jahres. HNA, ein riesiges Industriekonglomerat aus der südchinesischen Provinz Hainan, hatte die Schwäche des Geldhauses im vergangenen Jahr zum Kauf eines Aktienpakets genutzt, nachdem der Aktienkurs im Herbst 2016 unter zehn Euro gefallen war. Sie waren Retter in der Not, und in Berlin war man froh. Schließlich gab es die Sorge, dass im schlimmsten Fall die Steuerzahler im Jahr vor der Bundestagswahl die Deutsche Bank hätten stützen müssen. Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, begrüßte den Einstieg chinesischer Geldgeber daher demonstrativ. Man halte das "für eine positive Geschichte". Es gebe keine "schwarze Liste" für Investoren aus China.

Unklar ist, welche Ziele die HNA in Deutschland verfolgt

Gleichwohl aber ist das Konglomerat HNA wie die meisten Konzerne in China höchst intransparent. Wer genau dessen Eigentümer sind, ist unbekannt. Auch ist völlig unklar, welche Ziele HNA mit dem Anteil bei der Deutschen Bank verfolgt. Geht es nur um Kurschancen oder vielmehr um Zugang zu Wissen, Einfluss - und Finanzierungen? HNA gehört mit Fosun und Anbang zu jenen Großkonzernen, die mit Milliardenkrediten Unternehmen im Ausland übernehmen: Sie gelten als staatsnah, sind in der Heimat aber auch in Machtkämpfe der Regierung verwickelt. Gerade erst hat die chinesische Bankenaufsicht etliche Finanzinstitute aufgefordert, die Finanzierungen ihrer Auslandsübernahmen neu zu bewerten. Als dies bekannt wurde, fiel der Aktienkurs der Deutschen Bank.

Weitere heikle Fragen werfen die Investoren von der Arabischen Halbinsel auf. Katars früherer langjähriger Regierungschef und sein Cousin waren bereits 2014 bei der Bank eingestiegen, hatten ihre Aktien 2016 auf mutmaßlich acht Prozent aufgestockt und auch an der jüngsten Kapitalerhöhung teilgenommen. Genauere Angaben zur Höhe gibt es nicht. Katar jedoch steht im Verdacht, bestimmte Terrorgruppen zu unterstützen. Im Jahr 2014 etwa stellte das US-Finanzministerium fest, dass aus Katar seit Jahren Geld an die palästinensische Gruppe Hamas fließe. Der frühere Hamas-Chef lebt in Doha im Exil. Katarer sammelten offenbar auch Spenden für al-Qaida sowie seine Ableger in Syrien, im Irak, in Jemen und Somalia. Es ist kaum übertrieben zu sagen, dass die Dividende der Deutschen Bank auf Umwegen sogar der Terrorfinanzierung dienen könnte.

Das alles dürften die Kontrolleure von EZB und Bafin in die Untersuchung einbeziehen, sollten sie die Aktionäre prüfen. Im Extremfall können die Aufseher den Aktionären Stimmrechte entziehen. Weder EZB noch Bafin äußerten sich dazu. Aus dem Umfeld von HNA hieß es, man habe keine Kenntnis davon. Auch die Katarer wollten keinen Kommentar abgeben.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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